Gelesen…

Kazuo Ishiguro – Never Let Me Go

(dt.: Alles, was wir geben mussten)

Never Let Me Go
Der erste Satz

“My name is Kathy H. I’m thirty-one years old, and I’ve been a carer now for eleven years.“

Das Werk in einem Satz

Kathy, Tommy und Ruth wachsen im englischen Internat Hailsham auf. Die Freundschaft der drei verändert sich, als Tommy und Ruth ein Paar werden. Später, als sie erfahren, dass jeder von ihnen dazu bestimmt ist, ein Spender [“donor“] zu sein, kommen sie einander näher, treffen zum ersten Mal eine Entscheidung, doch merken bald, dass die Zeit für sie nicht ausreichen wird.

Struktur und Erzählweise

Kathy ist die Ich-Erzählerin, die von ihrem Leben aus der Retrospektive berichtet: analytisch und mit melancholischem Grundton. Am Anfang und Ende befindet sie sich jeweils in der Gegenwart, dazwischen erzählt sie chronologisch über ihre drei Stationen in Hailsham, in den Cottages und als Betreuerin [„carer“] in den Zentren.

Sie reflektiert ihr Leben aus zwei Blickwinkeln: Die Perspektive, die sie damals als Kind hatte und die sie heute als Erwachsene hat. Kathy analysiert, beobachtet genau, deutet Verhalten von Lehrern, Betreuern und Mitschülern, versucht zu rekonstruieren und all dem, was auf dem Internat passiert ist, eine Bedeutung zu geben.

Der Roman beginnt dort, wo der Roman endet, d.h. der Leser liest mit Wissenslücken. Ich musste mich erst in die Erzählung einfühlen, bis ich verstanden habe, warum es wichtig ist, dass Kathy viele Details aus Hailsham beschreibt. Das Interesse weiterzulesen, wird unter anderem durch die Vorausdeutungen geschaffen, die sich im gesamten Roman, vor allem am Ende der Kapitel, wiederfinden.

Charaktere und Motive

Die Motive, die sich im Roman wiederholen sind Geheimnisse und Entdeckungen. Überall wo sie sind, in Hailsham, den Cottages, den Zentren, stoßen Kathy und die anderen auf Gerüchte. Sie entwickeln daraufhin ihre Theorien, Erklärungen, ihren Standpunkt und suchen nach Beweisen.

Durch das fehlende Wissen werden Leser und Hauptfigur zum Spiegelbild: Erst gegen Ende kommt es zur großen Auflösung sowohl für die Figuren als auch für den Leser, der daraufhin abgleichen kann, ob die eigenen Theorien plausibel oder richtig waren. Für manchen mag es zu viel der Wahrheit sein, doch ich empfinde es als richtig und wichtig, dass der Roman so viele Fragen beantwortet, denn nur so lässt sich nachvollziehen, warum Kathy und Tommy sich so entscheiden, wie sie sich entscheiden.

Aus den sehr guten Dialogen und den übrigen Zeilen lassen sich Charaktereigenschaften und verborgene Gefühle  lesen, wodurch die Figuren besonders plastisch werden. Obwohl Kathy oft explizit sagt, wie sie sich in bestimmten Situationen gefühlt hat, fehlen diese Schilderungen, z.B. als Ruth und Tommy ein Paar werden, obwohl Kathy und Tommy immer diese besondere Freundschaft hatten. An diesen Stellen werden die Gefühle sehr subtil vermittelt und können mitgelesen werden.

Der Titel des Romans „Never Let Me Go“ stammt von einem Lied, das Kathy in einer sehr bewegenden Szene auf Kassette hört, und fängt das Gefühl ein, das in der letzten Hälfte des Romans mitschwingt: Der Wunsch, nicht loszulassen und nicht losgelassen zu werden, obwohl das Loslassen und Gehenlassen von Freunden und dem Leben unausweichlich ist.

Der letzte Satz

…ist bezeichnend dafür, wie vorherbestimmt Kathys Leben ist.

”I just waited a bit, then turned back to the car, to drive off wherever it was I was supposed to be.”

Fazit Gelesen…Gelesen…Gelesen…Gelesen…Gelesen…

„Never Let Me Go“ ist ein dystopischer Roman von Liebe, Verlust, Vergänglichkeit und dem Ungesagten dazwischen und einem übergeordnete Thema: die Endlichkeit des Lebens und wie wir mit dem Gefühl umgehen, niemals genug Zeit zu haben. Es ist ein stiller Roman mit drei lebendigen Hauptfiguren, der noch sehr lange nachwirkt.



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