Gehen oder bleiben? - Demokraten in der AfD kommen ins Grübeln

Von Georg Schramm stammt der Witz, einige SPDler der alten Schule hätten jetzt eine AG "Sozialdemokraten in der SPD" gegründet.
Einigen ernüchterten AfD Mitgliedern könnte es deshalb in den Sinn kommen, eine AG "Demokraten in der AfD" zu gründen. Denn allmählich hapert es daran.
Mich haben die Medienberichte und Anwürfe, die AfD sei eine rechtsextremistische Partei lange genervt. Man kann schnell eine Bunkermentalität bekommen, wenn sich andere nicht mit den eigenen politischen Positionen und Forderungen befassen, sondern a prio ad acta legen, weil das was von der Mehrheit abweiche, ja "rechts" sein müsse. Als "rechts", so schloss ich daraus, gilt dann bald jeder, der es wagt, sich mit seinen Angelegenheiten zu befassen. Z. B. dem Risiko eines Zusammenbruchs des Euro, einer Vergemeinschaftung von Bankschulden usw. Wer die auf Zypern verzockten Gasoligarchen nicht retten will, der ist "rechts". Und gegen den Frieden.
Vor zehn Jahren galt die Linkspartei als links"populistisch", jetzt eben die AfD als rechts"populistisch". Dabei passte diese Diffamierung nie so schlecht wie z. B. bei Herrn Lucke. Herr Lucke redet nicht populistisch, er analysiert und redet sich den Mund fusselig. Um seine Geduld mit z. B. einer Viviane Reding, habe ich ihn oft beneidet.
Aber immer wieder und immer öfter sorgte Lucke auch bei mir für Stirnrunzeln. Ab irgendeinem Moment redete und schrieb er plötzlich anders. Mit Bunkermentalität. "Entartete Demokratie", "Zersetzung" - das waren nicht mehr die Worte, mit denen man Lucke einst kennen gelernt hat. Das waren irgendwann auch keine Versprecher mehr.
Streng vermied er es, mit der Basis die Diskussion zu suchen. Er bevorzugte "Rundschreiben", auf denen stets drüber stand: "Bitte nicht antworten".
Noch eine Falte mehr bildete sich auf meiner Stirn, wenn ich immer wieder las, die AfD sei weder rechts noch links, sondern dem "gesunden Menschenverstand" verpflichtet. Vorsicht vor Leuten, die sich objektiv geben, oder gar im Besitz der Wahrheit.
Wer sich politisch nicht verorten lassen will, der könnte im Kern unpolitisch sein, oder undemokratisch. Sei es, weil ihm das Demokratische irgendwann lästig wurde, oder es grundsätzlich ablehnt..
Jedenfalls haben es inzwischen Leute in seine Nähe geschafft, die mit innerparteilicher Demokratie überhaupt nichts am Hut haben, sondern konsequent die demokratisch gewählten Strukturen außer Kraft setzen und durch eigene phantasievolle Schattenstrukturen ersetzen.
So hat die AfD Berlin inzwischen zwei gewählte Vorstandssprecher weniger, dafür zwei Kooptierte mehr. Gewählte wurden weggeekelt, genehmere dafür "ernannt" (kooptiert). Das Internetforum wird inzwischen von einem Mitglied moderiert, dass sich allen ernstes damit kund tat, Kritik am Vorstand sei fortan nicht mehr im Forum vorzubringen, sondern direkt auf der Geschäftsstelle persönlich. Quasi bei einer Audienz. Wer mit dem Zensor nicht einverstanden ist, soll sich an einen "Ethikrat" wenden. Weder Moderator noch die Mitglieder dieses Ethikrates wurden gewählt, sie wurden vom Vorstand ernannt.
Flugs organisierte sich die innerparteiliche Opposition. Gerade in Berlin gibt es immer noch Leute, bei denen sofort die Warnlampen angehen, wenn es undemokratisch wird. Es gründeten sich Bezirke und sie begannen politisch zu arbeiten.
Denn auch das kann man im Berliner Verband nicht: Der Landesvorstand verweigert die Einberufung eines Parteitages mit der unfassbaren Begründung, so etwas koste zu viel Geld.
Und so ist die programmatische Arbeit liegen geblieben. Der wahre Grund für die Verweigerung ist die Angst, auf einem Parteitag abgewählt zu werden. Wer seiner eigenen Basis schon nach einem halben Jahr solche eine Paranoia aufbringt, hätte nie in eine Partei eintreten dürfen.
Die AfD ist in Berlin, und anderen Landesverbänden, nicht in rechtsextremen politischen Positionen angekommen, sondern in autoritären Strukturen. Mehrere Vorstandszusammensetzungen verstoßen offenbar gegen das Parteiengesetz. Funktionäre markieren interne Kritiker als "Problem" und wollen die "Spreu vom Weizen" trennen.
So wird das sicher nichts werden mit dem Anlauf zur Europawahl.

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