Ich weiß nicht, ob ihr euch noch dran erinnern könnt, wie ich zu diesem Buch gekommen bin. Ich hatte eine Leseprobe auf vorablesen dazu gesehen, es gefiel mir und so bewarb ich mich um ein Leseexemplar. Ich hatte allerdings nicht vorher auf die Seitenzahl geachtet… 879! Ein ganz schöner Brocken. Entsprechend lange habe ich auch daran gelesen.
Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
Seiten: 879
Preis: 16,90 Euro
INHALT Eine Legende des Otter-Stammes: Ein Krieger tötete einen schwachen Mann, so zerstörte er das Gleichgewicht der Welt. Die Götter in ihrem Zorn sandten die Dämonen der Finsternis, ihn für den Frevel zu bestrafen. Die Dämonen marterten ihn, und der Wind trug seine Klage über das Land. Die Frau des Getöteten aber hatte Mitleid und bat die Götter um Gnade. Da erließen ihm die Götter den Martertod. Zur Sühne sollte er die Lebensaufgabe des schwachen Mannes erfüllen. So vergrub er seine Waffen, nahm die Frau zur Gefährtin und erfüllte das Leben des anderen. Die Dämonen blieben bei ihm, um ihn zu erinnern.
MEINE ERWARTUNGEN Aufgrund der Leseprobe, die die ersten 30 Seiten umfasste, erwartete ich eine Art historischen Liebesroman mit einer Spur Drama.
MEINE EINDRÜCKE Ich habe euch absichtlich nicht den Klappentext abgetippt, sondern die Legende eines Indianerstammes, die als Prolog fungiert. Diese ist nämlich die Parabel zu der ganzen Geschichte. Der Klappentext hingegen erzählt nur die ersten 20 Seiten nach.
Wir befinden uns in South Carolina im ausgehenden 18. Jahrhundert. Es ist die Zeit des Unabhängigkeitskrieges von Amerika gegen England. Das ganze Land ist in Aufruhr, der Alltag ist auf den Kopf gestellt.
Die Plantage erzählt nun das Leben und Schicksal all jener Menschen, die auf der kleinen Plantage Legacy leben und arbeiten. Es ist also ein Roman, der aus mehreren Perspektiven erzählt wird. Dabei bleibt es aber doch übersichtlich, denn die Autorin springt nicht wahllos zwischen den Personen hin und her, sondern teilt die Handlung in größere Abschnitte ein. So kann der Leser immer gut folgen.
Zugleich bekommt der Leser aber mit den vielen Perspektiven unglaublich viel Information. Zudem ist Catherine Tarleys Schreibstil detailliert und hat ein langsames Erzähltempo. So entführt sie den Leser in die mehrere Jahrhunderte zurückliegende Zeit und er kann sich vollkommen darin einfühlen. Der Leser braucht aber unbedingt ein gutes Durchhaltevermögen. So eine hohe Erzähldichte ist nun wirklich nicht jedermanns Sache.
Der besondere Schreibstil, der durchaus an das 18.Jahrhundert angepasst scheint, erschwert zunächst das Ankommen in der Geschichte. Ich habe so circa 100 Seiten gebraucht, bis ich mich richtig wohlgefühlt habe. Ähnliches geschieht auf den letzten 100 Seiten. Die Geschichte nähert sich dem Ende zu, das Erzähltempo ist aber immer noch langsam und so fragt man sich unweigerlich, wann es endlich zum Schluss kommt. Ich habe die letzten 50 Seiten tatsächlich dann etwas quer gelesen, weil ich zu ungeduldig wurde.
Insgesamt ist der Roman aber sehr stimmig und ausdrucksstark. Die intensive Recherche, die Catherine Tarley im Vorfeld betrieben hat, spürt man in jedem Detail. So liest man hier nicht nur eine fiktive, dramatische Geschichte, sondern man bekommt auch ein Stück Weltgeschichte präsentiert. Und das aus einem Blickwinkel, den kein Geschichtsbuch liefern kann.
FAZIT Ich gebe zu, dass ich am Ende vor allem froh war, dass ich den Roman geschafft hatte. Über 800 Seiten sind wirklich keine Kleinigkeit. Aber meistens hat mir die Geschichte gut gefallen. Auch wenn die Orientierung in der Handlung durch die verschiedenen Perspektiven erschwert wurde, hat man so doch ein sehr rundes Bild bekommen. Es wirkt alles authentisch und die Geschichte könnte so wirklich geschehen sein, wenn sie nicht fiktiv wäre.
Wer Reisen in die Vergangenheit mag, einen ausführlichen Erzählstil schätzt und nicht unbedingt Aktion und viel Drama braucht, der sollte sich dieses Buch mal näher ansehen.
…und eine halbe Eule!