Man behauptet ja gerne, wir alle würden uns nur noch in unserer eigenen Filterblase bewegen und hätten keine Ahnung mehr davon, wie andere Menschen die Welt sehen. Doch wie war das eigentlich damals, als die Hauptinformationsquellen die Tageszeitung, Nachrichtensendungen und der Tratsch im Quartier waren?
Ich erinnere mich noch lebhaft an die Zeiten, als man sich nie mit der Aussage konfrontiert sah, Eltern seien „Kinderhalter“ und es mache nicht den geringsten Unterschied, ob man ein Haustier oder ein Kind zu betreuen habe. Als man noch nicht wusste, zu welcher Gewalt an Rechtschreibung und Grammatik manche Menschen fähig sind, weil Korrektoren alles dafür taten, dass solche Gräuel dem Auge der Leserin verborgen blieben. Als man sich noch einreden konnte, der Rassismus befinde sich auf dem Rückzug, weil man nicht mit Menschen verkehrte, die sich aufgrund ihrer Hautfarbe für etwas Besseres hielten. Als Menschen, die einander wildfremd waren, nicht im Traum auf die Idee gekommen wären, in aller Öffentlichkeit eine gehässige Diskussion über politische, religiöse oder andere Differenzen vom Zaun zu brechen. Als man noch glaubte, man sei von lauter vernünftigen Menschen umgeben, da keiner ungefragt in die Welt hinaus posaunte: „Ich glaube jede Verschwörungstheorie, die gerade im Umlauf ist, schere mich einen Dreck um den Klimawandel und bin im Weiteren fest davon überzeugt, dass die Erde eine Scheibe ist.“
Man mied die Menschen, die das Heu ganz und gar nicht auf der gleichen Bühne hatten, liess sich mit Fremden nicht auf allzu kontroverse Themen ein und abonnierte keine Blätter, die verqueres Gedankengut verbreiteten. War das vielleicht kein Leben in der Filterblase?
Möglicherweise haben wir damals einfach ein wenig selbstbestimmter gefiltert, wen und was wir an uns heranlassen…