Gelesen im März

Von Kinderdok

Im März brach nochmals die Erkältungswelle über uns herein, da bin ich abends naturgemäß nicht mehr so gemüßigt, zu einem Buch zu greifen, also ist die Auswahl diesmal etwas eingeschränkt. Der Kelman (s.u.) lag bei mir auch schon etwas länger halbgelesen herum, es fehlten nur die letzten dreißig Seiten oder so.

Amsterdam – von Ian McEwan
(übersetzt von Hans-Christian Oeser)
McEwan ist einer meiner Alltime-Favourite, ich versuche, an jedes neue Buch zu kommen, trotzdem habe ich die ganzen “alten” noch gar nicht gelesen, das hole ich gerade nach. “Amsterdam” ist einer seiner frühen Romane, und gleich Booker-Preis-Gewinner. Virtuos schneidet McEwan den Alltag von zwei älteren Herren ineinander, die die gleiche Frau geliebt haben (sie wird im ersten Kapitel zu Grabe getragen) und die sich nun mit noch mehr Liebschaften der Frau konfrontiert sehen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, die britische Politik spielt auch noch hinein, es geht auch um Moral und Gewissen, nicht zuletzt um die Abgründe der Psyche. Wie immer bei McEwan mit ein paar schönen Plot-Twists. Ein Genuß, zwei Abende: 5/5

Angerichtet – von Hermann Koch
(übersetzt von Heike Baryga)
Nachdem ich “Sommerhaus mit Swimming-Pool” gelesen hatte, mußte also noch ein Buch von Hermann Koch her, das war mir in den Kommentaren auch empfohlen worden: “Angerichtet”, eine Familiengeschichte. Struktur des Buches ist ein Abendessen zweier Brüder mit Ehefrauen, man hat etwas zu besprechen. Von Vorspeise bis zum Trinkgeld entwickelt sich die Geschichte über Geheimnisse, verhohlene Gefühle dem anderen gegenüber und der Gedanken der eigenen Kinder. Wie auch in “Sommerhaus mit Swimming-Pool” nicht ganz politisch korrekt, aber brilliant konstruiert. 5/5

Sommer mit Emma – von Borger & Straub
Und noch eine Familiengeschichte, diesmal über eine Urlaubsreise auf einem Hausboot in England, Eltern, zwei Kinder, der Klassenkamerad des Sohnes und … tja, die Tochter des Seitensprungs des Ehemanns, eben Emma. Jedes Kapitel wird aus der Perspektive eines der Protagonisten erzählt, das war am Anfang etwas mühsam (wer berichtet jetzt gerade?), gibt der Sache aber Charme. Nur Emma darf nichts erzählen. Der betuliche Urlaub schlittert dem Höhepunkt oder Tiefpunkt entgegen, je nach Ansicht. Hat mir Frau kinderdok empfohlen, die damit wohl verhindern wollte, dass wir endlich den von mir gewünschten Hausbooturlaub antreten. 4/5

Pigeon English – von Stephen Kelman
Der Debütroman von Kelman (not Kehlmann), ein Riesenerfolg in Großbritannien, bei uns eher untergangen, erzählt von dem elfjährigen Harri, der aus Afrika nach Luton umgezogen ist, und hier nun wahrlich überleben muß. Dass er sich ausgerechnet mit den Ermittlungen nach einer Messerstecherei beschäftigt, erleichtert die Sache nicht. Ich hatte das Buch irgendwann weggelegt, weil mir die Naivität des Jungen etwas auf den Zeiger ging. Mit neuer Perspektive habe ich dann die letzten dreißig Seiten gelesen und konnte mein Aufgeben nicht verstehen. Manchmal ist das so. 4/5

Don Quijote – von Flix
Graphic Novel von Flix, der sich nach dem “Faust” nun auch an dem spanischen Nationalepos abgearbeitet hat. Bei ihm ist Don Quijote ein Opa aus dem Osten, der demenzumnachtet sein Dorf vor der bösen Alternativenergie in Form von Windkraftanlagen retten will und dabei nicht nur einen Kampf gegen Windmühlen führt. Die holde Dulcinea ist seine Katze, die eigene Tochter erkennt er nicht und Sancho Pansa ist ein feistes Kind im Batman-Kostüm auf Fahrrad mit Stützrädern. Die Zeichnungen sind eben Flix – super – , und der Leser wird durch sie selbst immer wieder in die Irre geführt. In der Ausgabe im Carlsen-Verlag sind IMHO die Panels etwas klein geraten, aber was soll´s. Großer Spaß 5/5

Kurzverriß:
Die dunklen Gassen des Himmels – von Tad Williams
(Übersetzt von Cornelia Holfelder-von der Tann)
Schade, schade, schade. Vor Ewigkeiten habe ich die Otherland-Tetralogie von Tad Williams gelesen und hielt mich seitdem für einen Fan. Die “Tinkerfarm“-Bücher haben meine Tochter mitgerissen, “Tailchaser’s Song” ist schon beinahe ein Klassiker. Aber immer, wenn Tad Williams zu fantastisch wird (z.B. das allgeliebte “Osten Ard” etc), kann ich nicht mit, da habe ich eine Blockade. Nun also Bobby Dollar, der Detektiv-Engel. Naja. Sollte wohl so eine Art Philip Marlowe in Fantasy werden. Ich fand´s unübersichtlich, die Ich-Perspektive nervig und die Charaktere überreizt. Schade nochmal. Abgebrochen nach 200 Seiten. 0/5


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