Dieses Buch wird in einem Zitat “Psychothriller” genannt. Warum das für mich nicht ganz passt, erzähle ich euch jetzt…
Verlag: Piper
Seiten: 367
Preis: 9,99 Euro
Genre/Thema: Liebe, Familie, Schuld, Lebensphilosophie, Drama, “Thriller”
INHALT Johnny und Clem sind frisch verheiratet und ziehen während ihrer Flitterwochen rund um die Welt. Doch dann geraten sie in große Schwierigkeiten. Umso erleichterter sind sie, als Frank und Annie sie ohne groß Fragen zu stellen, zu sich an Bord nehmen und lossegeln. Doch dass damit ihr Unglück erst so richtig anfängt, ahnen Johnny und Clem noch nicht. Denn auch Frank und Annie haben eine dunkle Vergangenheit, die nach und nach ans Licht kommt…
MEINE ERWARTUNGEN Ich war gespannt auf dieses Buch. Denn ich ahnte, dass es kein solcher Thriller sein würde, wie ich ihn schon mehrfach gelesen habe. Ich hoffte, dass es nicht zu schlimm für mich würde. Ich bin doch so ein Angsthase…
MEINE EINDRÜCKE Die Geschichte beginnt mit einem Prolog: Johnny ist ganz allein auf hoher See, deprimiert, hat die Lust am Leben verloren. Stoisch bereitet er seinen Tod vor. Als er schließlich im Wasser liegt und darauf wartet zu ertrinken, denkt er an das Sterben an sich und fragt sich, ob es sehr schmerzen wird. Doch wie ist er in diese Situation gekommen?
Hat man den Klappentext gelesen, dann weiß man, dass es noch ein paar mehr Charaktere in dieser Handlung gibt. Und nach dem Prolog lernt der Leser schließlich auch Clem kennen. Das kleine Mädchen, das Johnny schon ewig kennt und schon im zarten Alter von 13 und 15 entspinnt sich ein magisches Band zwischen den beiden. Sie spüren es beide und sie wissen instinktiv, dass sie für einander bestimmt sind.
Hier habe ich das erste Mal gestutzt: mit 13, ernsthaft? Ich empfand die Gefühle, die erwachsenen Gedanken der beiden als befremdlich. Auch auf den Seiten, als die beiden älter sind und schließlich wirklich zusammenkommen. Sie wirkten merkwürdig reif. Später könnte man es mit ihrer Vergangenheit erklären, von der man jedoch erst im letzten Drittel mehr erfährt. Aber so ganz hat es meinen Eindruck nicht ausradieren können. Zudem bestätigen ihre Handlungen ihre “reife” Gedanken nicht. Es führte zudem dazu, dass ich nicht mit den beiden mitfühlen konnte. Die beiden Charaktere waren mir einfach sehr fremd. Es wären keine Menschen, mit denen ich mich gerne umgeben würde.
Während Johnny der ruhige, rationale Mensch ist, erscheint Clem stets sprunghaft, kindlich und sehr emotional. Alleine in ihren Flitterwochen kommen sie gut zurecht: Johnny gibt den Weg vor und Clem zieht mit, Hals über Kopf in ihn verliebt. Johnny ist der Fels in der Brandung für sie beide. Dies gerät ins Wanken, als sie aufgrund eines Gelegenheitsjobs in große Schwierigkeiten kommen. Prompt gerät die Beziehung zwischen den beiden ins Wanken. Denn Johnny kann Clem nicht mehr beschützen, worunter beide sehr leiden. Bis Frank und Annie auftauchen.
Hier deutet sich schon an, auf welch wackligem Gerüst die Liebe der beiden jungen Menschen gebaut ist. Da verwundert es auch nicht, dass beide von Annie und Frank, beide Ende 30 oder älter, total fasziniert sind und sich bald auch von ihnen angezogen fühlen. Ihre Lebensweise auf dem Boot begeistert vor allem Clem und auch Johnny scheint froh zu sein, endlich einmal losgelöst von Zwängen und Verpflichtungen zu sein. So entwickeln sich die beiden nach und nach immer mehr auseinander, was eine große Krise zwischen den beiden hervorruft.
Die “tödlichen Konsequenzen”, die auf dem Klappentext angekündigt werden, lassen sehr lange auf sich warten. Als Johnny nach und nach erkennt, mit was für Menschen er und Clem an Bord sind, ist er natürlich geschockt und verunsichert. Allerdings ist er so sehr in der Beziehung zu Clem gefangen –und die bekommt von allem nicht wirklich etwas mit-, dass er sie und sich selbst nicht retten kann. Das führt zwangsläufig zur Katastrophe. Die mir dann aber etwas überspitzt vorkam, nicht zuletzt deshalb, weil meine Empathie sich für die Figuren in Grenzen hielt. Auch konnte ich bestimmte Schlussfolgerungen und Reaktionen nicht immer nachvollziehen.
Aber: ein Psychothriller ist das nicht. Thriller bedeutet in der Literatur so etwas wie: ein Krimi aus der Sicht des Opfers oder Täters. Stark vereinfacht. Sicher, die Geschichte von Die Stille über dem Wasser wird hauptsächlich aus Johnnys Sicht mit kleinen Einschüben von Clem erzählt und die beiden sind ja so etwas wie Opfer. Aber es passiert an sich kein Verbrechen, wie man es in einem Krimi erwarten würde. Denke ich an Thriller-Autoren wie Arno Strobel, Wulf Dorn und Co., dann fällt hier schnell auf, dass die Gänsehaut-Momente fehlen, die Psychologie ist sehr schwach. Damit meine ich: das Grauen der Personen, also das, was in ihnen steckt, deutet sich zwar an, aber es ist so subtil, dass es kaum Wirkung erzeugt. Bestes Beispiel ist hier Clems Verhalten.
Ich hätte es als Drama bezeichnet. Tragödie, wenn ihr auf die Bühne gehen wollt. Denn tatsächlich fühlte ich mich häufig ans Theater erinnert.
FAZIT Hätte ich das Buch nicht bei einem Adventskalender gewonnen, so hätte ich es wohl nie in die Hand genommen. Denn der Untertitel und der Klappentext sprechen mich nicht auf Anhieb an. Aber es war interessant, mal ein völlig anderes Buch zu lesen. Letztendlich fehlte mir die richtige Spannung, die Figuren empfand ich alle als nicht sonderlich sympathisch, was mir letztendlich den Zugang zur Geschichte erschwert hat. Dennoch werde ich bestimmt mal noch ein anderes Buch aus dieser Richtung versuchen. Öfter mal was Neues!