Geführte Womo-Tour: Pro & Contra

Von Andreaskuehn @DE_Globetrotter

Geführte Wohnmobil-Touren erscheinen auf den ersten Blick als Widerspruch an sich. Schließlich fährt man ja ein eigenes Wohnmobil, weil man individuell und vor allem unabhängig unterwegs sein möchte. Dennoch sprechen einige Argumente auch für eine geführte Tour.
Denn selbst robuste Einzelgänger schätzen ab und an die Gemeinschaft Gleichgesinnter. Nicht jeder will sich allein in weit entlegene Gefilde wie Nordafrika, China oder Sibirien begeben. Dazu kommt, dass einige schöne Fleckchen Erde ohne einheimische Führer ohnehin nicht bereist werden dürfen. Oftmals braucht es auch die eine oder andere Sondergenehmigung, um mit dem eigenen Wohnmobil zu reisen. Als Individualtourist ist diese mitunter nicht oder nur sehr schwer zu bekommen. Hier sind dann Veranstalter und deren gute Kontakte zu Agenturen und Behörden im Gastland wirklich hilfreich.
Der sprach- und ortskundige Reiseleiter wird durchaus geschätzt. Fachkundige Assistenz beim Grenzübertritt ist ebenso gefragt wie schnelle Hilfe bei gesundheitlichen oder technischen Problemen.
Aber selbst das so nahe liegende Gute zwischen Flensburg und Oberstdorf gewährt tiefe Einblicke nur dem, der sich damit wirklich auskennt. Naturfreunde betrifft dies ebenso wie sportlich Ambitionierte (Radler, Kanufahrer oder Kletterer). Ein wirklich guter Reisebegleiter weiß um Sehens- und Wissenswertes, das nicht im Reiseführer zu finden ist!
Ganz ohne Führung werden auch diejenigen nicht auskommen, die tiefer in spezielle Materien einsteigen wollen. Das betrifft Kunstinteressierte ebenso wie Weinfreunde oder Jünger des Lukullus.

Einige Anbieter reisen bereits mit ein oder zwei Wohnmobilen, andere haben (teils sehr hohe) Mindestteilnehmerzahlen. Auch die Leistungen differieren sehr stark. Grundsätzlich gilt: Jede Dienstleistung ist möglich - wenn man gewillt ist, sie auch zu bezahlen! Die Touren vieler Veranstalter beginnen nicht bereits in Deutschland! Treffpunkt kann Südspanien ebenso sein wie ein weit entfernter Ort in Osteuropa.
Die Kosten pro Tag und Wohnmobil (zwei Personen) beginnen bei ca. 35 Euro/Tag (nur Reiseleitung) und reichen bis zu 100 Euro und mehr pro Tag (dann zuzüglich div. Campingplatzgebühren und sonstiger Leistungen).
Jedes Pro hat selbstredend auch ein Contra. In weitestgehend unbekannter Gesellschaft sollte nur reisen, wer sich nach selbstkritischer Befragung für sozial kompatibel hält. Das schließt auch eine gewisse Konfliktfähigkeit ein, die aber nicht jeder Teilnehmer einer geführten Tour aufbringen kann und/oder will. Ein „Stinkstiefel" reicht, Dutzenden die Reisefreude sehr gründlich zu verderben!
Die Reise-Philosophie des Veranstalters sollte genau gelesen werden. Mehr als acht bis zehn Wohnmobile halte ich für problematisch! Vor allem dann, wenn die Reisedauer vier und mehr Wochen beträgt. Ganz deutlich ausgesprochen: Das überschreitet für mich die Grenze zum Massentourismus. Entscheiden muss aber letztlich jeder selbst.
Auch bei zwei oder drei Wohnmobilen bleibt eine geführte Tour eine Gruppenreise. Das heißt, für allzu individuelle Wünsche bleibt kaum oder nicht immer genügend Zeit. Wer eine geführte Tour ins Auge fasst, sollte sich ausführlich (!) in diversen Foren (z. B. hier) über diese Art des Reisens, vor allem aber über die Veranstalter, belesen. Es tummelt sich mehr als ein „schwarzes Schaf" in der großen Herde der Anbieter.
Mein persönliches Fazit: Mit dem eigenen Wohnmobil sollte man auch auf eigene Faust die Welt erkunden. Ich halte das Gros der geführten Touren für hoffnungslos überteuert. Wenn ich die „Leistungen" zusammenrechne, bleibt bei einer individuellen Fahrt sehr viel Geld übrig für mindestens eine weitere.
Wer sich um nichts kümmern möchte, ist mit einer geführten Tour gut beraten, hat dann aber im Zweifel auch den Ärger teuer mit bezahlt.
Letztlich gilt aber auch hier: Möge jeder nach seiner (Reise)-Fasson selig werden.
Veranstalter geführter Wohnmobil-Touren

Schreibender vielreisender Backpacker und Reisemobilist