Lisa weckt früh ihre 5-jährige Tochter. Auch wenn das kleine Mädchen mit einem Gesicht voller Grimassen schwach zu protestieren versucht, zerrt die ambitionierte Mutter das Kind aus dem Bett und setzt sie auf den Stuhl vor dem riesigen Spiegel. Die Zeit wird langsam knapp. Heute ist der große Tag. Ein Schönheitswettbewerb für Kleinkinder, bei dem Bekanntheit, große Geldgewinne sowie Aussichten auf Aufträge in der Modelbranche verlockend zuwinken. Eine gute Basis für die spätere Zukunft des Kindes, erklärt Lisa und fängt routiniert an, das Makeup auf das Gesicht des kleinen Kindes aufzutragen. Die Prozedur dauert Stunden, auch wenn das kleine Mädchen weint, wenn die Haare nicht gerade zimperlich gebürstet werden, scheint die junge Mutter davon unberührt zu sein.
Ein neuer Trend entwickelt sich rasant. Noch vor allem in den Vereinigten Staaten, doch erfahrungsgemäß wird es nicht allzu lange dauern, bis wir auch in Europa mit den zweifellos fragwürdigen Veranstaltungen dieser Art konfrontiert werden. Drumherum baut sich schnell ein Industriezweig, der sich mit den kleinen Prinzen und Prinzessinnen beschäftigt, ohne nur einen Wunsch offen zu lassen. Schuhe mit Absätzen, künstliche Fingernägel und Wimpern, spezielle Kosmetiker. Doch es geht noch weiter, denn mittlerweile werden bereits spezielle Bikinis für die Mädchen angeboten, die noch nicht mal eingeschult worden sind. Die künstliche Bräune, spezielle Perücken und Kleider mit einer Menge von funkelnden Kristallen: Den Ideen von Designern (und den Eltern) werden keine Grenzen gesetzt. Für viel Geld werden sogar spezielle Kurse angeboten, deren Absolvierung zur einer grandiosen Leistung auf dem Laufsteg verhelfen sollen.
Was steckt dahinter? Die Ambitionen der Eltern, die selbst ihre Ziele in den jungen Jahren verfehlt haben? Traum vom großen Geld? Die Gründe sind jedoch bei weitem nicht so essentiell wie die möglichen Folgen von diesem Trend. Psychologen warnen, dass von den Kindern zu viel gefordert wird. Die Kinder werden extremen Belastungen ausgesetzt und der Kindheit entrissen. Der Stress, stundenlangen Castings und der Erfolgsdruck seitens der Eltern führen dazu, dass die Kinder im Falle einer Niederlage frustriert werden und sich wegen des Versagens Vorwürfe machen. Und Kinder empfinden Niederlagen viel dramatischer als Erwachsenen. Ist das nicht so, dass selbst bei Brettspielen, die im Familienkreis gespielt werden, Eltern Ihre Kinder absichtlich gewinnen lassen, um den Kleinsten eine bittere Enttäuschung zu ersparen? Denn nichts tut so weh, wie Kindesaugen voller Tränen, nichts bereitet mehr Freude wie das Lächeln eines glücklichen Sprösslings. Auf Erfolge fixierte Eltern unterziehen die Kinder einer übertriebenen Disziplin: Diäten, Kosmetiker, Training von Mimik und Gestik. Der kleine Körper soll schließlich ein perfektes Bild darbieten, das mit Geldgewinnen aus den Wettbewerben und Modelaufträgen honoriert werden sollte. Dies alles führt in späteren Jahren dazu, dass sich bei heranwachsenden Kindern negative Auswirkungen verdeutlichen, wenn die ersten Veränderungen am eigenen Körper sichtbar werden, mögliche Folgen reichen von Komplexen bis hin zu Essstörungen!
Verdienen die Eltern dieser Kindern noch als solche bezeichnet zu werden oder sind es viel mehr Manager? Ich gehe einen Schritt weiter und wage die Menschen, die Kinder zu schädigenden Handlungen zwingen, um eigene, meist finanzielle, Bedürfnisse zu erfüllen, als wirtschaftliche Pädophile zu bezeichnen. Das schamlose Ausnutzen eigener Überlegenheit gegenüber den Kleinkindern und die Inkaufnahme der daraus resultierenden negativen Folgen, um Profite daraus zu erzielen, verdient keine andere Definition!
Also liebe Muttis, die in jungen Jahren zu dämlich oder zu hässlich waren für eine Modelkarriere und talentlose Vatis, die keine weltberühmten Pianisten geworden sind: Eure Kinder sind keine Katalysatoren für Frust, der sich bei Euch angesammelt hat, weil ihr unfähig gewesen seid, etwas aus Euch zu machen! Für den Raub der Kindheit, den ihr betreibt, wünsche ich Euch ein beschissenes Leben!