Gelesen – ein Rückblick

Von Buchstabenchaos

Lange lange ist es her, dass ich meine letzte Rezension hier gepostet habe. In der Zwischenzeit bin ich zwar kaum zum bloggen, wohl aber zum lesen gekommen. Damit hier nicht allzu sehr Leere herrscht zeige ich euch jetzt im Schnelldurchlauf mal, was ich in letzter Zeit gelesen habe.

David Mazzucchelli – Asterios Polyp

Asterios Polyp  ist wirklich kein einfacher Zeitgenosse. Der Architekturprofessor ist es gewöhnt, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, schließlich hat er für seine Entwürfe viele Preise gewonnen. Andererseits wurde keiner seiner Entwürfe jemals verwirklicht und auf seine Mitmenschen wirkt er kalt, obwohl er sich nach Liebe und Anerkennung sehnt. Einzig seine Frau Hana scheint hinter die abweisende Fassade schauen zu können, doch sie verlässt ihn schließlich…tolles Graphic Novel, ich liebe Mazzucchellis Stil, statt mit vielen Worten transportiert er Stimmungen, Charaktere und Situationen mit gezielten Strichen.

Jon Ronson – Lost at Sea

Was haben ein Selbstmord-Assistent, ein Superheld im wahren Leben und ein geplanter Amoklauf von Teenagern in einem Weihnachtsdorf in Alaska gemeinsam? Sie sind Stoff für interessante Geschichten, eben Geschichten, die so nur das Leben beziehungsweise Jon Ronson schreiben kann. “Lost at Sea” ist eine Sammlung diverser Reportagen, die Ronson in den vergangenen Jahren in verschiedenen Magazinen veröffentlicht hat, und eine ist schräger als die andere. So begleitet Ronson Robbie Williams zu einer Ufo-Konferenz in der Wüste Nevadas, unterhält sich mit einem Roboter darüber, ob “sie” eine Seele hat oder stöbert einen Mann auf, der ein Atom in seiner Küche spalten wollte. Sehr unterhaltsam!

Atiq Rahimi – Der Krieg und die Liebe

Der junge Afghane Farhad gerät in eine Polizeikontrolle auf den Straßen Kabuls und wird von den Soldaten brutal zusammengeschlagen. Das Losungswort, dass nach der Ausgangssperre gilt wollte ihn einfach nicht einfallen und so landet er im Straßengraben. Eine junge Frau holt den bewusstlosen Mann zu sich und gewährt ihn Unterschlupf und riskiert damit ihr Leben. Eine berührende Geschichte, die wie ein Albtraum an mir vorbeigezogen ist. Nicht alles ist richtig fassbar aber gerade das macht den Charme Rahimis aus.

Hjorth & Rosenfeldt – Die Frauen, die er kannte

Sebastian Bergmans zweiter Fall ist fast noch fesselnder als der erste Fall. Dieses mal treibt ein Serienmörder in Stockholm sein Unwesen und scheint damit in die Fußstapfen des berüchtigten Mörders Edvard Hinde zu treten. Bergman hat Hinde vor vielen Jahren hinter Gittern gebracht und dennoch scheint er seine Hände im Spiel zu haben. Als schließlich das vierte Opfer gefunden wird, wird Bergman klar, dass es sich hier nicht um einen Zufall handeln kann…unterm Strich ist der Plot jetzt nicht revolutionär neu, aber Hjorth & Rosenfeldt haben auf 726 Seiten solide Spannung abgeliefert.

Benedict Wells – Fast genial

Francis Dean ist nicht zu beneiden, der 17-jährige lebt in einen Trailerpark in Claymont und musste seine Mutter wieder einmal in die Psychiatrie bringen. Francis hat ziemlich an der Situation zu knabbern, seine Mutter macht ihn für ihr Elend verantwortlich. Sein Stiefvater hat sich längst mit seinem Halbbruder abgesetzt und Francis ist auf sich selbst gestellt. Bei einem Besuch in der Klinik lernt er die junge Patientin Anne-May kennen, die ihn auf andere Gedanken bringt. Bevor er sich versehen kann ist er mit Anne-May und seinen besten Freund Groover auf dem Weg nach Los Angeles, wo er hofft, seinen leiblichen Vater zu treffen. Ein ebenso komischer wie trauriger Roadtrip, der mich in seiner rasanten Erzählweise an “Tschick” erinnert.

Alan Watt – Die Musik der Wüste

Der siebzehnjährige Neil Garvin ist ein Star in der Footballmannschaft seiner Schule in Carmen, Nevada. Er lebt alleine mit seinem cholerischen Vater, dem Sheriff des Städtchens zusammen. Diesem gibt er mehr oder weniger heimlich die Schuld daran, dass seine Mutter sie im Stich gelassen hat, schließlich würde er selbst oft genug gerne einfach abhauen. Als Neil eines Nachts betrunken von einer Party nach Hause fährt und dabei einen Schulkameraden überfährt wird sein Vater plötzlich zu seinem engsten Komplizen…eine fesselnde Geschichte, die zwischen Krimi und gesellschaftskritischen Roman pendelt und mir stellenweise Gänsehaut beschert hat.