Stereolab “Not Music” (Pias)
Nachdem Laetitia Sadier vor einiger Zeit ja schon die Früchte ihrer Soloarbeit als eher zurückhaltendes, ruhiges und sehr privates Werk den Mitmenschen präsentierte, zieht nun das Kollektiv nach: Stereolab, seit 1990 nahezu ununterbrochen im Dienste des Postrock unterwegs, bringen dieser Tage mit “Not Music” trotz aller kolportierten Schaffenspausen und Kreativknicke ihr zwölftes Studioalbum unters neugierige Volk. Dabei ist der Titel des Werkes im Vergleich zu früheren Veröffentlichungen erstaunlich knapp und geradezu schroff gehalten, hatte man sich doch in den vergangenen Jahren an solch liebenswerte Wortungetüme wie “Transient Random Noise Bursts With Announcements“ (93), „Music For The Amorphous Body Study Center“ (95), „Cobra and Phases Group Play Voltage in the Milky Night“ (99) oder wenigstens „Emperor Tomato Ketchup“ (96) gewöhnt – jetzt also reines Understatement.
Musikalisch hat sich, wen wunderts, zum Vorgänger „Chemical Chords“ nicht wirklich viel geändert, stammt doch ein Großteil der Titel im Rohzustand aus den Jahren 2007 und 2008 und somit aus dem gleichen Pool. Sadiers zweisprachiger, warmer Singsang, umrahmt von lebendiger und lässiger Tanzmusik, süße Melodien, viel Blech, teilweise sogar im Bigband-Format – über die ersten vier, fünf Titel (Everybody’s Wired ..., Supah Jaianto, So Is Cardboard Clouds, etc.) meint man, sich auf die aktuelle Belle & Sebastian verirrt zu haben, so schwungvoll und liedhaft wirkt das Ganze. Erst nach einem druckvollen, instrumentalen Intermezzo (Equivalences) schmeißt die Band beim zehnminütigen „Silver Hands“ das analoge Equipment erstmals aus dem Studio und macht den vollverkabelten Track so zur höchsteigenen „Autobahn“ – die deutschen Vorbilder winken mit dem kompletten Gartenzaun und Stereolab bringen ihre berühmt-berüchtigte und nach wie vor erstklassige Hypnose-Nummer zur Aufführung.
Die Fortsetzung der „One Finger Symphony“ von „Chemical Chords“, jetzt natürlich mit einem Finger mehr, ist weniger chansonhaft und weich gehalten, das Piano hämmert unnachgiebig ins Gehör. Die luftige Verspieltheit der ersten Songs ist ohnehin ein wenig verloren gegangen, auch das Folgende wirkt etwas unentschieden, zerfahren und deutlich experimentierfreudiger. Bei „Delugeoisie“ gibt’s gegen Ende reichlich Getrommel, wo „Sun Demon“ hektisch pluckert, schleppt sich „Aelita“ stellenweise etwas schwer über die Zeit.
Am Ende noch zwei aufgepimpte Nachzügler aus dem vorangegangenen Album – wirklich gebraucht hätte es die Remixe von „Molecular Pop“ und „Neon Beanbag“ allerdings nicht. Ein gutes, wenn auch streitbares Album also, gut, wo die Band den gewohnten Weg fortsetzt oder alte Stärken wiederaufleben läßt, streitbar da, wo die eigene Unsicherheit allzu deutlich zu spüren ist oder der Menge wegen aufgefüllt wird. Ein wenig frisches Material, meint man, könnte auf Dauer nicht schaden...
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