Kaum ein Tag vergeht ohne neue Blockadeidee der Liberalen. Die Freiberufler treffen damit das Lebensgefühl eines Teils der Deutschen, die das SUV und den niedrigen Steuersatz mehr schätzen als das Wissen darum, dass auch andere Menschen noch die Erde bewohnen können. Nun ja, eigentlich geht es jedoch nur um die Erde der anderen. Allein in den letzten Tagen wollten Liberale die Unternehmenssteuern senken, Bankenregulierungen komplett abschaffen und Reichen, na ja, Sie wissen schon: die Steuern senken. Irgendwie ist alles schrecklich eingeschränkt und dagegen hilft nur: abschaffen, abschaffen, abschaffen. Die Parteiführung ist gar der Ansicht, in Deutschland sei Demokratie nur möglich, wenn die Partei Christian Lindners regiere. Mindestens der Posten des Außenministers muss es jedoch schon sein, sonst geht es den Landsleuten wie den Thüringern, die zu undemokratischen Würstchen abgemeiert wurden. Man könnte die Dinge mit einer gehörigen Portion Humor nehmen, wenn die Liberalen nicht hinter all dieser Abschafferitis eine handfeste Geisteshaltung, ja Ideologie tarnen würden. Dabei sind sie ja so sympathisch, die Lindners, die Beers, die Kubickis! So nett und kultiviert, dass sie nur aus der Rolle fallen, wenn sie mit kritischen Fragen konfrontiert werden. Selbst den alten Grapscher Brüderle und die allzeit besorgte Koch-Mehrin hat man erfolgreich aufs politische Altenteil geschoben, wo bald die noch junge Katja Suding folgen soll. Für freiheitsliebende Wähler bahnt sich jedoch eine echte Horrorvorstellung an Realität zu worden, dass solche Blockierer tatsächlich zur führenden Regierungspartei aufsteigen sollen. Zeit, etwas genauer auf die so sympathische Truppe der Steuerkreuzritter zu schauen.
Wer der FDP am Zeug flicken will, zitiert gerne die 2009 propagierten Mövenpicksteuer. Damals griffen nach Ansicht von Obersadist Guido (Westerwelle) noch zu viele Hotelmanager und reiche Erben beim jährlichen Steuerbetrag zu tief ins Säckel. Seitdem haben viele Prominente der Partei glaubhaft abgeschworen, der arbeitenden Bevölkerung bezüglich ihres Anteils am Steueraufkommen zusätzliche Lasten aufbürden zu wollen. Kein Problem, im Stakkato kommen wöchentlich, monatlich ernsthafte Vorschläge, wo die Deutschen den Gürtel enger schnallen müssen. Es sind so viele, dass man weder mit dem Zählen noch in der Erinnerung nachkommt. Auch der Autor dieser Zeilen kann aus dem Stegreif lediglich tagesaktuell referieren. Zwei Fälle von bankrotten Familienunternehmen dienen dabei als Aufhänger, die auch noch das letzte kommunale Hallenbad zu schließen. Es lohnt sich, diese genauer zu betrachten, lässt sich doch das grundsätzliche populistische Vorgehen der Parteivertreter daran studieren.
2008 standen praktisch alle Banken - mit Ausnahme jener, die erfolgreich liberalen Deregulierungsversuchen widerstanden hatten - vor der Pleite und rissen beinahe die gesamte deutsche Wirtschaft in den Untergang. Schnell waren die Schuldigen ausgemacht: Faule Pleitegriechen und schuldenmachende Politiker. Dass auch hier die Dinge wohl etwas anders liegen, tut für Liberale nichts zur Sache. Alter weißer Manager, der sich völlig verspekuliert hat und dem man nie die Leitung einer Bank hätte anvertrauen dürfen - geschenkt. Dass er selbst dann mit goldenem Fallschirm und mehreren Millionen aus der Sache herauskommt, gehört da schon zum guten Ton. Selbstverständlich darf man den Fallschirm dann auch nicht besteuern, man will ja nicht die Leistungsträger vergraulen, die sich dergestalt bewährt haben.
Das Muster des Ignorierens von Umständen, um eine dann zwingend erscheinende Forderung unterzubringen, prägt den fundamentalistischen Auftritt von Parteivertretern. Bis heute behaupten Christian Lindner und Konsorten unentwegt, 2007 habe eine Krise im amerikanischen Bankensektor die deutschen Banken mitgerissen. Tatsächlich hatten sich diese völlig verspekuliert; an der Wallstreet war "Stupid German Money" ein geflügeltes Wort. Stattdessen führte die Krise zum größten Triumph liberaler Fundamentalforderungen nach einer Steuerreform, die nach der Regierungsübernahme 2009 freilich aufgrund derselben tief verwurzelten Inkompetenz der Parteivertreter nicht umsetzbar war.
Der laxe Umgang mit der Wahrheit prägt das politische Vorgehen der Liberalen. Nicht zufällig ähneln sie damit in ihrer Agitation dem Gegenpart von der rechtspopulistischen AfD. Sämtliche steuerpolitischen Projekte der selbsternannten Wirtschaftspartei erwiesen sich im Nachhinein entweder als Rohrkrepierer oder gleich als elementares Hindernis zur Zielerreichung. Seit Jahren streiten die Liberalen öffentlich für ein einfaches und gerechtes Steuersystem. Doch angesichts der Kernforderungen der Partei stellt sich die Frage, wie wichtig Lindner & Co. tatsächlich das Ziel der Gerechtigkeit von Steuern wirklich ist. Die meisten Finanzexperten bezweifelten stets, dass eine Steuergerechtigkeit mit wenigen einheitlichen Steuertarifen ohne Ausnahmen möglich sei. Die Wahlgeschenke der FDP an ihre Unterstützer hat Deutschlands Steuerpolitik entsprechend zurückgeworfen, die von den Liberalen versprochenen Einsparungseffekte konnten sich erwartungsgemäß dnicht materialisieren. Macht nichts, es gibt natürlich noch einen weiteren Weg, die früher gelobte Solidargemeinschaft zu unterminieren. Es gibt wohl kein Land in der OECD, das eine so fundamentalistische Position bei Staatsschulde und Geldwertstabilität einnimmt und gleichzeitig auf jegliche Konjunkturpolitik verzichtet. Die Weigerung, zumindest in Zeiten von Negativzinsen zu investieren, sucht seinesgleichen.
Die maßgeblich von den Liberalen mitgezeichnete Wirtschaftspolitik, die wir heute erleben, hat dazu geführt, Deutschland zunehmend zu einem stagnierenden und verfallenden Land zu machen. Dabei müssen die anderen EU-Staaten die für den Exportmarkt unabdingbare Nachfrage gewährleisten und dienen gleichzeitig als Abnehmer des im nachfragearmen Deutschland überschießenden Stroms von Konsumgütern. Fraglich, wie lange Deutschlands Nachbarn sich eine solche Arbeitsteilung gefallen lassen. Die Löhne, das ist längst Legende, sind in der Entwicklung ohnehin seit Jahrezehnten die niedrigsten in Europa, dabei soll der Kampf um den Titel des Exportweltmeisters eigentlich gerade erst losgehen. Deutschlands idealistische Liberalis scheinen wir in vielen Bereichen von der grenzenlosen Belastbarkeit des Bürgers auszugehen.
1997 verzichtete die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Drängen von Waigel und Anhang darauf, eine verfassungskonforme Vermögenssteuer aufzustellen. Das zusätzliche Steuergeschenk kostete die Steuerzahler jährlich mindestens eine Milliarde Euro in den Kassen des Bundes. Was das für die Wirtschaft gebracht hat? Diese nicht ganz unwesentliche Frage kann heute keiner aus der Truppe um Christian Lindner beantworten. Wichtig ist nur, wegnehmen lässt sich die Belastung auch nicht mehr, die Interessen der Reichen sind viel zu fest etabliert.
Planlos, ziellos –so lässt sich am ehesten liberale Politik beschreiben. Hauptsache, das Gewissen wird beruhigt. Wer dies als das Ätzen eines unverbesserlichen linksgrünversifften Bloggers abtut, konnte sich bei der Generalaussprache des Deutschen Bundestages zum Haushalt 2020 ein Bild von der Arroganz grüner Führungskräfte machen. Deutschland müsse durch Tilgung der Schulden das Zinsrisiko minimieren, so der Parteivorsitzende Christian Lindner. Wer Interesse hat, mehr über die mobilen Vorstellungen der selbsternannten Umweltpartei zu erfahren, wurde dieser Tage fündig. Für die FDP ist eine Einschränkung von Privatpanzern in Innenstädten dasselbe die AfD. Zwischen den Radikalvorstellungen solcher Fundamentalisten und der offiziellen Linie der Partei passt kein Blatt Papier. Belehrend, diskussionsuntauglich, kompromissunfähig – so präsentiert sich nicht nur die Kernanhängerschaft der Liberalen, sondern deren Spitzenfunktionäre selbst.
Die Mobilitätsempfehlungen der Reichenpartei für die Großstadtbevölkerung sind exakt die Gleichen, mit der bereits der Verkehr in Berlin und Frankfurt lahmgelegt und chaotisiert wird. Keinesfalls irgendwelche Maßnahmen, die dem Apotheker den Parkplatz für das SUV in der Innenstadt nehmen sind der beste Rat, der sich aus liberalem Munde einem 13jährigen Unfallopfer geben lässt. Der Fraktionsspitze scheint nicht bekannt, dass es in Deutschland Unterschiede in der Bevölkerungsdichte gibt, die auch Kleinwagenfahrer vor Herausforderungen stellen. Okay, nicht in den Speckgürteln der Großständte, aber die meisten leben eben nicht dort.
In ihrer Weigerung, sich von der eigenen radikalen Anhängerschaft abzugrenzen, ähneln die Liberalen ihren Gegenspielern von der Alternative für Deutschland (AfD). Ob früher die Nationalliberalen, die Willy Brandts Ostpolitik in schrillen Tönen als Verrat abqualifizierten oder heute die wohlsaturierten Snobs im Europaparlament, ob durch die Drehtür der Finanzvorstände rutschender BWL-Schnösel oder ihre Privilegien verteidigende Freiberufler – immer fehlt jede Distanzierung zu begangenen Gesetzesbrüchen. Die Liberalen sind eins mit ihrer radikalen Vorhut. AfD und FDP: sie bedingen einander, sie schaukeln ihre Stimmen und ihre Anhänger durch gegenseitige Zuneigung und Legitimierung hoch. Für Demoskopen nicht zufällig erleben die liberalen Alternativlosen nach dem Crash von 2013 justament ihre Renaissance in einer Zeit, wo die rechten Alternativlosen Milieu um Milieu gewinnen. Der politische Häuserkampf kennt keine Gefangenen.
Ende August hielt der Siegeszug der AfD in den Ländern Sachsen und Brandenburg die Republik in Atem. Die Rechtspopulisten gewannen dort, wo ganze Landstriche verweist, junge Menschen in Scharen weggezogen sind und Frauen im Alter 20-49 Jahren fehlen. Auf der anderen Seite duckte sich der unsägliche Lindner am Wahlabend weg, als wäre die FDP im Osten nicht auch seine Partei, und sah keinen Änderungsbedarf. Auch hier hat es der eigenwillige Weltverbesser es nicht so mit der Wahrheit. Tatsächlich verdanken die Liberalen ihre Niderlage weitgehend dem der intellektuellen Leere und der Flucht aus Verantwortlichkeit. In Leipzig bildet sich allmählich eine kleine Start-up-Szene, sowohl Studenten als auch Uniabsolventen machen sich in den kernsanierten In- Vierteln breit. Während in Berlin die Bedingungen für Jungunternehmer zunehmend hart und die Mietpreise sehr hoch werden, bildet die Messestadt so etwas wie ein Biotop für Kleinberliner. Diese Gruppierung, die Christian Lindner gerade im Wahlkampf 2017 als Zielgruppe ansprechen wollte, zeigt der FDP die kalte Schulter. Ähnlich sieht es in Dresden aus. FDP-nahe Schichte, sie gehen der Partei rapide aus.
Wer sich dem Programm der Partei zuwendet, erhält mehr pastellgetränkte Zukunftsvorstellungen als bei anderen Parteien. Nicht zuletzt macht dies die Gelben so anziehend für, meist alte, Ideologen. Doch das Problem ist nicht neu: Menschen werden älter und aus Ideologen werden mit der steigenden Zahl an Altersringen tot. Solche Parteien müssen stets neuen Nachwuchs für die Wahlurne rekrutieren, auch da zeigen sie Parallelen zu anderen fundamentalistischen Organisationen. Dies gelingt der FDP aber immer weniger.
Im Kapitel Energie heißt es, die Umstellung auf 100% Erneuerbare sei völlig unmöglich und sowieso zu teuer, deswegen müsse man hinnehmen, dass der Planet untergeht. Schon eine solche Passage atmet den stinkenden Geruch des politischen Absolutismus. Die sinkenden Investitionen in Windkraftanlagen, die flächenmäßige Limitierung von Biogas sprechen schon heute eine andere Sprache. Und vor Ort, in den Gemeinden, sind Liberale nicht als Förderer der irgendwelcher regenerativer Energien aufgefallen. Bekannt sind sie als deren Verhinderer. Dennoch klingt es im Programm richtig gut, nur darf man dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Wolfgang Kubicki nicht zu genau zuhören, wenn dieser der Ausweitung des Klagerechts von umweltzerstörendne Unternehmen in aller gebotenen Vehemenz eine Zusage erteilt. Die Finanzkrise, die fehlenden Investitionen und die stockende Energiewende sind einzig das Ergebnis fehlender Subventionen und falscher Weichenstellungen in der Ära Westerwelle. Soviel Selbstgerechtigkeit ist schon frech.
Das zweite Megathema unserer Zeit wird mit einer Unwahrheit eingeleitet. Bei der Flüchtlingskrise liegt den Liberalen am Herzen, keine Flüchtlinge aufzunehmen, ohne sich die feingliedrigen und nicht an echte Arbeit gewöhnten Hände schmutzig zu machen. Ein Einhalten von internationalen Flüchtlingskonventionen oder gar EU-Recht wird als irrelevant betrachtet. Am Ende geht es, wie das Programm bekennt, bei einem Einwanderungsgesetz vor allem um die Interessen der Arbeitgeber. Verschämt wird nachgeschoben: auch Deutschlands. Dennoch sind die Prioritäten klar. Explizit möchten die Liberalen die ohnehin schon harte Konkurrenz im Bereich der geringfügigen Beschäftigung erhöhen, wenn ausgewählte Zuwanderer zuerst ihr Geld mit Aushilfstätigkeiten verdienen und Barrieren für den Zugang in gering entlohnte Beschäftigungsverhältnisse beseitigt werden sollen.
Dagegen spielt Menschlichkeit scheinbar keine Rolle. Klar, Menschen flüchten aus ihren Ländern und nehmen Tod und Sklaverei in Kauf, um hier Hartz-IV beziehen zu können. Da spricht die Realität eine völlig andere Sprache.
In der Klimapolitik verfolgen die Liberalen keinen Plan, und das ist wörtlich zu nehmen. Ein Klimaschutzgesetz wird niemals kommen. Jeder Versuch der Rettung des Klimas wird wahrscheinlich als Volks-, pardon Wirtschaftsverrat mit mindestens 5 Jahren Haft geahndet. In der Wahl der Mittel geben die Steuerhinterzieherschützer jedenfalls eher der Strafe in Form einer verringerten Nachzahlung als der effizienten Vorbeugung durch Kontrollen der bereits vorhandenen Regulierungen Vorzug. Umweltpolitik a’la Gelb folgt gerne dem altehrwürdig religiösen Grundsatz: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt.“ Den Emissionshandel selbst will man keinesfalls gestalten, getreu der Vorgabe: die Wirtschaft darf es nichts kosten. Dass solch großzügige Selbstbeschränkung das ganze Unterfangen völlig ad absurdum führt – wir reden immerhin von der Verteuerung klimaschädlichen Handelns: geschenkt. Was Markt und Freiheit bedeuten, weiß ohnehin kein Gelber. Denen ist viel klarer, wie man seine Privilegien politisch verteidigt und sich danach fürstlich von den Profiteuren entlohnen lässt. Und jene, die Wissen haben, sind in einer anderen Partei.
In Steuerfragen interessiert die Wirtschaftsverbesserer vor allem, was die Superreichen zahlen müsse, weniger was einer faire Lastenverteilung entspricht. Und über zehn Jahre nach der großen Finanzkrise interessiert vor allem die Sorge, dass die Verursacher angemessen an den Folgekosten beteiligt werden könnten. Für die FDP fing die Finanzkrise wahrscheinlich in Griechenland an, aber da ist das Papier äußerst vage. Spiegelbildlich zur beneideten AfD möchten die Liberalen vor allem die Reichen fördern. Damit das Geld auch bei den Gemeinten, solchen mit (gewaltigem) Vermögen, ankommt, werden nicht nach dem Vorbild Frankreichs hart arbeitende und hoch besteuerte Familienväter und –mütter unterstützt, sondern der Schwerpunkt auf jene gelegt, die das Ziel ihres Lebens außerhalb der regulären Erwerbsarbeit sehen. Rassismus kommt halt in verschiedenen Gewändern daher.
Steuergeschenke, die große Blockade, Verantwortungsflucht und ideologische Verblendung. Das ist die Welt der Gelben. Blockaden sind die Welt dieser Partei, die mit Freiheit nicht wirklich etwas am Hut hat. Die Vorstellungen folgen einem religiösen Eifer, auszuschließen bis hin zu vernichten dessen, was ungewünscht erscheint. In dieser gelben Money-Money-Welt ist kein Platz für andere Ansichten, alternative Wege und Lebensmodelle.
Wer nicht nach dem Plan lebt, schädigt bereits andere. Und wenn es das Steigenlassen eines Luftballon ist.
Schau her, einen Riesenartikel voller Beleidigungen gegenüber einem politischen Kontrahenten voller Übertreibungen, Unterstellungen, Vitriol, Hass und aus dem Zusammenhang gerissenem Bullshit schreiben kann ich auch.
Wer der FDP am Zeug flicken will, zitiert gerne die 2009 propagierten Mövenpicksteuer. Damals griffen nach Ansicht von Obersadist Guido (Westerwelle) noch zu viele Hotelmanager und reiche Erben beim jährlichen Steuerbetrag zu tief ins Säckel. Seitdem haben viele Prominente der Partei glaubhaft abgeschworen, der arbeitenden Bevölkerung bezüglich ihres Anteils am Steueraufkommen zusätzliche Lasten aufbürden zu wollen. Kein Problem, im Stakkato kommen wöchentlich, monatlich ernsthafte Vorschläge, wo die Deutschen den Gürtel enger schnallen müssen. Es sind so viele, dass man weder mit dem Zählen noch in der Erinnerung nachkommt. Auch der Autor dieser Zeilen kann aus dem Stegreif lediglich tagesaktuell referieren. Zwei Fälle von bankrotten Familienunternehmen dienen dabei als Aufhänger, die auch noch das letzte kommunale Hallenbad zu schließen. Es lohnt sich, diese genauer zu betrachten, lässt sich doch das grundsätzliche populistische Vorgehen der Parteivertreter daran studieren.
2008 standen praktisch alle Banken - mit Ausnahme jener, die erfolgreich liberalen Deregulierungsversuchen widerstanden hatten - vor der Pleite und rissen beinahe die gesamte deutsche Wirtschaft in den Untergang. Schnell waren die Schuldigen ausgemacht: Faule Pleitegriechen und schuldenmachende Politiker. Dass auch hier die Dinge wohl etwas anders liegen, tut für Liberale nichts zur Sache. Alter weißer Manager, der sich völlig verspekuliert hat und dem man nie die Leitung einer Bank hätte anvertrauen dürfen - geschenkt. Dass er selbst dann mit goldenem Fallschirm und mehreren Millionen aus der Sache herauskommt, gehört da schon zum guten Ton. Selbstverständlich darf man den Fallschirm dann auch nicht besteuern, man will ja nicht die Leistungsträger vergraulen, die sich dergestalt bewährt haben.
Das Muster des Ignorierens von Umständen, um eine dann zwingend erscheinende Forderung unterzubringen, prägt den fundamentalistischen Auftritt von Parteivertretern. Bis heute behaupten Christian Lindner und Konsorten unentwegt, 2007 habe eine Krise im amerikanischen Bankensektor die deutschen Banken mitgerissen. Tatsächlich hatten sich diese völlig verspekuliert; an der Wallstreet war "Stupid German Money" ein geflügeltes Wort. Stattdessen führte die Krise zum größten Triumph liberaler Fundamentalforderungen nach einer Steuerreform, die nach der Regierungsübernahme 2009 freilich aufgrund derselben tief verwurzelten Inkompetenz der Parteivertreter nicht umsetzbar war.
Der laxe Umgang mit der Wahrheit prägt das politische Vorgehen der Liberalen. Nicht zufällig ähneln sie damit in ihrer Agitation dem Gegenpart von der rechtspopulistischen AfD. Sämtliche steuerpolitischen Projekte der selbsternannten Wirtschaftspartei erwiesen sich im Nachhinein entweder als Rohrkrepierer oder gleich als elementares Hindernis zur Zielerreichung. Seit Jahren streiten die Liberalen öffentlich für ein einfaches und gerechtes Steuersystem. Doch angesichts der Kernforderungen der Partei stellt sich die Frage, wie wichtig Lindner & Co. tatsächlich das Ziel der Gerechtigkeit von Steuern wirklich ist. Die meisten Finanzexperten bezweifelten stets, dass eine Steuergerechtigkeit mit wenigen einheitlichen Steuertarifen ohne Ausnahmen möglich sei. Die Wahlgeschenke der FDP an ihre Unterstützer hat Deutschlands Steuerpolitik entsprechend zurückgeworfen, die von den Liberalen versprochenen Einsparungseffekte konnten sich erwartungsgemäß dnicht materialisieren. Macht nichts, es gibt natürlich noch einen weiteren Weg, die früher gelobte Solidargemeinschaft zu unterminieren. Es gibt wohl kein Land in der OECD, das eine so fundamentalistische Position bei Staatsschulde und Geldwertstabilität einnimmt und gleichzeitig auf jegliche Konjunkturpolitik verzichtet. Die Weigerung, zumindest in Zeiten von Negativzinsen zu investieren, sucht seinesgleichen.
Die maßgeblich von den Liberalen mitgezeichnete Wirtschaftspolitik, die wir heute erleben, hat dazu geführt, Deutschland zunehmend zu einem stagnierenden und verfallenden Land zu machen. Dabei müssen die anderen EU-Staaten die für den Exportmarkt unabdingbare Nachfrage gewährleisten und dienen gleichzeitig als Abnehmer des im nachfragearmen Deutschland überschießenden Stroms von Konsumgütern. Fraglich, wie lange Deutschlands Nachbarn sich eine solche Arbeitsteilung gefallen lassen. Die Löhne, das ist längst Legende, sind in der Entwicklung ohnehin seit Jahrezehnten die niedrigsten in Europa, dabei soll der Kampf um den Titel des Exportweltmeisters eigentlich gerade erst losgehen. Deutschlands idealistische Liberalis scheinen wir in vielen Bereichen von der grenzenlosen Belastbarkeit des Bürgers auszugehen.
1997 verzichtete die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Drängen von Waigel und Anhang darauf, eine verfassungskonforme Vermögenssteuer aufzustellen. Das zusätzliche Steuergeschenk kostete die Steuerzahler jährlich mindestens eine Milliarde Euro in den Kassen des Bundes. Was das für die Wirtschaft gebracht hat? Diese nicht ganz unwesentliche Frage kann heute keiner aus der Truppe um Christian Lindner beantworten. Wichtig ist nur, wegnehmen lässt sich die Belastung auch nicht mehr, die Interessen der Reichen sind viel zu fest etabliert.
Planlos, ziellos –so lässt sich am ehesten liberale Politik beschreiben. Hauptsache, das Gewissen wird beruhigt. Wer dies als das Ätzen eines unverbesserlichen linksgrünversifften Bloggers abtut, konnte sich bei der Generalaussprache des Deutschen Bundestages zum Haushalt 2020 ein Bild von der Arroganz grüner Führungskräfte machen. Deutschland müsse durch Tilgung der Schulden das Zinsrisiko minimieren, so der Parteivorsitzende Christian Lindner. Wer Interesse hat, mehr über die mobilen Vorstellungen der selbsternannten Umweltpartei zu erfahren, wurde dieser Tage fündig. Für die FDP ist eine Einschränkung von Privatpanzern in Innenstädten dasselbe die AfD. Zwischen den Radikalvorstellungen solcher Fundamentalisten und der offiziellen Linie der Partei passt kein Blatt Papier. Belehrend, diskussionsuntauglich, kompromissunfähig – so präsentiert sich nicht nur die Kernanhängerschaft der Liberalen, sondern deren Spitzenfunktionäre selbst.
Die Mobilitätsempfehlungen der Reichenpartei für die Großstadtbevölkerung sind exakt die Gleichen, mit der bereits der Verkehr in Berlin und Frankfurt lahmgelegt und chaotisiert wird. Keinesfalls irgendwelche Maßnahmen, die dem Apotheker den Parkplatz für das SUV in der Innenstadt nehmen sind der beste Rat, der sich aus liberalem Munde einem 13jährigen Unfallopfer geben lässt. Der Fraktionsspitze scheint nicht bekannt, dass es in Deutschland Unterschiede in der Bevölkerungsdichte gibt, die auch Kleinwagenfahrer vor Herausforderungen stellen. Okay, nicht in den Speckgürteln der Großständte, aber die meisten leben eben nicht dort.
In ihrer Weigerung, sich von der eigenen radikalen Anhängerschaft abzugrenzen, ähneln die Liberalen ihren Gegenspielern von der Alternative für Deutschland (AfD). Ob früher die Nationalliberalen, die Willy Brandts Ostpolitik in schrillen Tönen als Verrat abqualifizierten oder heute die wohlsaturierten Snobs im Europaparlament, ob durch die Drehtür der Finanzvorstände rutschender BWL-Schnösel oder ihre Privilegien verteidigende Freiberufler – immer fehlt jede Distanzierung zu begangenen Gesetzesbrüchen. Die Liberalen sind eins mit ihrer radikalen Vorhut. AfD und FDP: sie bedingen einander, sie schaukeln ihre Stimmen und ihre Anhänger durch gegenseitige Zuneigung und Legitimierung hoch. Für Demoskopen nicht zufällig erleben die liberalen Alternativlosen nach dem Crash von 2013 justament ihre Renaissance in einer Zeit, wo die rechten Alternativlosen Milieu um Milieu gewinnen. Der politische Häuserkampf kennt keine Gefangenen.
Ende August hielt der Siegeszug der AfD in den Ländern Sachsen und Brandenburg die Republik in Atem. Die Rechtspopulisten gewannen dort, wo ganze Landstriche verweist, junge Menschen in Scharen weggezogen sind und Frauen im Alter 20-49 Jahren fehlen. Auf der anderen Seite duckte sich der unsägliche Lindner am Wahlabend weg, als wäre die FDP im Osten nicht auch seine Partei, und sah keinen Änderungsbedarf. Auch hier hat es der eigenwillige Weltverbesser es nicht so mit der Wahrheit. Tatsächlich verdanken die Liberalen ihre Niderlage weitgehend dem der intellektuellen Leere und der Flucht aus Verantwortlichkeit. In Leipzig bildet sich allmählich eine kleine Start-up-Szene, sowohl Studenten als auch Uniabsolventen machen sich in den kernsanierten In- Vierteln breit. Während in Berlin die Bedingungen für Jungunternehmer zunehmend hart und die Mietpreise sehr hoch werden, bildet die Messestadt so etwas wie ein Biotop für Kleinberliner. Diese Gruppierung, die Christian Lindner gerade im Wahlkampf 2017 als Zielgruppe ansprechen wollte, zeigt der FDP die kalte Schulter. Ähnlich sieht es in Dresden aus. FDP-nahe Schichte, sie gehen der Partei rapide aus.
Wer sich dem Programm der Partei zuwendet, erhält mehr pastellgetränkte Zukunftsvorstellungen als bei anderen Parteien. Nicht zuletzt macht dies die Gelben so anziehend für, meist alte, Ideologen. Doch das Problem ist nicht neu: Menschen werden älter und aus Ideologen werden mit der steigenden Zahl an Altersringen tot. Solche Parteien müssen stets neuen Nachwuchs für die Wahlurne rekrutieren, auch da zeigen sie Parallelen zu anderen fundamentalistischen Organisationen. Dies gelingt der FDP aber immer weniger.
Im Kapitel Energie heißt es, die Umstellung auf 100% Erneuerbare sei völlig unmöglich und sowieso zu teuer, deswegen müsse man hinnehmen, dass der Planet untergeht. Schon eine solche Passage atmet den stinkenden Geruch des politischen Absolutismus. Die sinkenden Investitionen in Windkraftanlagen, die flächenmäßige Limitierung von Biogas sprechen schon heute eine andere Sprache. Und vor Ort, in den Gemeinden, sind Liberale nicht als Förderer der irgendwelcher regenerativer Energien aufgefallen. Bekannt sind sie als deren Verhinderer. Dennoch klingt es im Programm richtig gut, nur darf man dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Wolfgang Kubicki nicht zu genau zuhören, wenn dieser der Ausweitung des Klagerechts von umweltzerstörendne Unternehmen in aller gebotenen Vehemenz eine Zusage erteilt. Die Finanzkrise, die fehlenden Investitionen und die stockende Energiewende sind einzig das Ergebnis fehlender Subventionen und falscher Weichenstellungen in der Ära Westerwelle. Soviel Selbstgerechtigkeit ist schon frech.
Das zweite Megathema unserer Zeit wird mit einer Unwahrheit eingeleitet. Bei der Flüchtlingskrise liegt den Liberalen am Herzen, keine Flüchtlinge aufzunehmen, ohne sich die feingliedrigen und nicht an echte Arbeit gewöhnten Hände schmutzig zu machen. Ein Einhalten von internationalen Flüchtlingskonventionen oder gar EU-Recht wird als irrelevant betrachtet. Am Ende geht es, wie das Programm bekennt, bei einem Einwanderungsgesetz vor allem um die Interessen der Arbeitgeber. Verschämt wird nachgeschoben: auch Deutschlands. Dennoch sind die Prioritäten klar. Explizit möchten die Liberalen die ohnehin schon harte Konkurrenz im Bereich der geringfügigen Beschäftigung erhöhen, wenn ausgewählte Zuwanderer zuerst ihr Geld mit Aushilfstätigkeiten verdienen und Barrieren für den Zugang in gering entlohnte Beschäftigungsverhältnisse beseitigt werden sollen.
Dagegen spielt Menschlichkeit scheinbar keine Rolle. Klar, Menschen flüchten aus ihren Ländern und nehmen Tod und Sklaverei in Kauf, um hier Hartz-IV beziehen zu können. Da spricht die Realität eine völlig andere Sprache.
In der Klimapolitik verfolgen die Liberalen keinen Plan, und das ist wörtlich zu nehmen. Ein Klimaschutzgesetz wird niemals kommen. Jeder Versuch der Rettung des Klimas wird wahrscheinlich als Volks-, pardon Wirtschaftsverrat mit mindestens 5 Jahren Haft geahndet. In der Wahl der Mittel geben die Steuerhinterzieherschützer jedenfalls eher der Strafe in Form einer verringerten Nachzahlung als der effizienten Vorbeugung durch Kontrollen der bereits vorhandenen Regulierungen Vorzug. Umweltpolitik a’la Gelb folgt gerne dem altehrwürdig religiösen Grundsatz: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt.“ Den Emissionshandel selbst will man keinesfalls gestalten, getreu der Vorgabe: die Wirtschaft darf es nichts kosten. Dass solch großzügige Selbstbeschränkung das ganze Unterfangen völlig ad absurdum führt – wir reden immerhin von der Verteuerung klimaschädlichen Handelns: geschenkt. Was Markt und Freiheit bedeuten, weiß ohnehin kein Gelber. Denen ist viel klarer, wie man seine Privilegien politisch verteidigt und sich danach fürstlich von den Profiteuren entlohnen lässt. Und jene, die Wissen haben, sind in einer anderen Partei.
In Steuerfragen interessiert die Wirtschaftsverbesserer vor allem, was die Superreichen zahlen müsse, weniger was einer faire Lastenverteilung entspricht. Und über zehn Jahre nach der großen Finanzkrise interessiert vor allem die Sorge, dass die Verursacher angemessen an den Folgekosten beteiligt werden könnten. Für die FDP fing die Finanzkrise wahrscheinlich in Griechenland an, aber da ist das Papier äußerst vage. Spiegelbildlich zur beneideten AfD möchten die Liberalen vor allem die Reichen fördern. Damit das Geld auch bei den Gemeinten, solchen mit (gewaltigem) Vermögen, ankommt, werden nicht nach dem Vorbild Frankreichs hart arbeitende und hoch besteuerte Familienväter und –mütter unterstützt, sondern der Schwerpunkt auf jene gelegt, die das Ziel ihres Lebens außerhalb der regulären Erwerbsarbeit sehen. Rassismus kommt halt in verschiedenen Gewändern daher.
Steuergeschenke, die große Blockade, Verantwortungsflucht und ideologische Verblendung. Das ist die Welt der Gelben. Blockaden sind die Welt dieser Partei, die mit Freiheit nicht wirklich etwas am Hut hat. Die Vorstellungen folgen einem religiösen Eifer, auszuschließen bis hin zu vernichten dessen, was ungewünscht erscheint. In dieser gelben Money-Money-Welt ist kein Platz für andere Ansichten, alternative Wege und Lebensmodelle.
Wer nicht nach dem Plan lebt, schädigt bereits andere. Und wenn es das Steigenlassen eines Luftballon ist.
Schau her, einen Riesenartikel voller Beleidigungen gegenüber einem politischen Kontrahenten voller Übertreibungen, Unterstellungen, Vitriol, Hass und aus dem Zusammenhang gerissenem Bullshit schreiben kann ich auch.