Hier mal eine interessante Meinung in der Wochenzeitschrift DIE ZEIT, die mir als diskussionswürdig erscheint:
Geert Wilders ist schizophren, aber nicht jeder Schizophrene ist Geert Wilders
Es passte nichts zusammen, und eben das passte am Ende für die Gutachter zusammen. Sie attestierten dem niederländischen Geert Wilders nun, an paranoider Schizophrenie erkrankt zu sein. [...]
Wilders Kurzfilm "fitna" wurde schon vielfach ausgedeutet. Es ist eine bizarre Mischung unterschiedlichster Ideen, von Nationalismus, Antifeminismus und Islamophobie bis hin zu Zionismus und verschrobenen Anklängen an Zahlenmagie und ans Christentum. Geert Wilders sieht sich als zukünftiger Herrscher der Niederlande vereinigt mit dem belgischem Flandern, als Mitglied einer (nicht existierenden) Ein-Parteien-Diktatur. Er plant, Muslime in Reservaten zu stecken oder zu deportieren.
Wilders Gedanken werden durch Wahnideen bestimmt
Aus dem Gedankengebräu kann man eigentlich nur eines herauslesen: einen tiefsitzenden Verfolgungswahn. Seine Schriften sind das Produkt eines sich bedroht wähnenden Geistes, der den Hass auf seine Verfolger als Ausweg sieht. Die Gutachter glauben, dass Wilders in seinem eigenen wahnhaften Universum lebt, in dem "all seine Gedanken und Handlungen durch seine Wahnideen bestimmt werden".
Manche Kommentatoren entrüsten sich über das Gutachten, weil es die Rechtspopulisten und selbsternannte "Islamkritiker" der Geschichte entlaste, die auch im Namen vermeintlich höherer Ideen geistig brandstiften. Das Gutachten banalisiere das offenkundig Böse von Wilders Antrieb. Aber zwischen Wilders Wahn und den "überwertigen" Ideen von Fanatikern bestehe ein großer Unterschied, sagt Norbert Leygraf, Experte für forensische Psychiatrie an der Universität Duisburg-Essen.
Selbst ein Fanatiker sei dazu imstande, zu seiner Idee kritischen Abstand zu gewinnen. Wer im Wahn gefangen ist, kann das nicht. Wilders glaubt vermutlich wirklich, der letzte Kämpfer für seine Form der "Freiheit" und der Erlöser der Niederlande zu sein. Seine abstrusen Ideen sind nicht, wie bei Fanatikern, die treibende Kraft ihrer Taten, sondern ebenso wie diese ein Symptom der Krankheit. Die roboterhafte Kaltblütigkeit seiner Attacken gegen alles Islamische und sein merkwürdig ungerührter, fast entrückter Gesichtsausdruck bei der verbalen Hetze gegen Muslime fügen sich in dieses Bild.
Für viele ist unverständlich, wie Wilders seine Thesen über Jahre sorgfältig entwickeln konnte, wenn er doch verrückt war. Es stimmt zwar, dass die meisten Schizophrenen geistig so wirr (und natürlich völlig harmlos) sind, dass sie zu einer solchen Thesenentwicklung weder gewillt noch in der Lage wären. Aber: Die Schizophrenie bringt zwar die Gedanken durcheinander, sie schwächt jedoch fürs Erste nicht die Intelligenz – der schizophrene Mathematiker John Nash hat es bis zum Nobelpreis gebracht.
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