Gedankenspiele zur E-Plus-o2-Fusion


Die möglicherweise bevorstehende Fusion von Telefonica o2 und E-Plus beschäftigt die Gemüter. Schließlich steht einiges auf dem Spiel. Nur noch drei Netzbetreiber, das dürfte den Preis-Wettbewerb bremsen. einige fürchten sogar, es könnte am Ende teurer werden.

Hauptquartier der E-Plus-Gruppe (Foto E-Plus) Beschreibung

Hauptquartier E-Plus-Gruppe

Das Kernproblem ist die explodierende Datenmenge bei allen Anbietern, welche eine massive Nachrüstung der Netze erfordert. Die Kunden möchten immer mehr mobil surfen und erwarten von ihrem mobilen Anschluß ähnliche oder am besten noch schnellere Geschwindigkeiten, als am heimischen Festnetzanschluß oder der mobile Anschluß soll das Festnetz ganz ersetzen oder überhaupt erst ausreichend schnelles Internet ermöglichen, auch irgendwo weitab der Ballungsgebiete.

Das alles kostet Geld. Viel Geld. Da darf die Frage erlaubt sein, ob man dafür 4 in etwa gleich flächendeckende Netze aufbauen und erhalten soll. Zumal 2016 viele Frequenzen neu versteigert werden, was wiederum extra Geld kostet, gebaut ist für das viele Geld aber dann noch nichts.

Da kommt da schon ins Grübeln: Was bringt eine fast komplette Neuvergabe der Frequenzen? Sind denn komplett neue Anbieter zu erwarten, die genügend Geld und Ideen haben, besser als bisher die Kunden zu versorgen oder läuft es am Ende nicht doch wieder auf die heute bekannten drei oder vier Anbieter hinaus?

Könnte man nicht die Sache anders aufziehen? Keine teure Versteigerung sondern strikte Vorgaben hinsichtlich der tatsächlich nutzbaren Flächenabdeckung, die selbst in bewohnten Gebieten noch lange nicht so gut ist, wie sie sein müßte? Die heute als Standard verwendeten Smartphones sind empfängermäßig oft sehr schwach auf der Brust. Entweder üben die Netzbetreiber massiven Druck auf die Gerätehersteller aus oder verdichten die Funkversorgung, daß es an allen regelmäßig bewohnten und befahrenen Flächen ausreichend Netz gibt. Wer diese Kriterien nicht erfüllt, könnte mit empfindlichen Geldbußen oder gar einem Entzug der Lizenz rechnen. Im Gegenzug könnte auf die Neuversteigerung verzichtet werden.

Das bei der Lizenz “gesparte” Geld würden die Anbieter dann in den Netzausbau stecken und endlich auch die bislang gar nicht oder schlecht versorgten Gebiete besser ausbauen müssen, wenn sie nicht ihre Lizenz verlieren wollten.

Würde das die Fusion von o2-E-Plus verhindern? Nicht unbedingt. Aber andersherum: Wird die Fusion bei der Netzqualität und Versorgung von E-Plus oder o2 kurzfristig Besserung bringen? Ich fürchte eher nicht.

Wie ich gesagt habe: Die Lizenz(en) wäre(n) futsch.

Wie ich schon vor einiger Zeit “vorhergesagt habe”, droht die Bundesnetzagentur (BNetzA) den fusionswilligen Anbietern dieser Tage mit einem Entzug der zugeteilten Funkfrequenzen. Dabei wären sowohl die bis 2016 gültigen GSM-Lizenzen als auch die bereits im Jahr 2000 für etwa 8 Milliarden EURO teuer ersteigerten UMTS-Lizenzen “futsch” (ursprünglich gültig bis 2020), denn die Auflagen erwarten eine “wettbewerbliche Unabhängigkeit” der Unternehmen. Die BNetzA könnte sie durch einen Widerruf der betroffenen Frequenzzuteilung einkassieren.

Unterstellt, die BNetzA würde wenigstens o2 die Frequenzen belassen, dann müssten alle bisherigen Kunden von E-Plus auf die vorhandenen Funkfrequenzen von o2 “huckepack” aufgeladen werden werden, etwa durch eine “Roaming”-Freigabe, damit die bereits ausgegebenen 24.000.000 SIM-Karten noch weiter verwendet werden können. Später dürften die Karten gegen neue aus dem o2-Netz ausgetauscht werden. Wenn alles gut läuft, könnten die vorhandenen Kundendatenbanken eine Weile “parallel” laufen, aber am Ende müssen die Daten auf ein gemeinsames System migriert werden. Das ist schon machbar, aber es wird “knirschen, jede Wette.

Den ultimativen Worst-Case, eine Sperrung der Frequenzen sowohl bei E-Plus UND bei o2 zugleich, wollen wir uns lieber nicht vorstellen. Das ist eher als Drohung zu verstehen. (Falls doch: Nur noch D1 und D2? Das könnte den Bonnern im Landgrabenweg und den Düsseldorfern am Ferdinand-Braun-Platz am Ende noch gefallen? :-)

Mit der Neuversteigerung kann sich die “neue o2″ dann entsprechend ausreichend Frequenzen “kaufen”, um alle theoretisch 43 Millionen Karten versorgen zu können, das kostet zunächst einmal eine Menge Geld, das wieder für den Ausbau fehlt.

Das Bundeskartellamt  (die sind von der BNetzA unabhängig) könnte sich ein Beispiel an Österreich nehmen: Sprich E-Plus würde dazu verdonnert, einige Discounter-Töchter mitsamt deren Kunden zu veräußern, beispielsweise an Telekom , Vodafone oder einen Service-Provider wie Mobilcom-Debitel oder Drillisch oder einen ganz neuen Anbieter, der bislang hierzulande noch gar nicht aktiv war. Das verschlechtert die erhofften Synergien nochmals, brächte wenigstens etwas Geld in die klammen Kassen, nur würden D1, D2 oder ein “unabhängiger” Provider wenig bis gar nichts dafür bezahlen wollen. Knifflig.

Kreativ wäre die Idee, die E-Plus Tochter E-Plus-Service zum echten Service-Provider aufzubohren, welche dann nicht nur E-Plus (resp. künftig o2) sondern auch Kunden in den Netzen von Vodafone und Telekom hätte. Wirtschaftsrechtlich würde das wohl etwas kompliziert, da o2 als neuer Inhaber von “E-Plus” dann indirekt Kunden in konkurrierenden Netzen hätte. Also müßte ein “neuer” (“neutraler”) Investor bei der E-Plus-Service einsteigen oder diese komplett übernehmen.

Was bringt die Fusion netztechnisch?

Netztechnisch haben E-Plus und o2 spürbare Probleme, jeder auf seiner Art. Bei einer Bahnfahrt von Emden nach Essen (in Norddeutschland) beispielsweise blieb o2 die Netzversorgung über weite Strecken schuldig. Auf den deutschen Nordseeinseln liefert o2 ein oft schwaches Signal, datenmäßig ist GPRS mit EDGE möglich, auf schnelleres Internet dürfen o2 Kunden im Urlaub verzichten, auch bei E-Plus geht es gemütlich zur Sache (was vielleicht der Erholung ganz gut tut…)

Datentechnisch hat E-Plus im letzten Jahr gewaltig aufgeholt, logischerweise noch nicht überall, aber doch durchaus spürbar. E-Plus setzt auf den Lieferanten ZTE, o2 bezieht seine Technik von Huawei. Wie schnell und wie zuverlässig können diese unterschiedlichen Techniken zusammengeschaltet werden? Zumal ja wohl (zunächst) nur bereits von o2 gehaltene Frequenzen erlaubt sein könnten, was die Geschichte – wie schon gesagt -  deutlich komplizierter machen würde.

Rein von der technisch/wirtschaftlichen Logik her, wäre eine Fusion von o2 und Telekom interessanter gewesen (durch das ehemalige D1-Roaming kennt man sich ja schon, aber kartellrechtlich aber ein absolutes No-Go) nur hätte E-Plus sich dann wohl der Vodafone an den Hals werfen müssen – am Schluß wären nur noch 2 Netzbetreiber übrig geblieben, ein lautstarkes Njet aus Bonn/Berlin wäre so sicher wie das Amen in der Kirche gewesen. Funktechnisch wäre das sicher interessant geworden. Der Wettbwerb bliebe dann endgültig auf der Strecke.

Am Ende könnte man sich gleich eine Einheits-Netzgesellschaft vorstellen, die staatlich kontrolliert, aber diskriminierungsfrei alle Anbieter versorgen müßte und keine Endvertragskunden hätte. Technisch sicherlich ideal, aber praktisch die Rückkehr zu guten alten “Deutschen Bundespost”: Technik sehr stabil, sehr teuer und sehr schwerfällig, Neuerungen kämen dann immer etwas später oder auch nie. Ältere Semester erinnern sich beispielsweise an das jahrelange Verbot von schnurlosen Telefonen in Deutschland, Zuwiderhandlung war damals eine Straftat!

Keine Angst, weniger als 3 Netzbetreiber wirds hier wohl nicht geben, denke ich.

Die Folgen für den Endkunden?

Ich wiederhole mich: Wir müssen und von der ewigen schönen “Alles wird billiger und dennoch besser”-Welt ein stückweit verabschieden. Das “Billig” hat halt Nebenwirkungen. Sicher, große Stückzahlen und optimierte Produktionsmethoden können Kosten senken, das erleben wir täglich. Aber “billig” führt auch zu Kostensenkungen, wo nichts mehr zu senken geht, wo nur noch Personal eingespart wird, das man dringend bräuchte, wo am Ende schlicht die Qualitätleidet oder gar nicht mehr da ist.

Die Sache ist verzwickt: Wenn Sie einen Standard-Tarif wählen, daran nie etwas ändern, kann alles reibungslos verlaufen. Wenn aber nur eine Kleinigkeit “schief” geht oder geändert werden soll, dann … wird es schnell komisch. Wenn in einem komplett ausgelagerten und zusammengesparten Netzbetrieb ein Sender in Hinterumstechbach ausfällt, weiß der Disponent in Osteuropa oder Südindien gar nicht, wo Hinterumstechbach liegt, er fordert einen Techniker an, der irgendwann mal kommt, sofern die Priorität des Problems hoch genug ist und sofern überhaupt noch ein Techniker verfügbar ist. Man könnte meinen, daß die “Großen” wie Telekom oder Vodafone da doch genügend “Luft” hätten, aber wenn man Insidern genau zu hört, erfährt man Dinge, die einen erschaudern lassen.

Bei all diesen “Merger & Aquisitions” geht es in erster Linie um viel Geld. Ob man in Hinterumstechbach oder im Bürohochaus im Industriegebiet telefonieren und/oder surfen kann, gerät dabei leicht in Vergessenheit.

Was kann man raten?

Allgemein gilt, seine Mobilfunkverträge oder Prepaid-Karten genauer anzuschauen.

Welche Karten und Netze habe ich?

Wie ist die Qualität?

Geht ein anderes Netz vielleicht dort, wo ich es brauche, besser?

Wann habe ich meine Prepaid-Karte das letzte Mal aufgeladen? Karten, die selten genutzt und noch seltener aufgeladen werden, können scheinbar ohne Vorwarnung (lesen Sie alle SMS, die Sie bekommen?) abgeschaltet werden.

Führen Sie ein bischen Tagebuch. Schreiben Sie Sich alle vorhanden Rufnummern und die dazugehörenden Kartennummern (auf dem Chip) auf, ferner alle Passworte für Kundenservice, PIN und PUK und bewahren sie diese Daten irgendwo sicher auf.

Wenn Sie beispielsweise bei Vodafone mehrere CallYa Karten haben, können sie sich die Restguthaben auf eine Karte übertragen und die nicht genutzten Rufnummern abschalten lassen. Ähnliches könnte mit etwas Verhandlungsgeschick auch bei den andern Anbietern möglich sein. Sind nur noch 2-3 Euro auf einer Karte, ist es am stressfreisten, die Karte selbst leer zu telefonieren und auf der dazugehörenden Mailbox eine Ansage “Die Rufnummer hat sich geändert: Bitte wählen Sie 0….” aufzusprechen. Viele Mailboxen kann man in einen “Nur-Ansage-Betrieb” umstellen. Eine Rufumleitung zur aktuell genutzten Nummer würde ich nicht empfehlen, sie könnte je nach Anbieter auch kostenpflichtig sein, bei fehlendem Guthaben gibts keine Umleitung, nur eine Fehlermeldung. Umleitungen zur eigenen Mailbox sind immer kostenfrei.

Wenn Sie Laufzeitverträge haben, notieren Sie sich die Kündigungsfristen. Es ist ein Irrglaube, daß Laufzeitverträge “automatisch” aufhören. Sie laufen so lange, bis sie wirksam gekündigt wurden und dann (hoffentlich) auch abgeschaltet wurden.

Wenn Sie Ihre Bankverbindung wechseln wollen, lassen Sie das “alte” Konto so lange wie möglich leben und beobachten, ob alle Telefongesellschaften “verstanden” haben, daß Sie eine neue haben. Selbst wenn die Abbuchung vom neuen Konto einmal funktioniert hat, könnte sie kurz darauf wieder “zurückspringen” weil die zusammengesparten Systeme ein veraltetes Backup eingespielt haben.

Kündigen Sie Verträge nur, wenn Sie diese beenden möchten. Notieren Sie sich das Datum Ihrer Kündigung und das Aktenzeichen des Einschreibens. Es ist ein nettes Gesellschaftspiel, alle Verträge prophylaktisch kurz nach Abschluß zu kündigen, aber wenn Sie dann den Kündigungstermin verpassen, ist die Karte aus, weil der erhoffte Angebot der Kundenrückgewinnung mit dem Super-Angebot nicht immer kommt oder bei Licht betrachtet doch nicht so attraktiv ist, wie erhofft.

Wenn Sie bisher nur auf ein Netz gesetzt haben und regelmäßig telefonieren oder surfen wollen oder müssen, wäre eine Reservekarte in einem andern Netz ganz hilfreich.
Bei der “Zweitkarte” ist eine Prepaid-Karte wohl sinnvoll, aber auch diese muß gepflegt werden. Informieren Sie sich über die Konditionen der notwendigen (Daten)Tarifoptionen, oft sind die Funktionen eingeschränkt, wenn der monatliche Obulus nicht vom Guthaben der Prepaidkarte abgebucht werden kann. Eine Aufladeautomatik (vom Bankkonto) sollte bei selten genutzten Karten abgeschaltet bleiben, die Möglichkeit einer manuellen Nachladung vom Bankkonto ist hingegen praktisch, wenn man keine Kiosk in der Nähe hat oder man verwendet das Online-Banking der eigenen Bank oder Sparkasse, um nachzuladen.

Was sollen E-Plus-Kunden tun?

Bis die Fusion, sofern sie denn wirklich so kommt, wirksam wird, dürfte es Mitte/Ende 2014 werden.

Falls sich für die bisherigen Kunden von E-Plus etwas ändert, werden sie per SMS-Kurzmitteilung, e-mail oder sogar per Papierpost informiert. Denkbar ist, daß E-Plus Kunden die technische Möglichkeit bekommen, sich bei o2 einzubuchen (“national roaming”). Denkbar ist auch, daß nach 2014/2015 alle bisherigen E-Plus-Netz-SIM-Karten ausgetauscht werden, die alte Rufnummer bleibt dabei wenigstens erhalten, möglicherweise ist man dann für eine Nacht oder einen Tag komplett “offline”, hoffentlich nicht länger.

Die Netzqualität von “o2-neu” wird im Vergleich zu “E-Plus-alt” auf längere Zeit durchwachsen bleiben. Denkbar sind neue Funklöcher genauso wie neue Netzversorgung an Stellen, die bislang nie richtig geklappt haben.

Wer vorher einen Netzwechsel anstrebt, kann aktuell auf diversen Seiten im Internet kostenlose Xtra, CallYa oder o2-Loop “Frei”-Karten bestellen und einmal in Ruhe vergleichen. Falls erforderlich, den bestehenden Vertrag regulär kündigen (in allerspätestens 24 Monaten sollten Sie draußen sein), außerordentliche Sonderkündigungen wegen der Fusion gibts mit SIcherheit nicht.

Schlagwörter: BNetzA, Bundesnetzagentur, E-Plus, Fusion, Kündigung, national roaming, o2-neu, Telekom, Vodafone


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