Ich wurde vorkurzem wieder einmal gefragt: „Was meinst du? Gehört der Islam zu Deutschland?“ Bei genau dieser Frage könnte ich explodieren. Daher betastete ich meinen Körper nach Sprengstoff, fand jedoch keinen vor. Denn eigentlich dachte ich, dass diese mühselige Debatte schon hinter uns lag. Ich sprach ein Gebet und antwortete etwas gelassener: „Ja, aber natürlich.“ Er erwiderte: „Wie kannst du das behaupten? Ein etwas älterer Mann mit Brille, Doktortitel und rotem Buch sagt da etwas anderes!“ Mir fiel prompt das Zitat ein: „Bildung muss nicht unbedingt zu Weisheit führen“ (Zhuangzi, chinesischer Philosoph). Nun hoffte ich damit zu punkten. Da fiel ihm das Zitat ein: „Ein Zitat ist besser als ein Argument. Man kann damit in einem Streit die Oberhand gewinnen, ohne den Gegner überzeugt zu haben“ (Gabriel Laub, Schriftsteller). Er klopfte mir auf die Schulter, lächelte und sagte: „Gut gemacht!“. Ich stand nur da und fühlte mich dreckig. Als hätte ich gerade ein ganzes Buch geschrieben und in die Bestsellerlisten Deutschlands katapultiert.Leeres, oberflächliches Gerede. Das was ich aus diesem kurzen Gespräch lernte war, dass man zwar antworten auf bestimmte Fragen haben möchte, sich aber gerne mit weniger zufrieden gibt, da es schlicht und einfach viel bequemer ist als mühseliges Forschen, Verstehen und das Hineinversetzen in die Perspektiven anderer. Oft zählen keine Argumente, sondern schöne Phrasen, die die Emotionen in Schwung bringen und unentdeckte Leidenschaft entstehen lassen. So auch bei der Debatte um die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland.
Ein kurzer Rückblick: Ausgangssituation zur Entstehung dieser Fragestellung waren die harschen Worte des Bundesinnenministers Hans-Peter-Friedrich (CSU). Kurz nach dem Erhalt der Ernennungsurkunde sah er sich nämlich genötigt, sofort klarzustellen, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, denn es sei „eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen“ lasse. Mit dieser Aussage distanzierte er sich von der Feststellung des Bundespräsidenten Christian Wulff, dass neben dem Christentum und dem Judentum auch der Islam inzwischen zu Deutschland gehöre. Nun war es gewiss angesichts der Wählerflucht aus der Union ein schlauer Schachzug durch die Ablehnung der Worte Wulffs, die unschätzbar große Sarrazin-Klientel an sich zu binden. Gegenstimmen seitens der Opposition bezweifelten jedoch das Gesellschaftverständnis des Innenministers, denn er gestehe zwar Menschen muslimischen Glaubens zu, ein Teil Deutschlands zu sein. Im gleichen Atemzug erkläre er aber, dass der Islam aus historischen Gründen nicht dazu gehören würde. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert sprang dem Innenminister unterstützend zur Seite und wies auf die von der Aufklärung geprägte jüdisch-christliche Kultur Geschichte hin, die auf keine historische Prägung durch den Islam hindeute. Gleicherweise meldete sich CDU-Generalsekretär Volker Kauder zu Wort, indem er sagte: "Unsere Werteordnung, zu der auch die Religionsfreiheit gehört, müssen wir erhalten. Der Islam kann diese Werteordnung nicht bestimmen" und „der Islam hat unsere Gesellschaft nicht geprägt und prägt sie auch heute nicht.“ Ungeachtet der, von dem einen oder anderen Politiker angemerkten sprachlichen Ungenauigkeit, des Bundespräsidenten, bleibt ebenso zu bezweifeln, ob es überhaupt die Aufgabe der Politiker sei, eine Religion ein- oder auszubürgern. Die Folge ist, dass jeder versucht, diese Frage auf seine Weise zu beantworten: gesellschaftlich, kulturell oder historisch.Indes fragen sich die Wenigsten, warum überhaupt solche Fragen gestellt werden. Oder haben Sie schon mal diese Frage gehört: Gehört der Motor zum Fahrzeug? Aus historischer Sicht natürlich nicht, da es ihn nicht schon immer gab! Aber Fakt ist doch, dass aus heutiger Sicht ein motorisiertes Fahrzeug für unsere Gesellschaft essentiell ist. Das „die“ und „wir“ Denken bringt uns dazu, dass wir uns diese Frage stellen. Ohne in Betracht zu ziehen, welche Folgen diese Aussagen auf die Integration von Muslimen in Deutschland haben könnten, versucht man Antworten auf eine nebulöse Frage zu finden. Derweil kriechen selbsternannte Wächter der Säkularismus aus dem Untergrund, um den Staat vor der „schleichenden Islamisierung“ zu schützen und den Angriff auf die Werteordnung abzuwehren. Als Schutzschild gilt die „jüdisch-christliche Tradition“. Genau dieser Bindestrich wird häufig durch diverse Experten, Politiker und Journalisten als Abgrenzungsmittel zum ganz und gar bindestrich-untauglichen Islam eingesetzt. Hymnen der Pseudo-Experten ertönen: „Im Koran steht dies, der Islam sagt jenes, die Scharia befiehlt dieses!“ Hierbei wird vergessen, wie komplex islamische Traditionen sind und wie verschieden sie gelebt werden. Stattdessen landet man auf dem Kampfplatz der öffentlichen Debatte immer wieder bei Terrorismus, Ehrenmord, Zwangsheirat, Frauenunterdrückung und verweist stets auf die drohende Kapitulation „unserer Kultur“. Die Gäste-Sessel der Talkshows werden längst für selbsterkorene Repräsentanten der "schweigendenMehrheit" wie Sarrazin, Broder oder Ulfkotte besetzt gehalten. Die Gegenseite: Muslime, die extreme Positionen vertreten wie Pierre Vogel, sind gerngesehene Diskussionspartner. Es soll ruhig unruhig bleiben, um unterhaltungsfähig zu bleiben. Wer will denn schon eine Verharmlosung des Islams durch "moderate" Meinungen? Das Produkt dieser Debatten ist oft, dass bestimmte gesellschaftliche Probleme muslimifiziert werden. So in etwa bei dem Thema "Jugendkriminalität", wo versucht wird kriminelle Handlungen an gewisse religiösen Überzeugungen zu knüpfen. Es folgt die Behauptung: „Je religiöser, desto krimineller“, obwohl der Islam kriminelle Aktivitäten strengstens verbietet. Eine scheinbar unsichtbare Mehrheit der Muslime sieht hingegen den Koran als Quell für Frieden und Weisheit. Denn der Koran lehrt ihrer Meinung nach auch: "Wenn jemand einen Menschen tötet, so soll es sein, als hätte er die ganze Menschheit getötet" (5:33). Auch verschiedene Verse des Koran und Aussprüche des Propheten Muhammad lassen keinerlei Raum für religiös motivierte Selbstmord-Attentate. Denn nur Gott habe nach der islamischen Lehre das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden. Bei dem Thema "Frauenunterdrückung" ergreifen einige Islamkritikerinnen und Bestseller-Autorinnen das Wort und bereichern die Debatte um einige ihrer emotionsbeladenen Aussagen. Serap Çileli, die beispielsweise einwirft „Toleranz tötet muslimische Frauen!“, Necla Kelek, die bemerkt "Kopftuch ist für mich Körperverletzung", Seyran Ates, für die das Kopftuch "gesellschaftliche Unterordnung der Frau unter die Herrschaft des Mannes" bedeutet. Alles Bekenntnisse von Ex-Muslimen, die gewiss Zeuginnen grausamer Unterdrückung geworden sind, jedoch pauschal urteilen, indem sie fordern, dass der Islam in die Schranken gewiesen werden müsse, da er gefährlich sei. Die gesellschaftliche Reaktion ist, dass bestimmte Phänomene als weitverbreitet aufgefasst und traditionell bedingte Praxen wie Zwangsheirat und Ehrenmorde mit dem Begriff „Islam“ assoziiert werden. Genau diese altertümlichen Traditionen werden den Menschen aus islamischen Kulturkreisen zugeschrieben. Der Prophet Muhammad verbot jedoch diese Praxis strikt und annullierte selbst zu seinen Lebzeiten auf Zwang basierende Ehen. Auch die so oft mit dem Islam verbundene unterdrückerisch Behandlung der Frau wird durch eine Aufforderungen des Propheten an die Männer: „Der Beste unter euch ist derjenige, der seine Frau am besten behandelt und ich bin ein Vorbild in der Behandlung meiner Familie“ einhalt geboten. Wer soll denn eigentlich die Deutungshoheit über die islamische Lehre innehaben? Sollten es die "Islamkritiker" sein? Oder irgendwelche politischen Instanzen? Soll man den Islam verbieten, da er eine Gefahr darstellt? Es ist doch kein Atomkraftwerk, das man einfach so abschalten könnte. Es geht doch um die Köpfe der Menschen, die beeinflusst werden durch Werte, die sie möglicherweise für islamisch halten. Hilfreicher wäre es doch, aufklärerisch zu wirken und die Deutungsmöglichkeiten islamischer Quellen aufzuzeigen, um für die aufgeklärte Version werben zu können.
"Das Christentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christliche-jüdische Tradition. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.
Ein kurzer Rückblick: Ausgangssituation zur Entstehung dieser Fragestellung waren die harschen Worte des Bundesinnenministers Hans-Peter-Friedrich (CSU). Kurz nach dem Erhalt der Ernennungsurkunde sah er sich nämlich genötigt, sofort klarzustellen, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, denn es sei „eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen“ lasse. Mit dieser Aussage distanzierte er sich von der Feststellung des Bundespräsidenten Christian Wulff, dass neben dem Christentum und dem Judentum auch der Islam inzwischen zu Deutschland gehöre. Nun war es gewiss angesichts der Wählerflucht aus der Union ein schlauer Schachzug durch die Ablehnung der Worte Wulffs, die unschätzbar große Sarrazin-Klientel an sich zu binden. Gegenstimmen seitens der Opposition bezweifelten jedoch das Gesellschaftverständnis des Innenministers, denn er gestehe zwar Menschen muslimischen Glaubens zu, ein Teil Deutschlands zu sein. Im gleichen Atemzug erkläre er aber, dass der Islam aus historischen Gründen nicht dazu gehören würde. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert sprang dem Innenminister unterstützend zur Seite und wies auf die von der Aufklärung geprägte jüdisch-christliche Kultur Geschichte hin, die auf keine historische Prägung durch den Islam hindeute. Gleicherweise meldete sich CDU-Generalsekretär Volker Kauder zu Wort, indem er sagte: "Unsere Werteordnung, zu der auch die Religionsfreiheit gehört, müssen wir erhalten. Der Islam kann diese Werteordnung nicht bestimmen" und „der Islam hat unsere Gesellschaft nicht geprägt und prägt sie auch heute nicht.“ Ungeachtet der, von dem einen oder anderen Politiker angemerkten sprachlichen Ungenauigkeit, des Bundespräsidenten, bleibt ebenso zu bezweifeln, ob es überhaupt die Aufgabe der Politiker sei, eine Religion ein- oder auszubürgern. Die Folge ist, dass jeder versucht, diese Frage auf seine Weise zu beantworten: gesellschaftlich, kulturell oder historisch.Indes fragen sich die Wenigsten, warum überhaupt solche Fragen gestellt werden. Oder haben Sie schon mal diese Frage gehört: Gehört der Motor zum Fahrzeug? Aus historischer Sicht natürlich nicht, da es ihn nicht schon immer gab! Aber Fakt ist doch, dass aus heutiger Sicht ein motorisiertes Fahrzeug für unsere Gesellschaft essentiell ist. Das „die“ und „wir“ Denken bringt uns dazu, dass wir uns diese Frage stellen. Ohne in Betracht zu ziehen, welche Folgen diese Aussagen auf die Integration von Muslimen in Deutschland haben könnten, versucht man Antworten auf eine nebulöse Frage zu finden. Derweil kriechen selbsternannte Wächter der Säkularismus aus dem Untergrund, um den Staat vor der „schleichenden Islamisierung“ zu schützen und den Angriff auf die Werteordnung abzuwehren. Als Schutzschild gilt die „jüdisch-christliche Tradition“. Genau dieser Bindestrich wird häufig durch diverse Experten, Politiker und Journalisten als Abgrenzungsmittel zum ganz und gar bindestrich-untauglichen Islam eingesetzt. Hymnen der Pseudo-Experten ertönen: „Im Koran steht dies, der Islam sagt jenes, die Scharia befiehlt dieses!“ Hierbei wird vergessen, wie komplex islamische Traditionen sind und wie verschieden sie gelebt werden. Stattdessen landet man auf dem Kampfplatz der öffentlichen Debatte immer wieder bei Terrorismus, Ehrenmord, Zwangsheirat, Frauenunterdrückung und verweist stets auf die drohende Kapitulation „unserer Kultur“. Die Gäste-Sessel der Talkshows werden längst für selbsterkorene Repräsentanten der "schweigendenMehrheit" wie Sarrazin, Broder oder Ulfkotte besetzt gehalten. Die Gegenseite: Muslime, die extreme Positionen vertreten wie Pierre Vogel, sind gerngesehene Diskussionspartner. Es soll ruhig unruhig bleiben, um unterhaltungsfähig zu bleiben. Wer will denn schon eine Verharmlosung des Islams durch "moderate" Meinungen? Das Produkt dieser Debatten ist oft, dass bestimmte gesellschaftliche Probleme muslimifiziert werden. So in etwa bei dem Thema "Jugendkriminalität", wo versucht wird kriminelle Handlungen an gewisse religiösen Überzeugungen zu knüpfen. Es folgt die Behauptung: „Je religiöser, desto krimineller“, obwohl der Islam kriminelle Aktivitäten strengstens verbietet. Eine scheinbar unsichtbare Mehrheit der Muslime sieht hingegen den Koran als Quell für Frieden und Weisheit. Denn der Koran lehrt ihrer Meinung nach auch: "Wenn jemand einen Menschen tötet, so soll es sein, als hätte er die ganze Menschheit getötet" (5:33). Auch verschiedene Verse des Koran und Aussprüche des Propheten Muhammad lassen keinerlei Raum für religiös motivierte Selbstmord-Attentate. Denn nur Gott habe nach der islamischen Lehre das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden. Bei dem Thema "Frauenunterdrückung" ergreifen einige Islamkritikerinnen und Bestseller-Autorinnen das Wort und bereichern die Debatte um einige ihrer emotionsbeladenen Aussagen. Serap Çileli, die beispielsweise einwirft „Toleranz tötet muslimische Frauen!“, Necla Kelek, die bemerkt "Kopftuch ist für mich Körperverletzung", Seyran Ates, für die das Kopftuch "gesellschaftliche Unterordnung der Frau unter die Herrschaft des Mannes" bedeutet. Alles Bekenntnisse von Ex-Muslimen, die gewiss Zeuginnen grausamer Unterdrückung geworden sind, jedoch pauschal urteilen, indem sie fordern, dass der Islam in die Schranken gewiesen werden müsse, da er gefährlich sei. Die gesellschaftliche Reaktion ist, dass bestimmte Phänomene als weitverbreitet aufgefasst und traditionell bedingte Praxen wie Zwangsheirat und Ehrenmorde mit dem Begriff „Islam“ assoziiert werden. Genau diese altertümlichen Traditionen werden den Menschen aus islamischen Kulturkreisen zugeschrieben. Der Prophet Muhammad verbot jedoch diese Praxis strikt und annullierte selbst zu seinen Lebzeiten auf Zwang basierende Ehen. Auch die so oft mit dem Islam verbundene unterdrückerisch Behandlung der Frau wird durch eine Aufforderungen des Propheten an die Männer: „Der Beste unter euch ist derjenige, der seine Frau am besten behandelt und ich bin ein Vorbild in der Behandlung meiner Familie“ einhalt geboten. Wer soll denn eigentlich die Deutungshoheit über die islamische Lehre innehaben? Sollten es die "Islamkritiker" sein? Oder irgendwelche politischen Instanzen? Soll man den Islam verbieten, da er eine Gefahr darstellt? Es ist doch kein Atomkraftwerk, das man einfach so abschalten könnte. Es geht doch um die Köpfe der Menschen, die beeinflusst werden durch Werte, die sie möglicherweise für islamisch halten. Hilfreicher wäre es doch, aufklärerisch zu wirken und die Deutungsmöglichkeiten islamischer Quellen aufzuzeigen, um für die aufgeklärte Version werben zu können.