Geld schießt Tore? Wer gewinnt die Fussball-WM? Dollar? Euro? Rubel?

Von Gerd Bewersdorff @derallrounder
Die Deutschen gehören zu den Topfavoriten der Weltmeisterschaft in Brasilien. In Normalform ist das Viertelfinale drin – mindestens. Dieser Tipp ist keine Hexerei, sondern orientiert sich streng am Marktwert der Spieler. 

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Geld trägt ungeheuer viel dazu bei, dass im Fußball Tore fallen und Spiele entschieden werden. Das wird auch bei der Weltmeisterschaft in Brasilien wieder so sein. Am Ende werden daher wohl jene Teams triumphieren, die in der Summe die besten und gleichzeitig wertvollsten Einzelkönner im Kader haben. Dieses einfache Prinzip funktioniert zwar nicht immer, doch häufiger als viele denken.
Jüngstes Beispiel für die Macht des Geldes im Fußball war das Endspiel der Champions League in Lissabon. Mit Real Madrid gewann das Team, das die teuersten und wertvollsten Spieler auf dem Platz hatte. Der Marktwert des königlichen Kaders überstieg jenen von Atlético um etwa das Doppelte: 588 Millionen Euro gegenüber 282 Millionen Euro. Wirkt da das 4:1 für Real nicht angemessen?
Auch in der abgelaufenen Bundesligasaison stimmen Ergebnis und Marktwerte der jeweiligen Kader überraschend gut überein. Die Platzierung der ersten sechs Mannschaften – Bayern, BVB, Schalke, Leverkusen, Wolfsburg und Gladbach – entspricht in dieser Reihenfolge auch dem geschätzten Wert dieser Mannschaften.
Bemerkenswert ist überdies: Der Marktwert des Meisterkaders aus Bayern ist um mehr als 200 Millionen Euro höher als jener des Liga-Zweiten Dortmund: 534 Millionen Euro gegenüber 323 Millionen Euro. Dies erklärt dann zum Teil auch den gewaltigen Vorsprung, den die Bayern am Ende der Saison hatten: 19 Punkte gegenüber dem Zweiten und 26 Punkte gegenüber dem Dritten.

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Übertragen auf die Weltmeisterschaft in Brasilien bedeutet dies: Teams mit unbekannten Spielern aus schwächeren Ligen haben keine Chance auf den Titel. Am Ende machen es wohl die sogenannten Großen unter sich aus. Das sind jene Teams, deren Spieler in den Topligen Europas spielen und die daher einen entsprechend hohen Wert in der Welt des Fußballs besitzen.
Und wer wird das sein? Mit dem WM-Rechner von Handelsblatt Online können Fans das in einer halben Stunde ausrechnen - von der Vorrunde bis zum Endspiel. Sie müssen nur immer jene Teams bevorzugen, deren Spieler wertvoller sind. Schließlich zählt die Mannschaft und nicht der Einzelkönner.
Brasilien und Spanien kommen mühelos weiter
In der Gruppe A ist Brasilien klarer Favorit auf den Gruppensieg. Wenn die Spieler ihr Leistungsvermögen auf dem Platz umsetzen, sollten sie sich jeweils klar gegen Kroatien, Kamerun und Mexiko durchsetzen. Auch Platz zwei dürfte eine klare Angelegenheit für die Kroaten werden, wenn sie ihre individuelle Klasse auch auf den Platz bringen.
In der Gruppe B haben die Niederländer Pech gehabt, dass sie ausgerechnet auf Spanien treffen. Der Welt- und Europameister bietet eine sehr erfahrene Mannschaft auf, die ihren Zenit noch nicht überschritten hat. Zwar sind viele der Leistungsträger schon Mitte bis Ende 20, das Durchschnittsalter liegt bei knapp 28 Jahren.
Doch das Stadtduell in der Champions League hat zuletzt die hohe Qualität des spanischen Fußballs belegt. Auffallend ist zudem, dass die meisten Spieler der spanischen Nationalelf in der heimischen Liga kicken. Und wenn nicht dort, dann sind sie in der Regel bei den Topvereinen in England unter Vertrag.
Die Niederländer können auf diesem Niveau bei weitem nicht mithalten. Die meisten Akteure spielen daheim, entsprechend niedrig ist ihr Marktwert. Nur die Besten tingeln als Legionäre durch die großen Ligen in England, Deutschland oder Italien. Teilweise jedoch mit mäßigem Erfolg, wie sich Rafael van der Vaart beim HSV besonders gut zeigt.
Wertvollster Spieler der Niederländer ist Mittelstürmer Robin van Persie von Manchester United. Mit breiter Brust dürfte – nach dem Treffer im deutschen Pokalfinale – auch Arjen Robben von Bayern München zur Nationalmannschaft gefahren sein. Trainiert werden die Orange-Hemden übrigens von Ex-Bayern Coach Louis van Gaal. Der wandert nach der WM zu Manchester United weiter.

Die anderen beiden Teams in Gruppe B haben dagegen allenfalls Außenseiterchancen. Australien kommt mit einer Mannschaft der Namenlosen. Chile ist da schon interessanter, nicht nur weil der Wert dieses Teams weit über 100 Millionen Euro liegt. Bei der WM vor vier Jahren in Südafrika spielten die Chilenen einen überraschend guten Fußball und zogen in das Achtelfinale ein.
Kolumbien und Italien mit Mühe – Argentinien souverän
In der Gruppe C gibt es mit Kolumbien einen Favoriten aus Südamerika. Doch auch die Kicker der Elfenbeinküste sind nicht zu unterschätzen. Beide haben es mit Japan und Griechenland zu tun. Das sind zwei Teams, die immer mal wieder für eine Überraschung gut sind. Die Japaner kämpfen bis zum Umfallen – und die Griechen kommen aus einer kompakten Abwehr.
Insgesamt liegen die Marktwerte der vier Teams nicht sehr weit auseinander: Zwischen 90 Millionen und 270 Millionen Euro. Das deutet auf enge und spannende Spiele hin. Wenn es nach den Spielerwerten geht, dürften sich am Ende dennoch die Südamerikaner und die Afrikaner durchsetzen. Allerdings ist für beide dann nicht mehr viel drin.
Genauso unklar sind die Verhältnisse in Gruppe D. Zumindest drei Teams sind als Hochkaräter einzustufen: Italien, England und Uruguay bringen alle drei Kader im Wert von mehr als 200 Millionen Euro mit zur Weltmeisterschaft. Unter den Dreien dürfte der Platz im Achtelfinale ausgespielt werden. Costa Rica dagegen ist als Fußballzwerg einzustufen.
Klar sind dagegen die Kräfteverhältnisse in der Gruppe E. Frankreich ist Favorit, obwohl die Liga im Lande nur zweitklassig ist. Das Nationalteam jedoch besitzt eine Reihe hochklassiger Spieler. Die Schweiz hat die besten Chancen auf den zweiten Platz. Trainerfuchs Ottmar Hitzfeld kommt mit vielen Bundesligaprofis, etwa Xherdan Shaquiri oder Granit Xhaka.
In Gruppe F sollten die Argentinier mit dem Superstar Lionel Messi keine Mühe haben. Zu viel Qualität bringen sie auf den Platz. Im Gegensatz zur WM in Südafrika ist auch zu erwarten, dass bei diesem Turnier eine Mannschaft auf dem Feld steht, die sich nicht allein auf den Superstar und dessen Genialität verlässt.
Die aufstrebenden Stars aus Bosnien-Herzegowina haben dagegen Glück gehabt, dass sie eine relativ leichte Gruppe erwischt haben – jedenfalls gemessen am Wert der Gegenspieler. Nigeria ist nicht einzuschätzen, weil es an Daten fehlt. Und der Iran spielt in Gelddingen im internationalen Fußball keine Rolle.
Deutschland und Belgien dominieren
In den letzten beiden Gruppen dürften die Favoriten unter normalen Umständen keine Probleme haben, die Vorrunde zu überstehen. Selbst die Hitze und die besonderen Spielumstände in Südamerika können nicht als Ausrede herhalten. Davon sind schließlich alle Spieler gleichermaßen betroffen.
In Gruppe G haben sich die Deutschen gefreut, dass sie erneut auf Portugal treffen. Das Team um Superstar Christiano Ronaldo liegt den Deutschen. Und sie haben sicher auch mit Interesse verfolgt, dass der Superstar zwar gerne sein Trikot beim Sieg von Real auszog. Seine Form dagegen war in diesem Finale alles andere als berauschend.
Ghana und die USA werden sich bestimmt viel Mühe geben, die Deutschen und die Portugiesen zu ärgern. Doch beiden Mannschaften fehlt die Qualität, um ins Achtelfinale vorzustoßen. Dort sind am Ende nur Teams zu erwarten, deren Marktwert über 150 Millionen Euro liegt. Ghana liegt ein Drittel unter dieser Marke, bei den USA ist es sogar mehr als die Hälfte weniger.
Überraschend stark sind die Belgier einzuschätzen. Das Team spielt in der Geldliga auf einem ähnlichen Niveau wie die Teams von Portugal, England, Italien und Frankreich – und weit über den bisher immer hoch eingeschätzten Niederländern. In der Vorrunde ist dies in Gruppe H schlecht für die Russen, die sich wohl mit dem zweiten Platz begnügen müssen.
Glück haben die Belgier, weil sie mit Algerien und Südkorea vergleichsweise leichte Gegner erwischt haben. Gefährlicher dürften die Asiaten sein, weil ihre Laufbereitschaft groß ist und sich der eine oder andere Spieler womöglich für einen Topverein in Europa empfehlen möchte. Doch ernsthafte Chancen auf das Achtelfinale haben die Südkoreaner nicht. Zu groß ist der Qualitätsunterschied.
Wenn alles nach Plan läuft, dann spielen im Achtelfinale 15 Teams, deren Marktwert sich mindestens auf 160 Millionen Euro beläuft. Nur ein Team mit solch einem hohen Marktwert könnte es nicht ins Achtelfinale schaffen – und zwar weil in der Gruppe D die Hochkaräter Italien, England und Uruguay aufeinander treffen. Davon profitiert Bosnien-Herzegowina, die auf einen wesentlich niedrigeren Marktwert kommen. Für das Team aus dem Balkan dürfte dann allerdings im Achtelfinale Endstation sein.
Der Weg ins Finale: Europa gegen Südamerika
Für viele geht die WM ja erst richtig im Achtelfinale los. Für einige ist da aber auch schon Endstation, weil sie richtig schwere Brocken erwischen. So könnte es etwa den Niederländern ergehen, wenn sie als Gruppenzweiter auf die Gastgeber aus Brasilien treffen. Mehr Glück könnten da die Engländer haben, denn gegen Kolumbien sind sie leicht favorisiert.
Vergleichsweise leichte Gegner erwischen vielleicht auch die Spanier und die Italiener. Gegen Kroatien und die Elfenbeinküste dürfte der Weg ins Viertelfinale zwar kein Zuckerschlecken werden, aber immerhin eine Aufgabe sein, die zu bewältigen ist. Genauso wenig Mühe sollten die Franzosen haben, wenn sie gegen Bosnien-Herzegowina spielen.
Optimistisch gehen sicher auch die deutschen Fans in das Achtelfinale. Denn für den Gruppensieger winkt als Gegner Russland – eine gute Mannschaft, die den Deutschen allerdings auf internationaler Ebene liegen dürfte. Erst recht, wenn beide im heißen Südamerika aufeinandertreffen. Für die wackeren Schweizer könnte es indes gegen Argentinien gehen – ein zu harter Brocken.
Sehr eng könnte hingegen das Achtelfinale zwischen Belgien und Portugal werden. Hier treffen zwei nominell gleich gute Teams aufeinander. Das bessere Ende sollten die Belgier haben, wenn man nach den Marktwerten geht. Doch erfahrungsgemäß ist dies in diesem Spiel nicht der einzige Faktor, der zählt - gerade bei gleichwertigen Teams.
Im Viertelfinale werfen dann die Brasilianer die Engländer raus. Und Deutschland hat erneut Glück, weil es in Südamerika gegen eine weitere europäische Mannschaft spielt, die Franzosen. Hinzu kommt in dieser Prognose ein Sieg der Spanier gegen Italien und eine knappe Niederlage der Belgier gegen Argentinien.
Im Halbfinale ist dann erfahrungsgemäß alles möglich
Es treffen Top-Teams auf höchstem internationalem Niveau aufeinander. Hoffen wir aus deutscher Sicht, dass Brasilien kein zu schwerer Brocken ist. Denn dann winkt ein Finale gegen die Spanier, die sich zuvor gegen Argentinien durchgesetzt haben. Und vielleicht entscheidet in diesem Endspiel einmal nicht der Wert der Spieler, sondern die bessere Tagesform.
Quelle Handelsblatt 
DER Allrounder