Gauck möchte mehr deutsche Krieger sehen

Kann es sein, dass der Mensch in Geschichte nie auf­ge­passt hat? War er beten oder Kreide holen als es um die deut­sche Verantwortung an zwei Weltkriegen ging? Anders ist kaum zu erklä­ren, wel­chen Bullshit der Mann die­ser Tage von sich gab.

gauck 01 400x269 Gauck möchte mehr deutsche Krieger sehenDa pas­t­ort er erst über sein arg unter­drück­tes Leben in der DDR, als er zwangs­weise mili­ta­ri­siert wurde1, er regt sich – berech­tigt – gegen die “Erziehung zum Hass” auf, die in dem unter­ge­gan­ge­nen Land weit ver­brei­tet war. Ich erin­nere mich auch mit gewis­sem Schrecken an die Zeit, als “Militärkunde” auf dem Stundenplan stand und uns ein völ­lig unter­be­lich­te­ter Unterleutnant erklä­ren wollte, wie gna­den­los verot­tet der Kapitalismus sei und dass unsere NVA nur aus Helden, aus “Bürgern in Uniform” bestehe. Nun ja… ich habe diese Armee lei­der aus der Nähe sehen müs­sen…

Und wie der Herr Gauck dann fer­tig ist mit sei­ner Darstellung des bösen “ost­deut­schen” Militärs kommt er auch gleich zu Sache: “…Und bin froh, weil ich zu die­ser Armee und zu den Menschen, die hier die­nen, aus vol­lem Herzen sagen kann: Diese Bundeswehr ist keine Begrenzung der Freiheit, sie ist eine Stütze unse­rer Freiheit.” – ja, ver­mut­lich am Hindukusch.

Vielleicht tut es Not, Herrn Gauck daran zu erin­nern, dass auch die Bundeswehr Nachfolger der Wehrmacht ist – die NVA trug die Uniformen der Wehrmacht auf; die Bundeswehr deren Gedankengut.

Dieses Gesalber über die heh­ren Werte, die inner­halb der Armee herr­schen kann nur jemand von sich geben, der nie in einer der nerv­tö­tend lang­wei­li­gen und die schlech­tes­ten Instinkte des Menschen her­vor­ru­fen­den Armee gedient hat. Das gilt im Übri­gen für jede Armee.

“Ich denke daran, wie in den Jahren nach 1990 die Bundeswehr eine “Armee der Einheit” wurde – und aus Soldaten, die einst viel­leicht auf­ein­an­der hät­ten schie­ßen müs­sen, Kameraden.” Die sog. “Armee der Einheit” ist so ein­heit­lich wie die US-Army. Dort sind es die Afroamerikaner, die einen im Verhältnis zur Bevölkerung viel zu hohen Anteil bil­den; bei der Bundeswehr über­neh­men junge Männer und Frauen aus den “fünf neuen Bundesländern” diese Rolle.
Die “Armee der Einheit” ist eine Armee derer, die sich sonst in der Gesellschaft kaum behaup­ten kön­nen und nur geringe Zukunftsaussichten haben. Es ist der Teil der Gesellschaft, der nie eine Chance bekommt.

Ob sich unser Bundespräsident bei einem Satz wie die­sem: “Die Bundeswehr auf dem Balkan, am Hindukusch und vor dem Horn von Afrika, im Einsatz gegen Terror und Piraten – wer hätte so etwas vor zwan­zig Jahren für mög­lich gehal­ten?” selbst Beifall klatschte ist dem zitier­ten Artikel nicht zu ent­neh­men. Aber es steht zu ver­mu­ten. Denn vor zwan­zig Jahren war Deutschland noch ver­nünf­ti­ger und nicht der Meinung, dass es auf­grund sei­ner wirt­schaft­li­chen Interessen nütz­lich sei, auf dem Balkan, am Hindukusch oder vor der soma­li­schen Küste Macht zu zei­gen. Es war in der Gesellschaft noch nicht ver­ges­sen, wohin es füh­ren kann, wenn wirt­schaft­li­che Interessen über Menschenrechte ste­hen.

Insofern ist Gauck jedoch ein kon­ge­nia­ler Partner der Merkel-Regierung. Die ver­gißt ja auch immer dann ihr hoh­les Menschenrechtsgefasel, wenn es etwas zu ver­kau­fen gibt. Ob es sich dabei um Panzer für Saudi-Arabien oder U-Boote für Israel han­delt.

Ich kann es nur über­aus ver­lo­gen nen­nen, wenn Gauck dann noch den Anschein erwe­cken will, dass die Bundeswehrauslandseinsätze die Zustimmung der Bevölkerung fin­den: “Es muss da debat­tiert wer­den, wo unsere Streitkräfte ihren Ort haben: in der Mitte unse­rer Gesellschaft.”2

Und nun , ganz Pfaffe: “Die Abscheu gegen Gewalt ist ver­ständ­lich. Gewalt, auch mili­tä­ri­sche Gewalt, wird immer auch ein Übel blei­ben. Aber sie kann – solange wir in der Welt leben, in der wir leben – not­wen­dig und sinn­voll sein, um ihrer­seits Gewalt zu über­win­den. Allerdings müs­sen wir mili­tä­ri­sche Einsätze begrün­den.” Im Klartext: Gewalt ist Mittel der Politik. Und wir begrün­den dann schon, wes­halb wir das für rich­tig hal­ten. Dabei hel­fen uns BILD und RTL.

Gauck kommt nicht ein­mal auf den Gedanken, dass Gewalt das aller­al­ler­letzte Mittel sein darf, um das eigene Land gegen Angriffe von Außen zu ver­tei­di­gen. Was er hier kund­gibt ist die Doktrin von einem “begrenz­ten” Angriffskrieg!

Auch wenn er ein paar Sätze wei­ter ver­sucht, das in (s)ein Geschichtsbild zu klit­ten; es bleibt ein Graus. “Dass Frieden, Freiheit und die Achtung der Menschenrechte viel­fach nicht von allein ent­ste­hen – wer wüsste das bes­ser als wir Deutschen?” Deshalb masst sich Gauck an, den Apologeten des “Exports von Demokratie” – die so über­aus erfolg­reich in Irak und Afghanistan waren, zu Munde zu reden? Hätten die Deutschen den letz­ten Krieg nicht so abso­lut ver­lo­ren…

Ich finde es uner­träg­lich, zu lesen, was der oberste Repräsentant des Volkes von sich gibt: “Freiheit und Wohlergehen sehen viele als Bringschuld von Staat und Demokratie. Manche ver­wech­seln Freiheit mit Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit und Hedonismus. Andere sind sehr gut darin, ihre Rechte wahr­zu­neh­men oder gege­be­nen­falls auch vehe­ment ein­zu­for­dern. Und ver­ges­sen dabei allzu gern, dass eine funk­tio­nie­rende Demokratie auch Einsatz erfor­dert, Aufmerksamkeit, Mut…” Es ist eine unglaub­li­che Frechheit, was der Mann sich mit die­sen Sätzen leis­tet. Es ist eine Pauschalisierung, die vor allem Einem dient: den Damen und Herren von Militär mit­zu­tei­len, dass sie bes­sere Menschen sind als “der gewöhn­li­che Zivilist”. Diese Reden gab es in Deutschland bereits schon ein­mal. Kurz vor dem Ausbruch des ers­ten Weltkrieges.

Der Staat hat vor allem eine “Schuld”: die Freiheit des Menschen zu garan­tie­ren. Das ist seine Pflicht! Und keine “Bringschuld” – die­ses Wort setzt näm­lich die ins Unrecht, die ihre Rechte ein­for­dern!

Und dann fällt der wohl meist­dis­ku­tierte Satz sei­ner Rede: “Hier, in der Bundeswehr, treffe ich auf Menschen mit der Bereitschaft, sich für etwas ein­zu­set­zen – gewis­ser­ma­ßen auf “Mut-Bürger in Uniform”! Man trifft diese Bereitschaft auch an ande­ren Orten, in vie­len sozia­len Berufen etwa oder wenn man die Orden ver­leiht, die ein Bundespräsident ver­lei­hen darf.”

Ja wie erfreu­lich für den Bundespfaffen… er darf Orden ver­lei­hen. ja da freuen wir uns aber alle sehr.

Und nur die also, die ihren Hintern hin­hal­ten für die Wirtschaftsinteressen Deutschlands an poli­ti­schen und krie­ge­ri­schen Brennpunkten der Welt sind “Mutbürger”? Und all die, die gegen soziale Kälte auf die Strasse gehen, Wutbürger?

***

Alle Zitate aus der bei SPON ver­öf­fent­lich­ten Rede Gaucks vor der Führungsakademie der Bundeswehr.

PS: Allerdings scheint ein Schlüsselsatz ver­än­dert wor­den zu sein (was dar­auf schlie­ßen lässt, dass es auch andere “ent­schärfte” Passagen gibt). Denn der Focus zitiert Gauck mit “Und dass es wie­der deut­sche Gefallene gibt, ist für unsere glücks­süch­tige Gesellschaft schwer zu ertra­gen.” - aus dem Satz wird bei SPON dann:  “Und dass es wie­der deut­sche Gefallene gibt, ist für die Gesellschaft schwer zu ertra­gen.” - da fehlt das viel­dis­ku­tierte Wort “glücks­süch­tig”! Qualitätsjournalismus pur…

PSS: Zu emp­feh­len dazu auch Albrecht Müller bei den Nachdenkseiten: Worte des Bundespräsidenten: Ekelhaft und geschichts­ver­ges­sen

  1. was an sich richtig ist…
  2. Ich stelle jetzt mal nicht die Frage, ob die Bundeswehr tatsächlich die “Mitte der Gesellschaft” darstellt… ich habe da große Zweifel.

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