Geistnatur und die neun Wege

Wenn wir diese grundlegende Buddha-Natur untersuchen, die essentielle Natur aller lebenden Wesen, kommen wir zum Verständnis, dass sie vollkommen offen ist. Sie ist ein vibrierendes Nichts: Leerheit. Ihre Eigenschaft ist natürliche Lichtheit. Es ist bloße Lichtheit oder Klar-Licht. Wenn jemand versteht, dass sie offen und strahlend klar ist, dann erfährt man mit reinem Gewahrsein ihre mitfühlende Qualität, die alles durchdringend ist. Dies ist die Eigenschaft von Rigpa, reinem Gewahrsein. Auf diese Weise sind die drei – Offenheit, Klarheit und Mitgefühl – wirklich eins. Obwohl sie als drei dargestellt werden, sind sie nur die eine grundlegende Buddha-Natur an sich. Dies ist der Zustand von Buddha, das ist Buddha, weshalb dies auch Buddha-Natur genannt wird. Samsara ist ein Zustand von Verwirrung und falschem Gewahrsein. Der Fehler – der eigentlich die zyklische Existenz bewirkt, die Erfahrung eines Wesens, ein fühlendes Wesen anstatt ein Buddha zu sein – entsteht, wenn wir vergessen, diese Natur zu erkennen. In diesem Zustand des Gewahrseinsmangels begründen wir ein Objekt-Gewahrsein; wir erschaffen Objekte: äußere Phänomene.

Um die Natur des Geistes speziell darzustellen, wird der Vergleich mit dem Raum herangezogen. Der Geist ist wie der Raum, weil Raum hat keine Form, keine Farbe und keine Merkmale. Er ist gänzlich frei von jeglichen Bedingungen oder Merkmalen. Auf diese Weise bietet das Beispiel vom Raum einen brauchbaren Vergleich, um die Natur des Geistes zu veranschaulichen, aber es gibt noch andere Aspekte des Geistes – seine strahlende Klarheit und sein ungehindertes Mitgefühl – welche der Raum nicht notwendigerweise aufweißt. Wenn wir keine klare Verwirklichung oder klares Verständnis von der Natur des Geistes haben, dann haben wir eine Verwirrung. Wenn auch nur der kleinste Funken von Verwirrung besteht, dann begründen wir in dieser Verwirrung objektive Erscheinungen und das ist der Mangel, die wahre Natur des Geistes als die leere Eigenschaft des Geistes zu realisieren. Wenn wir uns der Lichtheit nicht gewahr sind, der natürlichen Klarheit des Geistes, sehen wir nicht den Ausdruck der erleuchteten Präsenz – Kayas und uranfängliche Weisheitsenergien – besonders die fünf uranfänglichen Weisheiten, wie sie erscheinen. Wenn wir uns dessen nicht gewahr sind als den inhärenten Ausdruck der leeren Natur, begründen wir ein äußeres Universum und die fühlenden Wesen, die belebten Geschöpfe darin. Wenn wir die ungehinderte mitfühlende Natur nicht verwirklichen, dann führt das zu Ansichten darüber. Auf diese Weise entstehen objekthafte Erscheinungen, besonders fühlende Wesen und Ansichten. Diese drei: Objekte (oder Erscheinungen), (körperliche) Formen und Ansichten sind die verwirrte Interpretation der Natur des Geistes, welche Leerheit, Klarheit und Mitgefühl ist. Daher erscheint Samsara daraus, was tatsächlich schon befreit ist, was die Buddha-Natur ist. Aufgrund der Verwirrung, dem Mangel an Gewahrsein, begründen wir Samsara im Gewahrsein der Natur des Geistes an sich.

Diese Belehrungen zur Natur des Geistes wurden von Gyatrul Rinpoche gegeben. Vom 4. – 15. Aug. 2011 findet im Dharma-Zentrum Lhundrub Chodzong (A-8591 Maria Lankowitz, Stadionstraße 6) das Ngakpa-Sommerretreat mit Lopon Ogyan Tanzin Rinpoche statt. Dabei gibt es auch Dzogchen-Belehrungen. Nähere Infos & Anmeldung: www.lhundrub.at


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