Gegen sog. kommissarische Reichsregierungen und persönliche Selbstverwaltungen

Vor einiger Zeit sagte mir jemand, der sich in den neuen Bewegungen “occupy” und “echte Demokratie jetzt” engagiert, dass es dort einige Sympathie für die Idee der sogenannten “Selbstverwaltungen” gebe. Es handelt sich dabei um rechte Demagogen, die aus einem Bundesverfassungsgerichtsurteil, einem Konferenzprotokoll, der Wortdefinition eines Gesetzes und einer UN-Generalversammlungsresolution herleiten, dass das deutsche Reich nie untergegangen ist, dass die Bundesrepublik nicht mehr existiert, dass es keine staatlichen Behörden mehr gibt, dass die UNO jedem erlaube, in einem solchen Fall Hoheitsgewaltt auszuüben, und dass darum jeder jetzt die deutsche Reichsregierung spielen kann. Erstens muss man dann keine Steuern an die ungeliebte Bundesrepublik zahlen, zweitens kann man sich lauthals Hitler-Deutschland zurück wünschen. Neuester Schrei ist die Behauptung, die BRD sei eine GmbH, nur weil es eine Firma dieses Namens gibt, die dem Bund gehört. Da es in den neuen Bewegungen wie gesagt einige Liebäugelei mit diesem Gedankengut zu geben scheint, habe ich hier mal Texte und Quellen zusammengefasst, die ich einst für eine Debatte in einer geschlossenen Mailingliste erstellt habe. Da ich die Quellentexte in den Text eingefügt habe und ich das ganze jetzt veröffentlichen will, finden sich im folgenden Text keine Links, sondern Zitate. Er ist etwas kompliziert und nicht gut strukturiert, weil er aus mehreren selbstständigen Texten entstand. Ich hoffe aber, dass er als Argumentationshilfe gegen das rechte Gedankengut in den neuen Sozialbewegungen hilfreich ist.

Fangen wir mit der Frage an, die schon im Vorhinein eigentlich alles klar
macht: Ist das deutsche Reich untergegangen oder nicht?

Am 8. Mai 1945, oder genauer am 7. und 9. Mai, kapitulierten alle deutschen
Streitkräfte auf Befehl des deutschen Staatsoberhauptes und
Oberbefehlshabers, Großadmiral Karl Dönitz, gegenüber dem Oberbefehlshaber
der Alliierten Expeditionsstreitkräfte und gleichzeitig gegenüber dem
Oberkommando der roten Armee. Sie verpflichteten sich, alle Weisungen der
Alliierten wortgetreu auszuführen. Gemäß der damaligen Rechtslage ließ Karl
Dönitz die entsprechende vertraglich bindende Erklärung sowohl in Reims, als
auch in Berlin unterzeichnen. Am 5. Juni übernahmen in Übereinstimmung mit
dieser Kapitulationsurkunde die Aliierten die “oberste gesetzgebende,
vollziehende und richterliche Gewalt in ganz Deutschland”. Das deutsche
Reichsgebiet bestand offiziell zu diesem Zeitpunkt aus der späteren BRD, der
späteren DDR, dem Saarland, Schlesien, Ostpreußen, Vorbrandenburg, der
früheren freien Stadt Danzig, dem sogenannten Memelland und dem Sudetenland.
Österreich hatte sich bereits ende April wieder für selbstständig erklärt und war international anerkannt worden. Allerdings, und darauf bitte ich zu achten, waren Memelland, Sudetenland und Danzig am 31. Dezember 1937 noch gar keine Teile Deutschlands. Die
Entscheidung darüber, welches Gebiet zu einem Staat gehört, wird übrigens in
99 % aller Fälle nur mittelbar durch das Staatsvolk entschieden, nämlich
durch seine Vertreter.

In der Konferenz von Potsdam beschlossen die Siegermächte, dass deutschland
als Ganzes in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 von den Alliierten verwaltet
und dazu in Besatzungszonen aufgeteilt werden sollte. Die endgültige
Regelung in Bezug auf Deutschland wurde einem späteren Friedensvertrag
vorbehalten. Das deutsche Reich bestand als Völkerrechtssubjekt also fort,
entfaltete aber keine Staatsgewalt mehr. Dies ist unstrittig.

Dann die Entstehung der beiden Teilstaaten:

Auf den Alliierten Gebieten im Westen entstand nach und nach eine
Staatsgewalt, die von unten herauf aufgebaut wurde. Das Volk wählte die
Länderparlamente, und die wiederum entsandten Vertreter in den sogenannten
parlamentarischen Rat, der das Grundgesetz ausarbeitete. Dem Grundgesetz
mussten die Länderparlamente mit zwei drittel Mehrheit zustimmen, was auch
in den Ländern eine verfassungsändernde Mehrheit war, auch im deutschen
Reich eine verfassungsändernde Mehrheit gewesen ist. Das Ermächtigungsgesetz
z. B., mit dem Hitler zum Diktator wurde, wurde nur vom Reichstag und nicht
vom Volk beschlossen, und zwar mit zwei drittel Mehrheit. Nicht alle
Entscheidungen müssen also unmittelbar vom Souverän getroffen werden, auch
die Nazis bedienten sich der Volksvertreter. Die Bundesrepublik betrachtete
sich als Rechtsnachfolger des deutschen Reiches, es war, so das Verständnis
des Grundgesetzes, mit ihr teilidentisch. Staatsgebiet war kleiner,
Staatsvolk war gleich und Staatsgewalt wurde nur im Staatsgebiet ausgeübt.
In der Präambel hieß es, dass das deutsche Volk in den Ländern usw sich ein
Grundgesetz gegeben habe. “Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen
mitzuwirken versagt geblieben ist”, hieß es weiter. Ganz eindeutig war das
Grundgesetz als Provisorium gedacht und sollte nur bis zur Wiedervereinigung
gelten, oder bis die Deutschen in freier Selbstbestimmung eine neue
Verfassung ausarbeiteten.

Ostverträge: Dem hat auch die Regierung Brandt Rechnung getragen. Sie
betonte immer wieder, dass eine völkerrechtliche Anerkennung der DDR oder
der Oder-Neiße-Linie nicht in frage komme, wegen des grundgesetzlichen
Auftrages zur Wiedervereinigung. Zwar hatte die DDR schon offiziell die
Abtretung der östlich von Oder und Neiße gelegenen Gebiete an Polen
vertraglich vereinbart, dieser Vertrag wurde aber von der BRD nicht
anerkannt. In den Ostverträgen hieß es lediglich, dass die Bundesrepublik
Deutschland jetzt und in Zukunft keine Gebietsansprüche gegen einen anderen
Staat erheben oder mit Gewalt durchsetzen werde. Gegen eine friedliche
Grenzverschiebung hatte die Bundesregierung aber nichts.

Artikel 23: Im Artikel 23 wurden Länder genannt, in denen das Grundgesetz
zunächst Geltung haben sollte. “In den anderen Teilen Deutschlands ist es
nach ihrem Beitritt in kraft zu setzen”, hieß es dort. Die rechten Demagogen behaupten, es sei von den anderen Teilen Deutschlands und nicht vom
anderen Teil die Rede gewesen. Ich will mal spitzfindig sein. Damals bestand
die DDR auch noch aus Ländern. Im ersten Teil waren Länder genannt, warum
nicht auch im zweiten? Warum sollten mit den anderen Teilen Deutschlands
nicht die Länder Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt,
Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen gemeint sein? So ist es ja später auch
gekommen, denn die DDR als Ganzes konnte völkerrechtlich der Bundesrepublik
gar nicht beitreten, es bedurfte der Länder, und so war der Artikel auch
gemeint. Außerdem gab es da noch das Saarland, dass erst 1957 der Bundesrepublik beitrat.

Artikel 116: Rechte Demagogen behaupten, im Grundgesetz werde der Fortbestand des deutschen Reiches geregelt, und zwar sein Staatsgebiet, wie es nach wie vor bestehe. Wenn man mal so nett ist, das Grundgesetz genau zu lesen, dann
wird man feststellen, dass der Artikel 116 nicht das Staatsgebiet definiert,
sondern das Staatsvolk, und zwar nur das Staatsvolk. Dort heißt es nämlich,
dass deutscher ist, wer am 08. Mai 1945 seinen ständigen Wohnsitz in
Deutschland hatte, wie es am 31. Dezember 1937 bestand. Wie Deutschland zum
zeitpunkt des Grundgesetzes aussah, stand nicht in dem Artikel. Dafür war
Artikel 23 zuständig.

1990: Was ist 1990 geschehen? Zum Einen wurde ein Vertrag abgeschlossen über
einen Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes nach Artikel 23. Das
geschah genau nach den Regeln des Grundgesetzes. In dem Vertrag stand, dass
die von mir eben genannten 5 Länder, wohl gemerkt nicht die DDR, sondern die
5 Länder und der sowjetische Sektor von Berlin, am 03.10.1990 dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitreten würden. So hatte es zuvor auch das Saarland gemacht. Gleichzeitig wurde ein Vertrag mit den Siegermächten des zweiten Weltkrieges geschlossen, der
2-plus-4-Vertrag. Der regelte, wie im Potsdamer Abkommen gefordert, die
äußeren Aspekte der Wiedervereinigung und war faktisch ein Friedensvertrag, die
Alliierten legten ihre Besatzungsrechte endgültig nieder. Erst im Moment des
Beitrittes der 5 Länder, also am 3. Oktober 1990, traten die
Grundgesetzänderungen in Kraft, die unter Anderem den Artikel 23 aufhoben.
Zwar waren sie auf die übliche Weise vorher verkündet worden, aber in Kraft
traten sie erst nach der Wiedervereinigung, oder sagen wir zeitgleich mit
ihr. Dass in einer Verfassung kein Staatsgebiet drin steht, ist übrigens
nichts neues, andere Staaten machen das auch. Und es steht eigentlich eins
drin: Denn es steht ausdrücklich da, dass das deutsche Volk seine Einheit
und Freiheit vollendet hat. Damit war das Gebiet, das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderung Staatsgebiet war, als endgültiges Staatsgebiet anzusehen. Diese Änderungen wurden mit der üblichen verfassungsändernden Mehrheit von Bundestag und Bundesrat beschlossen, an denen das Volk durch Wahlen beteiligt ist. So sah es das Grundgesetz vor, so
sah es auch die weimarer Verfassung vor, und auch Großdeutschland Hitlers
ließ über keine Verfassungsänderung abstimmen. Es ist heuchlerisch, wenn die
Rechten jetzt ohne juristische Grundlage eine Volksabstimmung und
-Legitimation verlangen.

Übrigens: Erst einen Monat nach der Wiedervereinigung wurde mit Polen ein
Grenz- und Freundschaftsvertrag geschlossen, in dem das wiedervereinigte
Deutschland erst jetzt auf die Gebiete östlich von Oder und Neiße
verzichtete. Das war also eine souveräne deutsche Entscheidung. Ein
souveräner Staat, der nach einem verhehrenden Krieg seine Staatsgewalt
zurückerhalten hat, schließt einen völkerrechtlich gültigen Vertrag zur
Abtretung von Gebieten. Spätestens damit hat sich jeder Revisionismus rechter Demagogen erledigt.

Deutschland als Ganzes hat sich zwar reorganisiert, hat eine andere
Verfassung, ist aber völkerrechtlich mit dem deutschen Reich identisch, hat
aber einen anderen Namen. Es gibt ja auch noch Gesetze aus dem alten Reich,
die heute noch gelten, wie beispielsweise das bürgerliche Gesetzbuch oder
das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz. Durch den Friedensvertrag hat
Deutschland seine Souveränität zurückerhalten, und ein souveräner Staat darf
auch Gebiete abtreten und sich multinationalen Organisationen anschließen.
Das hat übrigens das deutsche Reich auch getan mit seiner Zugehörigkeit zum
Völkerbund usw. Das vergessen die Rechten gern.

Wir haben also eine neue Verfassung, wir standen vorübergehend unter
Besatzung und organisierten uns zunächst in Teilstaaten, rauften uns dann
wieder zusammen und gaben einige Gebiete ab, aber immer in souveräner
Entscheidung des Volkes. Ein Beispiel dazu: Die Ostverträge wurden von
Brandt und Scheel durchgefochten. Gerade in dieser Zeit erhielten sie bei
allen Wahlen die größte Zustimmung. Erstmals wurde die SPD zur stärksten
Fraktion des Bundestages, und die Regierung verfügte 1972, als es um die
Ratifizierung der Ostverträge ging, über eine große Mehrheit im Parlament.
Offenbar war der Souverän, das Volk, mit der Entwicklung größtenteils
zufrieden.

Berlin gehörte vor 1990 tatsächlich nicht zur
Bundesrepublik Deutschland. Nicht einmal West-Berlin, das von den drei
Mächten verwaltet wurde. Es war festgelegt worden, dass jede Besatzungsmacht
in ihrer Besatzungszone und in ihrem Sektor von Berlin die Regierungsgewalt
hatte, nur im Bezug auf Deutschland als Ganzes handelten die vier Mächte
gemeinsam. Damit Berlin nach der Wiedervereinigung wieder vollständig
deutscher Hoheitsgewalt unterlag, wurde im Einigungsvertrag und im
2Vertrag geregelt, dass Deutschland nach der Herstellung der staatlichen
Einheit aus der BRD, der DDR und ganz Berlin bestehe. Um Einzelfragen in
Bezug auf ganz Berlin zu regeln, gab es das sogenannte Berlinübereinkommen,
das sich aber wirklich nur auf Berlin bezog. Darauf komme ich gleich.
Folgender Ablauf ist zu beachten:

Am 31. August 1990 wurde zwischen DDR und BRD der Vertrag zur Herstellung
der staatlichen Einheit Deutschlands, der sogenannte Einigungsvertrag,
geschlossen. Er wurde am 20. September in Bundestag und Volkskammer und im
Bundesrat genehmigt. Sein Inkrafttreten wurde auf den 3. Oktober 1990
festgelegt. Am 12. September 1990 wurde in Moskau der 2Vertrag
unterzeichnet. Der Trat nach der Hinterlegung aller
Ratifikationsurkunden bei der Regierung der Bundesrepublik Deutschland am
15. März 1991 inkraft. Allerdings gaben die vier Mächte eine Erklärung ab,
dass sie ab dem 3. Oktober 1990 auf die Ausübung ihrer Rechte in Bezug auf
Berlin und auf Deutschland als Ganzes verzichteten, bis der Vertrag formell
inkraftgetreten sei und ihre Rechte vollständig erloschen. Am 1. Oktober
1990 verzichteten die West-Alliierten auf die Ausübung ihrer Rechte im Bezug
auf Westberlin, bis das Berlinübereinkommen inkrafttrat, was erst nach dem
Abzug der Sowjettruppen 1994 geschehen sollte, weil bis dahin auch ein paar
Rechte der roten Armee gültig blieben. Dies war in einem
deutsch-sowjetischen Vertrag festgelegt, der zeitgleich mit dem 2Vertrag
ausgehandelt wurde und vom gesamtdeutschen Gesetzgeber nach der
Wiedervereinigung angenommen wurde.

Die rechten Demagogen behaupten nun, Deutschland stehe nach wie vor unter Besatzungsrecht, weil das Berlinübereinkommen die Regelungen des 2Vertrages wieder aufgehoben habe. Darin hieße es, dass Besatzungsbehörden und Recht der Siegermächte fortgelte.

Das Berlinübereinkommen betrifft ausschließlich West-Berlin, die drei
Besatzungszonen der Westalliierten, kann also demgemäß auch keine Wirkung
auf Deutschland als Ganzes entfalten. Im Artikel 1 dieses Übereinkommens
steht:
“(1) Der Ausdruck »alliierte Behörden«, wie er in diesem Übereinkommen verwendet wird, umfaßt
a) den Kontrollrat, die Alliierte Hohe Kommission, die Hohen Kommissare der
drei Staaten, die Militärgouverneure der drei Staaten, die Streitkräfte der
drei Staaten in Deutschland sowie Organisationen und Personen, die in deren
Namen Befugnisse ausgeübt oder – im Fall internationaler Organisationen und
andere Staaten vertretender Organisationen (und der Mitglieder solcher
Organisationen) – mit deren Ermächtigung gehandelt haben, sowie die
Hilfsverbände anderer Staaten, die bei den Streitkräften der drei Staaten
gedient haben;
b) die Alliierte Kommandantur Berlin, die Kommandanten des amerikanischen,
britischen und französischen Sektors von Berlin sowie Einrichtungen und
Personen, die in deren Namen Befugnisse ausgeübt haben.
(2) Der Ausdruck »alliierte Streitkräfte«, wie er in diesem Übereinkommen
verwendet wird, umfaßt
a) die in Absatz 1 bezeichneten alliierten Behörden, soweit sie in oder in
bezug auf Berlin tätig waren;
b) Angehörige der amerikanischen, britischen und französischen Streitkräfte
in Berlin;
c) nicht-deutsche Staatsangehörige, die in militärischer oder ziviler
Eigenschaft bei den alliierten Behörden Dienst getan haben;
d) Familienangehörige der unter den Buchstaben b und c aufgeführten Personen
und nicht-deutsche Staatsangehörige, die im Dienst dieser Personen standen.
…”

Der vertrag regelt in Artikel 2: “Alle Rechte und Verpflichtungen, die durch
gesetzgeberische, gerichtliche oder Verwaltungsmaßnahmen der alliierten
Behörden in oder in bezug auf Berlin oder aufgrund solcher Maßnahmen
begründet oder festgestellt worden sind, sind und bleiben in jeder Hinsicht
nach deutschem Recht in Kraft, ohne Rücksicht darauf, ob sie in
Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften begründet oder festgestellt
worden sind. Diese Rechte und Verpflichtungen unterliegen ohne
Diskriminierung denselben künftigen gesetzgeberischen, gerichtlichen und
Verwaltungsmaßnahmen wie gleichartige nach deutschem Recht begründete oder
festgestellte Rechte und Verpflichtungen.”
Das bedeutet: Alles, was die Besatzungsbehörden während ihrer Zeit als Besatzungsbehörden, also ausdrücklich *vor* inkrafttreten des Vertrages, gemacht haben, ist auch
weiterhin anerkannt, kann aber durchaus später vom deutschen Gesetzgeber wie
jedes andere Gesetz geändert werden und unterliegt denselben künftigen
gesetzgeberischen Maßnahmen. Das nennt man Rechtskontinuität. Die
Siegermächte haben damit vor allem eines bewirkt: Die Gesetze des alliierten
Kontrollrats im Bezug auf Berlin bleiben inkraft, auch wenn sie damals nicht
durch deutsche, sondern alliierte Stellen ausgefertigt wurden. Allerdings
bleiben sie nach Maßgabe des deutschen Rechts inkraft, also dürfen nicht
gegen das Grundgesetz verstoßen. Seither hat es unzählige Angleichungen und
Aufhebung alter Bestimmungen gegeben.

“Artikel 3
(1) Deutsche Gerichte und Behörden können im Rahmen der Zuständigkeiten, die
sie nach deutschem Recht haben, in allen Verfahren tätig werden, die eine
vor Unwirksamwerden der Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in
oder in bezug auf Berlin begangene Handlung oder Unterlassung zum Gegenstand
haben, soweit in diesem Artikel nicht etwas anderes bestimmt wird.”
Wohl gemerkt, es geht um Berlin und nicht um Deutschland als Ganzes. Dort gelten
die nachfolgenden Einschränkungen nicht mehr.
“(2) Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte oder Behörden nach Absatz 1
besteht nicht für die folgenden Institutionen und Personen, auch wenn ihre
dienstliche Tätigkeit beendet ist, und nicht in den nachstehend genannten
Verfahren:
a) die alliierten Behörden;
b) Angehörige der alliierten Streitkräfte in nichtstrafrechtlichen
Verfahren, die eine Handlung oder Unterlassung in Ausübung ihrer
dienstlichen Tätigkeit zum Gegenstand haben;
c) Angehörige der alliierten Streitkräfte in strafrechtlichen Verfahren, es
sei denn, der betreffende Staat stimmt der Einleitung des Verfahrens zu;
d) Richter an den von den alliierten Behörden eingesetzten Gerichten in
Berlin und andere Gerichtspersonen, die ihnen bisher in der Freistellung von
der deutschen Gerichtsbarkeit gleichgestellt waren, soweit sie in Ausübung
ihres Amtes gehandelt haben;
e) Mitglieder der beim Kontrollrat zugelassenen Militärmissionen und
Delegationen in Verfahren, die eine Handlung oder Unterlassung in Ausübung
ihrer dienstlichen Tätigkeit zum Gegenstand haben;
f) Verfahren, für welche die Genehmigung abgelehnt wurde, die nach Gesetz
Nr. 7 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 17. März 1950 zur Ausübung der
deutschen Gerichtsbarkeit erforderlich war;
g) andere Verfahren, die eine in Ausübung dienstlicher Tätigkeit für die
alliierten Streitkräfte begangene Handlung oder Unterlassung zum Gegenstand
haben.
(3) Wenn sich in einem Verfahren, auf das Absatz 2 Anwendung findet, die
Frage erhebt, ob eine Person in Ausübung ihres Amtes oder ihrer dienstlichen
Tätigkeit gehandelt hat, so sind Verfahren nur auf der Grundlage einer
Bescheinigung des betreffenden Staates zulässig, daß die fragliche Handlung
oder Unterlassung nicht in Ausübung des Amtes oder der dienstlichen
Tätigkeit begangen wurde.
(4) Die deutschen Gerichte sind nach Maßgabe des deutschen Rechts für
Streitigkeiten zuständig, die sich aus Arbeitsverträgen (einschließlich der
damit zusammenhängenden Sozialversicherungsstreitigkeiten) oder Verträgen
über Lieferungen und Leistungen ergeben, die vor Unwirksamwerden der Rechte
und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte geschlossen worden sind. Klagen
gegen die Behörden der drei Staaten sind gegen die Bundesrepublik
Deutschland zu richten. Klagen dieser Behörden werden von der Bundesrepublik
Deutschland erhoben.”
Das habe ich so ausführlich zitiert, um klar zu
machen, dass es keine Fortdauer der Besatzung gibt. Es geht darum, dass in
Berlin nicht plötzlich alliierte Offiziere für etwas belangt werden können,
was sie in Ausübung ihres Dienstes beispielsweise in den fünfziger Jahren
getan haben. Das berlinübereinkommen hebt überhaupt nicht die
Verzichtserklärung der vier Mächte vom 12. September 1990 oder die
Verzichtserklärung der drei Staaten vom 1. Oktober 1990 auf. Das ist
wirklich ein Märchen. Wenn da steht, dass Alliierte Behörden der Kontrollrat
usw waren, heißt das nicht, dass sie es nach wie vor sind, es heißt nur,
dass in dem Vertrag, wenn man von “alliierten Behörden” spricht, diese und
jene Institutionen gemeint sind. Es ist eine reine Wortdefinition. Außerdem wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die dienstliche Tätigkeit der Behörden beendet ist. Zum Schluss noch:

“Artikel 8
Jede Vertragspartei kann jederzeit um Konsultationen zwischen den
Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens
ersuchen. Die Konsultationen beginnen innerhalb von 30 Tagen, nachdem den
anderen Vertragsparteien das Ersuchen notifiziert worden ist.

Artikel 9
Jede Vertragspartei kann um eine Überprüfung dieses Übereinkommens ersuchen.
Die Gespräche beginnen innerhalb von drei Monaten, nachdem den anderen
Vertragsparteien das Ersuchen notifiziert worden ist.

Artikel 10
Ungeachtet des Artikels 11 kommen die Unterzeichnerregierungen überein,
dieses Übereinkommen vom Zeitpunkt des Unwirksamwerdens der Rechte und
Verantwortlichkeiten der Vier Mächte bis zu seinem Inkrafttreten vorläufig
anzuwenden.

Artikel 11
(1) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung.
Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden bei der
Regierung der Bundesrepublik Deutschland hinterlegt. Diese Regierung teilt
den anderen Unterzeichnerregierungen die Hinterlegung jeder Ratifikations-,
Annahme- oder Genehmigungsurkunde mit.
(2) Dieses Übereinkommen tritt am Tag der Hinterlegung der letzten
Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft.
(3) Die Urschrift dieses Übereinkommens, dessen deutscher, englischer und
französischer Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, wird bei der Regierung
der Bundesrepublik Deutschland hinterlegt; diese übermittelt den anderen
Unterzeichnerregierungen beglaubigte Abschriften.”

Jede Vertragspartei kann also um Überprüfung und Konsultation ersuchen, also auch Deutschland. Von Besatzung keine Spur. Außerdem wird vereinbart, dass das Berlinübereinkommen auch schon angewendet wird, bevor es offiziell ratifiziert ist.

Jetzt zu den Notenwechseln: Die Rechten behaupten, durch einige Notenwechsel zwischen der noch bestehenden alten BRD und den Westalliierten sei die Souveränität Deutschlands, die im 2Vertrag ausgesprochen worden sei, wieder aufgehoben worden, ohne dass die deutsche Öffentlichkeit es mitbekommen habe.
Am 8. Oktober 1990 wurde im Bundesgesetzblatt
die “Bekanntmachung der Vereinbarung vom 27./28. September 1990 zu dem
Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den
Drei Mächten (in der geänderten Fassung) sowie zu dem Vertrag zur Regelung
aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (in der geänderten Fassung)”
veröffentlicht. Darin wird ein Notenaustausch wiedergegeben. Es handelt sich
übrigens nicht um ein Gesetz, sondern um eine Bekanntmachung, aber das
spielt keine wesentliche Rolle.

In den Noten vereinbaren Deutschland und die drei Westmächte, den
Deutschlandvertrag aus dem Jahre 1952 in der gültigen Fassung aufzuheben,
und auch den Vertrag über die Regelung der aus Krieg und Besatzung
entstandenen Fragen. Einige Teile des letztgenannten Vertrages, den man auch
Überleitungsvertrag nennt, blieben aber inkraft.

Jetzt kommt das Spannende, was die Rechten immer nicht erwähnen. Inkraft
bleibt Artikel 1 Absatz 1 Satz 1 bis “. . . Rechtsvorschriften aufzuheben
oder zu ändern”. Daher lautet dieser Artikel 1 Absatz 1 jetzt: “Die Organe
der Bundesrepublik und der Länder sind gemäß ihrer im Grundgesetz
festgelegten Zuständigkeit befugt, von den Besatzungsbehörden erlassene
Rechtsvorschriften aufzuheben oder zu ändern.” Das bedeutet, dass die
deutschen Behörden in aller Regel altes Besatzungsrecht ändern dürfen, damit
es deutschem Recht entspricht. So gehört es sich für einen souveränen Staat.
Auch Absatz 5 des Artikels 1 des Überleitungsvertrages gilt fort. Er lautet:
“5) Der Ausdruck “Besatzungsbehörden”, wie er in diesem Teil verwendet wird,
bedeutet den Kontrollrat, die Alliierte Hohe Kommission, die Hohen
Kommissare der Drei Mächte, die Militärgouverneure der Drei Mächte, die
Streitkräfte der Drei Mächte in Deutschland, sowie Organisationen und
Personen, die in deren Namen Befugnisse ausüben oder im Falle von
internationalen Organisationen und Organisationen anderer Mächte (und der
Mitglieder solcher Organisationen) – mit deren Ermächtigung handeln,
schließlich die bei den Streitkräften der Drei Mächte dienenden
Hilfsverbände anderer Mächte.” Dies ist wieder die Wortdefinition. Wenn also
später da steht: “Gesetze der Besatzungsbehörden können aufgehoben werden”
bedeutet Besatzungsbehörden eben das, was gerade geschrieben stand. Das
heißt eben nicht, dass die Besatzung fort gilt, sondern nur, dass in
diesem Vertrag der Ausdruck “Besatzungsbehörden” zusammenfassend für all die
Behörden gebraucht wird, die dort genannt sind. Das nennt man eine
Begriffsbestimmung, damit jeder weiß, von wem die Rede ist, wenn man von
Besatzungsbehörden spricht.

Artikel 2 Absatz 1 ist ebenfalls noch gültig. Darin steht: “(1) Alle Rechte
und Verpflichtungen, die durch gesetzgeberische, gerichtliche oder
Verwaltungsmaßnahmen der Besatzungsbehörden oder auf Grund solcher Maßnahmen
begründet oder festgestellt worden sind, sind und bleiben in jeder Hinsicht
nach deutschem Recht in Kraft, ohne Rücksicht darauf, ob sie in
Übereinstimmung mit anderen Rechtsvorschriften begründet oder festgestellt
worden sind. Diese Rechte und Verpflichtungen unterliegen ohne
Diskriminierung denselben künftigen gesetzgeberischen, gerichtlichen und
Verwaltungsmaßnahmen wie gleichartige nach innerstaatlichem deutschem Recht
begründete oder festgestellte Rechte und Verpflichtungen.” Das ist dasselbe
wie im Berlinübereinkommen: Altes Recht gilt nach deutschem Recht fort, bis
es von deutschen Behörden geändert wird. Ist ja auch logisch. Wenn an diesem
Tag alles Recht außerkraft getreten wäre, was die Besatzungsbehörden
erlassen haben, wäre unglaublich viel plötzlich nicht mehr geregelt. So hat
der deutsche Gesetzgeber Zeit, eigene Regelungen zu treffen, solange er
braucht.

Jetzt kommen wir zu dem wirklich schwierigen Teil. Die Rechten behaupten, der noch geltende Teil des Überleitungsvertrages lasse auch künftig noch Reparationen und Demontagen zu, weswegen Deutschland immer noch besetzt sei. In Teil 6 Artikel 3
werden, aus der Sicht des Jahres 1952 und 1954, Reparationsfragen behandelt.
Absätze 1 und 3 sind inkraft und lauten: “(1) Die Bundesrepublik wird in
Zukunft keine Einwendungen gegen die Maßnahmen erheben, die gegen das
deutsche Auslands- oder sonstige Vermögen durchgeführt worden sind oder
werden sollen, das beschlagnahmt worden ist für Zwecke der Reparation oder
Restitution oder auf Grund des Kriegszustandes oder auf Grund von Abkommen,
die die Drei Mächte mit anderen alliierten Staaten, neutralen Staaten oder
ehemaligen Bundesgenossen Deutschlands geschlossen haben oder schließen
werden. … (3) Ansprüche und Klagen gegen Personen, die auf Grund der in
Absatz (1) und (2) dieses Artikels bezeichneten Maßnahmen Eigentum erworben
oder übertragen haben, sowie Ansprüche und Klagen gegen internationale
Organisationen, ausländische Regierungen oder Personen, die auf Anweisung
dieser Organisationen oder Regierungen gehandelt haben, werden nicht
zugelassen.”

Was bedeutet dies? Die Bundesrepublik wehrt sich nicht gegen die nach dem
Krieg durchgeführten Reparationen. Das hier auch von der Zukunft die Rede
ist bezieht sich auf 1952 und 1954, heißt aber nicht, dass nach 1990 noch
irgendwelches deutsche Vermögen im Ausland beschlagnahmt werden kann.
Ausgenommen sind Vermögen, die schon zu Zeiten des zweiten Weltkrieges im
Ausland waren und damit Teil des am 8. Mai 1945 vorhandenen Vermögens waren.
Die Bundesrepublik erkennt alle während der Besatzung getroffenen
Reparationsmaßnahmen an und fängt jetzt nicht plötzlich an,
Gerichtsverfahren dagegen anzustrengen. Man zieht also einen klaren
Schlussstrich. Klagen gegen im Auftrag der Besatzungsbehörden arbeitende
Personen, die in ihrer dienstlichen Eigenschaft während der Besatzungszeit
Vermögen erworben oder übertragen haben, sind unzulässig. Vergessen wir
nicht, dass diese Bestimmung ein Vorschlag Deutschlands war, der
Notenwechsel zur Fortgeltung dieses Rechts ging von Deutschland aus. Es ist
aber rechtlich völlig ausgeschlossen, dass Alliierte immer noch
irgendwelches deutsche Vermögen beschlagnahmen könnten, das nach dem 8. Mai
1945 entstanden ist. Es geht immer um die aus Krieg und Besatzung
entstandenen Fragen, das ist der Geltungsbereich dieses Vertrages, nichts
anderes.

Teil 9 Artikel 1 ist ebenfalls weiter gültig. Ich rufe noch einmal in
Erinnerung, dass der Vertrag aus dem Jahre 1954 stammt. Der Artikel lautet:
“Vorbehaltlich der Bestimmungen einer Friedensregelung mit Deutschland
dürfen deutsche Staatsangehörige, die der Herrschaftsgewalt der
Bundesrepublik unterliegen, gegen die Staaten, welche die Erklärung der
Vereinten Nationen vom 1. Januar 1942 unterzeichnet haben oder ihr
beigetreten sind oder mit Deutschland im Kriegszustand waren oder in Artikel
5 des Fünften Teils dieses Vertrags genannt sind, sowie gegen deren
Staatsangehörige keine Ansprüche irgendwelcher Art erheben wegen Maßnahmen,
welche von den Regierungen dieser Staaten oder mit ihrer Ermächtigung in der
Zeit zwischen dem 1. September 1939 und dem 5. Juni 1945 wegen des in Europa
bestehenden Kriegszustandes getroffen worden sind; auch darf niemand
derartige Ansprüche vor einem Gericht der Bundesrepublik geltend machen.”
Den Ausdruck “Vorbehaltlich einer Friedensregelung” können wir streichen,
denn die Friedensregelung existiert im 2Vertrag. Allerdings hat der zu
diesem Punkt nichts geregelt, weswegen man überein kam, die Regelung aus dem
Überleitungsvertrag beizubehalten. Im Kern dient es demselben Ding wie
vorher: Besatzungsangehörige oder Leute, die im Auftrag der Siegermächte
während oder nach dem Krieg in Deutschland gearbeitet haben, dürfen für ihre
dienstlichen Handlungen nicht vor deutschen Gerichten zur Rechenschaft
gezogen werden. Vor Gerichten der Alliierten Staaten auf Antrag eines
Deutschen übrigens durchaus.

Dann gilt noch der Artikel 4 des zehnten Teils, in dem Deutschland sich
verpflichtet, auch seine Schulden von vor dem 2. Weltkrieg zu bezahlen, z.
B. Reparationen aus dem ersten Weltkrieg. Er lautet: “Die Bundesrepublik
bestätigt, daß nach deutschem Recht der Kriegszustand als solcher die vor
Eintritt des Kriegszustandes durch Verträge oder andere
Verpflichtungen begründeten Verbindlichkeiten zur Bezahlung von Geldschulden
und die vor diesem
Zeitpunkt erworbenen Rechte nicht berührt.” Es gilt aber auch für die
Rechte, die Deutschland vor dem Kriegszustand erworben hat. Die Alliierten
stellen also auch damit deutsche Rechte der weimarer Republik wieder her. Es
geht um internationale Vereinbarungen und so weiter, meistens Dinge, die
schon lange vor der Wiederherstellung der deutschen Einheit galten.

Die Reichsideologen der sogenannten kommissarischen Reichsregierungen machen
es sich sehr einfach. Hier ein Auszug aus einer FAQ, der das noch mal
deutlich macht:

“II. Ein weiterer Einwand bezieht sich z.B. auf den Text des
Berlin-Übereinkommens. Dort heißt es in Artikel 2, daß alle alliierten
Entscheidungen nach deutschem Recht in Kraft bleiben. Wenn also alliierte
Entscheidungen fortgelten, so widerspräche das der Souveränität
Deutschlands, meinen die “Reichsideologen”.
Auch dies ist allerdings grundfalsch und ein weiteres Beispiel für
mangelndes Wissen. Olli erklärte dies im “FAQ”-Forum wie folgt:
“Alliierte Entscheidungen” sind Entscheidungen im Einzelfall. Also
Verwaltungsakte, Urteile etc., keinesfalls besatzungsrechtliche Vorbehalte,
die ohnehin durch den 2 Vertrag als abgelöst und obsolet gelten.
Und diese Regelung bedeutet nicht, daß das vereinte Deutschland diese
Verwaltungsakte oder Urteile für die Zukunft als unabänderlich betrachten
muß.
Ein Beispiel:
In den 70er Jahren gab es Fluchten aus der DDR, die über Polen mit
Flugzeugentführungen nach Tempelhof durchgeführt wurden. Die quicke Berliner
Schnauze machte damals aus dem Namen der polnischen Fluglinie LOT:
“Landet ooch Tempelhof”.
Da der Flughafen Tempelhof im US-Sektor lag und die USA internationalen
Konventionen gegen die Luftpiraterie beigetreten waren, mußten die Täter
nach US-Recht von einem US-Gericht, das in Berlin tagte, verurteilt werden.
Der hier in Rede stehende Passus legt fest, daß diese Urteile durch die
Aufhebung des Besatzungsstatus nicht automatisch aufgehoben sind, sondern
weiterhin gelten. Der deutschen Justiz ist es unbenommen, den Urteilsstatus
für die Zukunft , z.B. durch Amnestie u.ä. abzumildern.
Für jur. Feinschmecker:
Es geht darum, ob Einzelentscheidungen der Alliierten ex tunc, also als von
Anfang an nichtig zu behandeln wären.
Dies war und ist aus nachvollziehbaren Gründen für keine Seite, insbesondere
für die deutsche Seite, wünschenswert gewesen.
Mit einer mangelnden Souveränität des vereinigten Deutschlands oder gar mit
der abstrusen These, Berlin gehöre gar nicht zur Bundesrepublik
Deutschland, hat dies rein nichts zu tun.”.”

Übrigens wird im Artikel 7 Absatz 2 des 2Vertrages wörtlich die
Souveränität des Vereinten Deutschlands ffestgestellt.

Somit sind die Verantwortlichkeiten der 4 Mächte durch den 2Vertrag, die
Verantwortlichkeiten der 3 Staaten durch Berlinübereinkommen und
Notenwechsel aufgehoben worden.

Eins ist mir noch aufgefallen: Die Rechten behaupten, ein “Grundgesetz” sei
ein Gesetz zur Aufrechterhaltung der Ordnung in einem militärisch besetzten
Gebiet. Das ist völliger Humbug. Wie man seine Verfassung nennt, bleibt
jedem Staat selbst überlassen. Vor knapp 200 Jahren hießen die ersten
deutschen Verfassungen Staatsgrundgesetz, und gehe mal in die
Benelux-Länder, dort heißt die Verfassung auch “Grondwet”, also Grundgesetz.
Selbst im vereinigten Königreich, wo es ja nicht einmal eine geschriebene
Verfassung gibt, spricht man von “basic” oder “fundamental” laws, die das
Staatsorganisationsrecht regeln.

Hier noch ein paar Anmerkungen.

Die rechten Propagandisten und Revisionisten, darunter auch ein gewisser Peter Ffrühwald, versuchen immer wieder zu erklären, dass die BRD
faktisch nicht existiere. Denn sie sei am 17.07.1990 auf der pariser
Konferenz aufgelöst worden, weil US-Außenminister Baker verkündet habe, dass der Artikel 23
des Grundgesetzes gestrichen sei, und zwar von diesem Tage an. Das ist
entscheidend, denn hätte der Artikel 23 GG noch gegolten bei der
Wiedervereinigung, wäre alles mit rechten Dingen zugegangen, so wie es das
Grundgesetz vorsah. Wenn aber dieser Artikel vorher aufgehoben worden wäre,
hätten sich zwei nichtexistierende Staaten vereinigt.

Ich hoffe, ich kann diesen Zahn ein für allemal ziehen.

Es ging bei der ganzen Sache um die Oder-Neiße-Linie, die Grenze zwischen
Deutschland und Polen. Im alten Artikel 23 stand, dass das Grundgesetz
zunächst in den westlichen deutschen Ländern gelte, in den anderen Teilen
Deutschlands, zu denen man auch die Ostgebiete zählen konnte, wenn man
unbedingt wollte, nach deren Beitritt inkraft zu setzen sei. Alle folgenden
Zitate kann man auf www.2plus4.de nachlesen, der offiziellen Dokumentation
der Vertragsverhandlungen.

Hier das offizielle Protokoll zu den Grenzfragen bei der pariser Konferenz,
dem dritten Treffen der 2Außenminister:

Anlage 1 Pariser Text zu den Grenzfragen
1. Das vereinte Deutschland wird die Gebiete der Bundesrepublik Deutschland,
der Deutschen Demokratischen Republik und ganz Berlins umfassen. Seine
Außengrenzen werden definitiv die Grenzen der Deutschen Demokratischen
Republik und der Bundesrepublik Deutschland am Tage des Inkrafttretens der
endgültigen Regelung sein. Die Bestätigung des endgültigen Charakters der
Grenzen Deutschlands ist ein wesentlicher Beitrag zur Friedensordnung in
Europa.
2. Das vereinte Deutschland und die Republik Polen bestätigen die zwischen
ihnen bestehende Grenze in einem völkerrechtlich verbindlichen Vertrag.
3. Das vereinte Deutschland hat keinerlei Gebietsansprüche gegen andere
Staaten und wird solche auch nicht in Zukunft erheben.
4. Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen
Demokratischen Republik werden sicherstellen, daß die Verfassung des
vereinten Deutschland keinerlei Bestimmungen enthalten wird, die mit diesen
Prinzipien unvereinbar sind. Dies gilt dementsprechend für die Bestimmungen,
die in der Präambel und in den Artikeln 23 Satz 2 und 146 des Grundgesetzes
für die Bundesrepublik Deutschland niedergelegt sind.
5. Die Regierungen der UdSSR, der USA, des Vereinigten Königreiches und
Frankreichs nehmen die entsprechenden Verpflichtungen und Erklärungen der
Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen
Republik förmlich entgegen und stellen fest, daß mit deren Verwirklichung
der definitive Charakter der Grenzen Deutschlands bestätigt wird.

Es geht also nur um Satz 2 des Artikels 23, in dem steht, dass das
Grundgesetz nach dem Beitritt weiterer Teile Deutschlands zur BRD dort
inkraft zu setzen sei. Aber es sollte eben gerade *keine* weiteren Teile
Deutschlands mehr geben, also musste diese Möglichkeit gestrichen werden.
Damit sollte eben gerade unterstrichen werden, dass Deutschland seinen
endgültigen Charakter erreicht hatte, und zwar nach der Wiedervereinigung. Niemand hat irgendwas für aufgelöst
erklärt. Die Außenminister der Siegermächte haben lediglich die Absichtserklärung Deutschlands zur Kenntnis genommen, das Grundgesetz entsprechend zu ändern, und sie bestätigten, dass diese ausgemachten Grenzen dann die Außengrenzen Deutschlands sein würden.

Und natürlich trat die Grundgesetzänderung erst am 3. Oktober 1990 in kraft
und nicht schon früher. Siehe die Formulierung: “… Die Regierungen der
Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik werden
sicherstellen, daß die Verfassung des vereinten Deutschland keinerlei
Bestimmungen enthalten wird, die mit diesen Prinzipien unvereinbar sind.
Dies gilt dementsprechend für die Bestimmungen, die in der Präambel und in
den Artikeln 23 Satz 2 und 146 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik
Deutschland niedergelegt sind…” Werden sicherstellen, … Enthalten wird.
- Das sagt hoffentlich alles. Von einer Aufhebung der DDR durch
Schewardnadze, die die Rechten ebenfalls behaupten, habe ich nicht mal ein Wort gefunden. Das ist einfach frei erfunden.

Noch mal: Die Änderung des Grundgesetzes erfolgte, um eine weitere
Ausdehnung Deutschlands auf die ehemaligen Ostgebiete zu verhindern, nicht,
um sie zu ermöglichen. Abgesehen davon habe ich ja schon gesagt,
dass es viele Verfassungen gibt, in denen kein Staatsgebiet steht. Daraus
lässt sich die Nichtexistenz nicht ableiten. Das ist ebenfalls
propagandistisch frei erfunden und hat mit dem Völkerrecht nichts zu tun. Übrigens wird das Staatsgebiet Deutschlands im 2Vertrag geregelt, in dem steht, dass das vereinte Deutschland die BRD, die DDR und ganz Berlin umfasst, nicht mehr. Übrigens wird von einem vereinten, nicht wiedervereinigten Deutschland gesprochen. Deutschland sollte eben nicht in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 wieder hergestellt werden.

Und jetzt zu der Frage der staatlichen Selbstverwaltung. Sie schießen gerade
wie Pilze aus dem Boden, die Selbstverwaltungen deutsches Reich und so
weiter. Jeder Hinz und Kunz will jetzt die legitime Regierung Deutschlands
sein, weil es eine obskure UN-Resolution erlaube und die faktische deutsche
Regierung ja nicht existiere. Die Rede ist von einer Resolution der
Generalversammlung der vereinten Nationen aus dem Dezember 2001. Es geht, so
lautet auch die Überschrift, um das völkerrechtswidrige Handeln von Staaten
und die Verantwortlichkeit dafür.

Gestellt wird die Frage: Wer hat ein staatliches Handeln als völkerrechtswidrig
zu verantworten, im Klartext: Wer ist kriminell, wenn ein Staat gegen das
Völkerrecht verstößt. Dazu muss man erst einmal klären, was staatliches
Handeln eigentlich ist und wer es ausübt. Da steht dann folgendes:

Das Verhalten von Staatsorganen ist immer als Handeln des Staates zu werten
(Artikel 4). Auch das Verhalten von öffentlichen Organisationen, die keine
Staatsorgane sind, ist als Staatshandeln zu werten, sofern sie zu diesem
Handeln staatlicherseits ermächtigt waren (Artikel 5). Auch Organe, die von
einem anderen Staat zur Verfügung gestellt werden, handeln als Staat, und
zwar je nach Rechtslage als Teile des leihenden oder des beliehenen Staates
(Artikel 6). Staatsorgane handeln auch dann als Staat, wenn sie ihre
Kompetenz überschreiten oder Weisungen der Regierung zuwiderhandeln (Artikel
7). Nur um den Kontext klar zu machen. Jetzt kommts:

“Artikel 8
Von einem Staat geleitetes oder kontrolliertes Verhalten
Das Verhalten einer Person oder Personengruppe ist als
Handlung eines Staates im Sinne des Völkerrechts zu werten,
wenn die Person oder Personengruppe dabei faktisch im Auftrag
oder unter der Leitung oder Kontrolle dieses Staates handelt.
Artikel 9
Verhalten im Falle der Abwesenheit oder des Ausfalls der
staatlichen Stellen
Das Verhalten einer Person oder Personengruppe ist als
Handlung eines Staates im Sinne des Völkerrechts zu werten,
wenn die Person oder Personengruppe im Falle der Abwesenheit
oder des Ausfalls der staatlichen Stellen faktisch hoheitliche
Befugnisse ausübt und die Umstände die Ausübung
dieser Befugnisse erfordern.”

Erstens üben diese Spinner der sogenannten Selbstverwaltungen keine
faktische, sondern nur eine eingebildete Hoheitsgewalt aus. Den Nachbarn
interessiert überhaupt nicht, was die beschließen, keiner unterwirft sich
ihrem Willen, die Verhältnisse erforderrn auch kein Handeln dieser Leutte, es handeln bereits andere. Zweitens geht es ja gerade um Verhalten, das man
völkerrechtlich als Bruch des Rechts ansieht. Also: Wenn das Recht gebrochen
wird, kann das auch durch Einzelne geschehen, wenn sie faktisch
Hoheitsgewalt ausüben und es keine handlungsfähigen staatlichen Organe gibt.
Entgegen der Wunschvorstellung der rechten Ideologen gibt es diese Stellen
aber in Deutschland, und die Reichsideologen üben faktisch keierlei Hoheitsgewalt aus.

Hinter den meisten sogenannten Selbstverwaltungen steht übrigens der ganz
einfache Wunsch, keine Steuern zahlen zu müssen. Man erklärt sich zur
Regierung des deutschen Reiches, weil es die BRD ja nicht gibt, und handelt
als Personengruppe mit sogenannter faktischer Hoheitsbefugnis, um keine
Steuern mehr an die BRD zahlen zu müssen. Prima. Schaut euch doch mal im
Internet nach diesen Spinnern um. Dieser Frühwald ist überall dabei. Wenn er
nicht mit völkerrechtlichen Ressentiments gegenüber z. B. Polen spielen
würde, würde ich darüber nur lachen, so schäme ich mich für diese Spinner.
Und sie können froh sein, dass ich sie nur Spinner nenne. :-)

Immer wieder behaupten die rechten Spinner, deutsche Gerichte, die sie ansonsten für nicht existent erklärten, hätten ihre “Selbstverwaltung” anerkannt. Warum? Weil sie in Schriftsätzen dieses “Selbstverwaltung” vor ihre Adresse schreiben, und weil die sturen Computer in den Gerichten die Adresse so übernehmen, wie sie auf den Briefen stehen. Drum schreibt ein Geicht auch mal an eine sogenannte Selbstverwaltung. Eine Anerkennung ist das nicht.

Ganz zum Schluss noch einmal diese Sache, dass das deutsche Reich 1945 nicht
untergegangen sei. Das stimmt: Sowohl die BRd als auch die 4 Siegermächte
haben anerkannt, dass es weiterhin offene Fragen im Bezug auf Deutschland
als Ganzes gibt. Allerdings war man sich auch darüber einig, dass die
Staatsgewalt, die damalige staatliche Organisation zusammengebrochen sei.
Drum hat das Bundesverfassungsgericht tatsächlich festgestellt, dass das
deutsche Reich fortexistiere und dass die Bundesrepublik mit ihm
teilidentisch sei, was die Rechten umdeuten als “ein Teil des Reiches”, was
aber nicht gemeint ist. Im Bezug auf Volk und Gewalt identisch, im Bezug auf
Gebiet aber nicht, weil es ja noch die DDR gab. Das bedeutete, dass man in
der BRD auch die alten Reichsgesetze fortgelten lassen konnte, weil man ja
von der Staatsgewalt her identisch war, sofern diese Gesetze nicht dem
Grundgesetz zuwiderhandelten. Und man konnte trotzdem Verträge mit der DDR
schließen, denn darum ging es bei dem Urteil, und die DDR war zwar ein
eigener Staat, aber nicht Ausland, so sagte das Bundesverfassungsgericht.
Einen Anspruch auf eine Reichsregierung nach altem Muster oder gar nach der
Fortgeltung der weimarer Verfassung, wie die Rechten das behaupten, stellte es nicht auf. Und es überließ den Bundesbehörden ausdrücklich jede politische Option, die Einheit in
Freiheit zu erreichen, einschließlich der Festlegung der Grenze mit Polen.
Das vergessen die Revisionisten immer zu erwähnen.

Liebe Leute: Bitte lasst uns aufhören, über revisionistische Fforderungen
alter und neuer Nazis zu reden, über die Forderungen von Leuten, die einen
Krieg führen würden, um Großdeutschland zurückzuerobern, über Leute, die wie
Hitler damals die Verfassung so zu biegen versuchen, dass sie ihren kruden
Vorstellungen entspricht. Das sind heute keine ernstzunehmenden politischen
Gegebenheiten, und so gern ich theoretisiere, finde ich doch, dass man
diesen KRR-Spinnern zu viel Raum einräumt, wenn man ihre Lügengebäude
ernsthaft betrachtet. Natürlich ist heute vieles im Argen, aber wer will
schon die Nazis zurück? Jemand von euch etwa? Bei vielen der KRR-Spinner
sind im Laufe der zeit Waffen gefunden worden, einige sind im Knast
gelandet, andere träumen weiter. Den Harmlosen geht es darum, keine Steuern
zahlen zu müssen, den Anderen um eine Politik, die die Ergebnisse des
zweiten Weltkrieges zurückdrehen soll. Was hätten sie davon? Sie wären
selbst die Herren der Welt, regierten ein großdeutsches Reich usw. Es gibt
insgesamt mindestens 5 sogenannte kommissarische Reichsregierungen, die
miteinander total verfeindet sind. Nur ihre Argumentationen ähneln sich.
Ich habe keine Lust mehr, diesen Spinnern immer ihre abstrusen Theorien zu
widerlegen. Aber natürlich werde ich das auch weiter tun, wenn jemand von
euch ihnen sonst vielleicht Glauben schenken würde. Deshalb habe ich diesen Text verfasst und zusammengestellt.

Noch ein kleiner Nachschub:

Es stimmt zwar, dass das deutsche Reich nicht untergegangen ist, aber das
galt eben nur bis 1990. Danach wurde eine endgültige Friedensregelung mit
Deutschland als Ganzem getroffen, damit ist die BRD jetzt neu organisiert
und unter neuem Namen identisch mit dem deutschen Reich als
Rechtskontinuität. Ein Nachfolgestaat übernimmt nur die Verpflichtungen des
alten Staates und kann sich das aussuchen. Ein rechtskontinuierlicher Staat
kann sich zwar weiterentwickeln, wie die BRD, ist aber völkerrechtsmäßig
identisch mit dem Vorgänger und kann auch noch dessen Gesetze verwenden. Zum
Beispiel war die weimarer Republik identisch mit dem wilhelminischen
Kaiserreich, völkerrechtlich, obwohl sie eine Republik war, aber sie hatte
sich aus dem Kaiserreich entwickelt, es war keine vollkommene Neugründung.
Hingegen war das deutsche Kaiserreich 1871 nicht identisch mit dem heiligen
römischen Reich deutscher Nation oder dem deutschen Bund, weil dazwischen
praktisch Kleinstaaterei lag und es sich um eine Staatsneugründung handelte.


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