Gedanken zur GEMA, zu Youtube und dem ganzen Rest

In Hamburg wurde ein Einzelfallurteil gefällt, dass es Youtube verbietet, einige Videos weiterhin in Deutschland bereitzustellen. Die GEMA, die im Netz und auch in der Gesellschaft vielerortts als räuberische Krake gilt, hat wohl gewonnen. Immer wieder höre ich die Forderung nach Abschaffung der GEMA. Meine Gedanken dazu sind nicht vollkommen eindeutig.

Viele deutsche Künstler, zum Beispiel Sven Regener, beklagen die Kostenlos-Mentalität vieler Nutzer, die sich einfach Videos und Musik anhören und runterladen wollten, ohne den kreativen Künstlern etwas dafür bezahlen zu wollen. Viele Netz-Aktivisten und kritische Bürger wünschen der GEMA die Pest an den Hals, seit sie das Absingen von Martinsliedern mit Gebühren belegen wollte und auf Youtube deutsche Videos sperren lässt. Auch ich habe mich geärgert: Früher waren Privatkopien erlaubt, heute versucht man, auch ihnen einen Riegel vorzuschieben. Das Urheberrecht in Deutschland wird immer restriktiver gehandhabt. Ein Bekannter, der auch Musiker ist, plädierte auf Twitter für die Abschaffung der GEMA. Die Künstler sollten von den Konsumenten bezahlt werden. Im ersten Moment eine bestechend logische Forderung, aber leider nicht auf Dauer. Ich war und bin teilweise auch jetzt noch ein scharfer Kritiker der GEMA, habe mich aber in einer langen und interessanten Diskussion mit meinem Freund und Journalistenkollegen Franz-Josef Hanke zum Nachdenken bringen lassen. Hier ist, was dabei bislang herausgekommen ist.

Jeder Urheber geistigen Eigentums, oder sagen wir besser, jeder Schöpfer eines kreativen Werkes hat meiner Ansicht nach ein Recht auf eine angemessene Bezahlung. Wie in allen anderen Fällen auch kann diese Bezahlung nur als Gegenleistung für die Vorführung oder Überlassung eines Kunstwerrks geschehen. Gäbe es keine GEMA, müsste jeder Komponist und jeder Texter mit jedem Händler, der sein Werk verbreitet, mit jedem Ensemble oder jeder Band, die das Werk zur Aufführung bringt, mit jedem Radiosender, der das Werk spielt und jedem Konzertveranstalter, in dessen Räumen das Werk zur Aufführung gelangt, einzelne Verträge abschließen. Dasselbe gilt für jedes Internetportal wie Youtube, auf dem das Video zum Abruf gespeichert wird. Der Zeit- und der Kostenaufwand wären für jeden Komponisten und jeden Texter unverhältnismäßig hoch. Natürlich kann er sagen: “Mein Werk darf frei verbreitet werden”, damit verzichtet er auf jegliche Einnahmen aus der Nutzung seines Werks. Für Menschen, die Musik zum Spaß machen, ist das okay, für Menschen, die Musik zum Beruf machen, ist das unakzeptabel. Um all diese Rechte zu vertreten und die Verhandlungen zu führen, haben die Künstler selbst die GEMA gegründet. Sie streicht die Erträge der Werksnutzung ein. Entgegen der landläufigen Meinung schüttet die Organisation rund 85 % des Gewinns an die Mitglieder aus, also an die Komponisten und Texter. Sie selbst macht keinen Gewinn, erhebt lediglich eine Verwaltungsgebühr von rund 15 %. Das ist nur recht und billig, sie muss schließlich den Verwaltungsaufwand leisten, alle Werke erfassen, Aufführungen, Verkauf und Radioeinsätze im Auge behalten, mit den Onlineplattformen, Radiosendern, usw. die Verhandlungen führen. Dafür hat sie natürlich auch Mitarbeiter, die bezahlt werden wollen. Im Grunde sorgt die GEMA dafür, dass die Künstler leben können von ihrer Arbeit.

In anderen Ländern gibt es die GEMA oder ähnliche Verwertungsgesellschaften schon viel länger als in Deutschland. In Frankreich begann man schon 1851, in Deutschland erst 1902. Trotzdem ist das Urheberrecht hier anders als in den umliegenden Ländern. Dass es so eine große Mitnahmementalität in Deutschland gibt, liegt sicher auch daran, dass es kaum möglich ist, legal irgendetwas mit Musik anzufangen. In den neunziger Jahren und zu Beginn des Internetzeitalters wäre beispielsweise ein kostenloses Videoportal wie Youtube ein absoluter Renner auch für die Urheber gewesen. Damals gab es eine sehr verbreitete Mentalität, sich etwas anzuschauen und es dann zu kaufen. Ich finde das nur fair. Ich selbst gehe mit Musik ähnlich um. Es gab eine Zeit, in der habe ich Musik über “Peer2Peer-Netzwerke” gezogen, nicht viel, aber immerhin. Das habe ich vollständig aufgegeben, seit es für mich eine einfache Möglichkeit gibt, Musik als Mp3 zu erwerben, ohne befürchten zu müssen, dass sie auf einem anderen Rechner oder Gerät nicht funktioniert. Manchmal habe ich Musik vorher bei Youtube gehört, bevor ich sie gekauft habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich der Einzige bin. Ich bezahle auch für online-Artikel von Zeitungen, die mir gefallen, zum Beispiel über Flattr. Und das, obwohl ich sie im Netz kostenlos lesen kann. Inzwischen aber sehen viele nicht mehr ein, geschützte Musikstücke zu kaufen, mit denen sie dann nichts anfangen können, sobald sie diese Stücke auf ein anderes Gerät überspielen. Die Musikindustrie will ihre Gewinne maximieren. Das betrifft aber nicht nur oder in der Hauptsache die Komponisten und Texter, sondern vor allem die Plattenfirmen, deren Gewinnmargen erheblich höher liegen als die der Autoren.

Ich kann den Unmut darüber verstehen, dass viele Videos bekannter Stücke in Deutschland bei Youtube nicht abrufbar sind. Schuld ist die GEMA, die einen hohen Vergütungssatz verlangt, sagen die GEMA-Gegner. Die Anhänger der deutschen Urheberrechtsschutzorganisation behaupten hingegen, Youtube sei ein milliardenschwerer Konzern, der verbissen um alle Gewinne kämpfe. Es sei kein mildtätiger Sozialverein, wird oft gesagt. Das stimmt natürlich. Auch wenn es den Nutzer selbst nichts kostet, bringt youtube dem Mutterkonzern Google tatsächlich erheblich Geld ein. Das Problem ist denn auch die Höhe der Forderungen der GEMA an Youtube, nicht die Frage, ob Youtube überhaupt an die GEMA zahlen will oder nicht. Seit 2009 liegen Google und die GEMA darüber im Streit, wobei Google als armes Opfer in der Netzdebatte wahrgenommen wird.

Ich glaube, die Forderung nach Abschaffung der GEMA ist illusorisch. Sie nimmt den Komponisten und Textern eine Menge Arbeit ab und hilft ihnen, sich auf ihre Werke zu konzentrieren und davon leben zu können. Wie ein Hausmeister in Häusern mit Eigentumswohnungen, der von den Eigentümern angestellt ist, oder eine Verwaltungskraft, die all den lästigen Papierkram macht. Eigene Interessen als GEMA kennt der Verein nicht, es sind die Interessen seiner Mitglieder, die er vertritt. Trotzdem wird die GEMA auch von Mitgliedern kritisiert. Das Liegt vor allem daran, dass es ein sehr undurchsichtiges System zur Berechnung von Tantiemen gibt. Die Mitglieder können oft die Höhe der Ausschüttungen, die sie erhalten, nicht nachvollziehen. Daran muss die GEMA dringend etwas tun. Ich glaube aber, dass sie grundsätzlich notwendig und sinnvoll ist. Dass ich Kritik an der Form des deutschen Urheberrechts habe, steht außer Zweifel. Kinder müssen auch bei öffentlichen Veranstaltungen ihre Lieder singen dürfen, jeder Mensch muss eine Privatkopie machen dürfen, und es müsste sogar möglich sein, im privaten Kreis diese Privatkopien vorzuführen. Und die Urheber und Youtube sollten sich schnell auf einen realistischen Betrag für die Vergütung einigen, damit auch das Anschauen von Musikvideos in Deutschland uneingeschränkt möglich wird. Google sollte sich das durchaus etwas kosten lassen, denn vor allem sollten an einem Werk die Urheber verdienen, und nicht die, die es vermarkten und an seiner Schöpfung eigentlich nicht beteiligt sind.


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