Gasturbine

Der große Makel der Batteriemobile bleibt ihre magere Reichweite. Eine kleine Gasturbine könnte das beheben – und sogar die Kosten drücken.

Rennsportfreaks träumen schon lange vom Auto mit Jet-Triebwerk: einmal lässig den Nachbrenner zünden und dann die Autobahn entlangdüsen. So verrückt sich das auch anhört, bei der Idee handelt es sich ganz und gar nicht mehr um Science-Fiction.

Gasturbine

 

Solch unkonventionelle Mini-Triebwerke entwickeln Ingenieure tatsächlich gerade für Autos. Allerdings nicht, um Rekorde zu brechen – sie sollen vielmehr Strom für Elektroautos und Plug-in-Hybride produzieren. Denn trotz des Enthusiasmus der Politik für elektrisch angetriebene Fahrzeuge glaubt kaum ein Experte, dass sie die herkömmlichen Motoren von der Straße drängen können. So hat etwa Toyota im September den groß angekündigten Verkaufsstart seines neuen Elektroautos eQ kurzerhand abgeblasen: Weder Reichweite noch Kosten oder Ladezeit solcher Fahrzeuge entsprächen zurzeit den Erwartungen der Kunden, erklärte der japanische Hersteller.

Was also tun? Auf bessere und billigere Batterien warten? Das könnte sich noch hinziehen und ist im Zweifel teuer. Eine andere Idee ist, einen Schritt zur Seite zu machen und wieder eine konventionelle Maschine einzubauen, um die Reichweite zu verbessern.

Weiter fahren mit der Mikrogasturbine

Dazu sind verschiedene Konzepte im Gespräch. Etwa ein zusätzlicher Wankelmotor, Brennstoffzellen, Zweizylinderbenziner oder Stirlingmotoren. Je nach Konzept sorgen diese Motoren für zusätzlichen Vortrieb, laden die Batterien – oder beides. Bislang konnte aber keines dieser Konzepte vollends überzeugen.

Mit der Mikrogasturbine kommt eine interessante Variante dazu. Die Turbine soll ausschließlich Strom produzieren und die Batterien während der Fahrt aufladen. Dazu saugt sie Luft an, verdichtet sie – und verbrennt sie zusammen mit dem jeweiligen Treibstoff in einer Brennkammer. Das heiße Abgas bringt dann direkt eine Turbinenstufe zum Rotieren. Mit Hilfe eines Generators wird diese Bewegung in Strom umgewandelt.

Zum einen wächst so die Reichweite deutlich, zum anderen erlauben die Range-Extender genannten Zusatzaggregate, weniger Batterien einzubauen. Und das spart mehr, als der Hilfsmotor zusätzlich kostet. Allerdings darf der Range-Extender nicht zu groß sein: Elektroautos sind ohnehin strukturell überladene Gefährte.

Mit einem Hubkolbenmotor kommen die Entwickler daher nicht weit. Mikrogasturbinen erzeugten, bezogen aufs Gewicht, 20-mal mehr Leistung, schwärmt Paul Barrett, Geschäftsführer von Bladon Jets im britischen Coventry. Das Unternehmen arbeitet eng mit dem Autohersteller Jaguar Land Rover zusammen. Ziel der Kooperation: Gasturbinenmit einem Durchmesser von maximal 30 Zentimetern, die das Gewicht von Hybrid- und Elektroautos um 15 Prozent drücken können. Laut Barrett sinkt dann auch der Kohlendioxidausstoß um ein Zehntel. Weil seine Turbine direkt die Batterien lädt und nicht die Räder antreibt, entfallen komplizierte Getriebestrukturen.

Die Turbine läuft mit diversen Treibstoffen

Der Vorteil: Wenn die Turbine nicht mit dem Antrieb verbunden ist, kann sie mit konstanter Geschwindigkeit laufen. Das verbessert die Effizienz. “Aktuell liegt man bei Wirkungsgraden, die vergleichbar mit denen von Hubkolbenmotoren sind”, sagt Andreas Huber, Experte für Mikrogasturbinen am Institut für Verbrennungstechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart. “Da ist noch Luft nach oben.”

Der große Vorteil der Technik sei aber ein anderer, so Huber: “Die Mikrogasturbinen laufen mit unterschiedlichsten Treibstoffen wie Diesel, Methanol oder Flüssiggas.” Wenn die flexible Turbine optimal eingestellt ist, verbrennt sie alle nahezu vollständig.

Jeder Autotyp braucht ein eigenes System

“Mit der Technik können die strengsten Abgasgrenzwerte eingehalten werden – ohne Nachbehandlung”, sagt Huber. Das spart im Gegensatz zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren, die beispielsweise einen Katalysator brauchen, nicht nur Kosten, sondern auch wertvollen Bauraum.

Trotz der Vorteile: Einfach so in ein Auto einbauen könne man eine solche Turbine nicht, sagt Ingenieur Frank Rinderknecht vom DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte. “Bauraum, Gewicht und Leistung der Turbinen unterscheiden sich für jeden Fahrzeugtyp und jede Anwendung.”

Den häufigen Einwand, dass solche Turbinen einen Höllenlärm erzeugten, weist Huber zurück. Die ultraschnell drehende Welle sei “kaum wahrzunehmen”. Auch seien die Turbinen wartungsarm. Huber ist überzeugt, dass wir Mikrogasturbinen bald im Alltag antreffen – wenn nicht in Kleinwagen, dann in Bussen oder Baufahrzeugen. Die Firma Bladon Jets ist offenbar schon nah dran: In zwei Jahren soll eine 12- bis 15-Kilowatt-Version ihrer Turbine auf den Markt kommen.

Quelle: new-scientist.de


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