Gedanken zum Kino-Film Camino de Santiago

Erstellt am 7. August 2015 von Christoph @ChrisErkens

Der Jakobsweg im Kino

*Gastbeitrag von Christian von literadtour.com*

Nun, da der neue Film „Camino de Santiago“ seit Juni nun endlich auch in Deutschland in die Kinos kam, nachdem er schon seit geraumer Zeit in der Schweiz gezeigt wurde, stand es für uns außer Frage, uns diesen Streifen anzusehen. Schon allein aus dem Grund, um unsere Vorfreude auf unseren eigenen Camino zu steigern. Schließlich wollten wir uns in ein paar Wochen selbst auf den Weg machen, um über den Camino del Norte das Ziel Santiago de Compostela zu erreichen.

Auch wenn dieser Film die Route über den Camino Francés zeigt, würde er uns sicherlich das Flair des Weges vermitteln, vielleicht auch schon ein gewisses Vorgefühl auf das, was uns erwartet.

Wir wollten diesen Film auf jeden Fall sehen, und umso mehr freuten wir uns natürlich, als wir bei einer Umfrage auf diesem Blog zwei Kinokarten für den „Camino de Santiago“ gewannen. Vielen herzlichen Dank noch einmal hierfür an Christoph!

Gespannt waren wir schon wenige Tage später im Kino. Da wir ein paar Minuten zu früh dort waren, wunderte es uns nicht, dass wir vorerst völlig allein in dem Saal waren. Irgendwann kamen noch drei Leute herein, die sich hinter uns setzten, letztendlich noch eine Frau, und das war’s. Wir waren also zu sechst, als der Film begann, und schon im Vorfeld fand ich es eigentlich schade, dass sich nicht mehr Besucher für den Camino zu interessieren schienen. Aber was soll’s … wir waren jedoch sehr gespannt darauf, was wir zu sehen bekommen würden.

Los geht‘s

Der Film begann mit wunderschönen Luftaufnahmen in der Schweiz, gefilmt mit einer Drohne, die eine herrliche bergige Gegend mit schmalen Wiesenpfaden zeigte,  auf denen diverse Pilger einzeln oder in Gruppen mehr oder weniger schnell unterwegs waren. Eine ganze Weile lang überflogen wir somit die Schweiz und fragten uns hierbei, ob wir auf unserem Weg an eben diesen Stellen ebenfalls vorbeikommen würden. Die Musik tat ihr Übriges und ich fand sie sehr passend zu den entsprechenden Sequenzen gewählt.

Ein vielversprechender Filmbeginn, wie wir fanden, doch schon recht bald wird klar, dass der Film insgesamt leider sehr  oberflächlich gehalten wurde. Viele, viele Landschaftsaufnahmen, deren Überblendungen oftmals viel zu schnell verliefen und nicht wirklich das Herz entzündeten, da sie viel zu allgemein gehalten wurden. Dann 50 ebenso oberflächlich abgehandelte Interviews mit Pilgern über die Beweggründe ihrer Reise.

Allein die Frage nach den Gründen ihrer Pilgerreise finden wir daneben, denn es sind wirklich persönliche Motive, die Außenstehende im Grunde genommen nichts angehen. Dennoch, wenn man schon fragt, sollte man jenen, die bereit für eine Antwort sind, doch auch die Möglichkeit hierzu geben. Jeder einzelne dieser Menschen hat mitnichten mindestens ein Schlüsselerlebnis, welches ihn auf den Jakobsweg brachte, doch kein einziger hatte auch nur annähernd die Möglichkeit, ausführlich auf die Frage danach antworten zu können.

Die Filmschnitte hier viel zu schnell, der Untertitel-Text nicht passend auf die einzelnen Sequenzen, sondern mit Verzögerungseffekt, sodass man beim Betrachten des Films fast in Stress gerät, um gleichzeitig dem Text, wie auch den Filmbildern gleichermaßen folgen zu können. Dies ist wirklich ein Ding der Unmöglichkeit. Dann wieder einige Luftaufnahmen, die z.T. zu schnell geflogen wurden, sodass man den Reiz mancher Städtchen nicht aufnehmen konnte.

Der Schluss des Films zeigt das Ende der Welt „Kap Finisterre“, wo Pilger an einem Lagerfeuer auf den Felsen still dem Ende ihrer Reise gedenken, den Blick auf den Atlantik gerichtet, weltfremd, berührt … ein sehr bewegender Augenblick, der auch die Zuschauer des Films erreicht.

Fazit:

Eigentlich gibt es nur zwei Szenen, die dem Kinobesucher leuchtende Augen bescheren: Die Anfangsszene und der Schluss. Alles andere ist leider an Oberflächlichkeit nicht zu überbieten. Menschen, die interviewt werden, deren Aussagen jedoch nach zwei Sätzen geschnitten werden und somit in keinem einzigen Gespräch die Quintessenz dessen, weswegen sie sich auf „ihren“ Weg begeben haben, oder was sie empfinden, zum Ausdruck kommt.

Landschaftsbilder, die anscheinend zumeist wahllos fotografiert wurden, ohne darauf zu achten, dem Kinobesucher „Lust auf mehr“ zu machen. Schade eigentlich, aber so manch ein Hobbyfotograf bringt eindrucksvollere Bilder zustande.

Dennoch möchten wir den Film nicht völlig schlechtreden, denn immerhin gab er dennoch wenigstens einen kleinen Einblick auf die Wegstrecke, doch für wahre Begeisterungsstürme reicht er leider nicht aus.

Was ist eure Meinung dazu?

Hier geht es zur Webseite zum Film, hier geht es zum Trailer.


Christian und Gaby Berktold sind 2015 mit dem Fahrrad auf dem Jakobsweg unterwegs. Sie starten vor ihrer Haustür in Deutschland und radeln bis zum Kap Finisterre. Auf literadtour.com bloggen sie über ihre Reise.