Gastbeitrag: Zum sinnvollen Einsatz von Computerspielen im Schulunterricht

Heute haben wir mal wieder einen interessanten Gastbeitrag für euch - diesmal von Birk Grüling. Seit seinem Studium in Mathematik und Kultur-Journalismus, legt der freie Journalist einen besonderen Fokus auf die Themen Nachhaltigkeit und Bildung. Bereits im Januar durften wir uns über einen Gastbeitrag von ihm freuen, wo das Thema „ Health Games: Spielen als Therapie " genauer beleuchtet wurde.

Diesmal geht es aber nicht um Health Games, sondern um die Nutzung von Games im Schulunterricht. Im ersten Teil soll es vor allem um die Akzeptanz von Games im Bereich der Pädagogik gehen und wie Minecraft es bereits in manche Klassenzimmer geschafft hat. Abgesehen davon gibt es einige Beispiele wo beispielsweise „Serious Games" in Unternehmen zum Einsatz kommen, doch ausgerechnet diese Spiele finden bei Jugendlichen derzeit wenig Einklang.

Computerspiele gehören zum Alltag von Kindern und Jugendlichen. In deutsche Klassenzimmer halten sie trotzdem nur schleppend Einzug. Zum Glück wächst das Interesse seitens der Pädagogen.

Games sind zu einem Kulturgut und Massenphänomen wie Musik oder Filme geworden. Inzwischen spielen etwa 30 Millionen Deutsche regelmäßig Videospiele. Natürlich ist die Mehrzahl von ihnen noch unter 30 Jahre, aber auch bei den Senioren wächst die Leidenschaft für digitale Spiele. In der Mitte der Gesellschaft angekommen, entdecken auch immer mehr Pädagogen Computerspiele als Möglichkeit, um wichtige Soft Skills wie Kreativität und Teamfähigkeit zu fördern. Bei unseren europäischen Nachbarn haben Games inzwischen den Sprung ins Klassenzimmer geschafft. In Großbritannien wurde gerade Informatik und Programmieren in die Lehrpläne von Grundschulen und Sekundarstufen integriert. In Norwegen und Schweden bieten bereits erste Schulen

Gaming als Schulfach an. In Deutschland steht man bei dieser Entwicklung noch ganz am Anfang. „Bisher finden digitale Spiele trotz ihrer für den Schulunterricht bestens geeigneten Motivations- und Lehrpotenziale kaum Verwendung in der Schulbildung", sagt Dr. Maximilian Schenk, Geschäftsführer des BIU - Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware. Zum Glück gebe es aber immer mehr Lehrkräfte, die großes Interesse am Einsatz von digitalen Spielen in ihrem Unterricht zeigen. Möglichkeiten dazu seien vielfältig, erklärt Martin Geisler, Professor für Kultur und Medien an EAH Jena. „Besonders beliebt sind Serious Games, die Inhalte für den Unterricht spielerisch vermitteln sollen." Auch Gamification, also der Einsatz von spielerischen Elementen in spielfremden Kontexten, wird gerne genutzt. Ein aus seiner Sicht besonders interessanter Ansatz ist das „Serious Playing". Dabei thematisieren die Pädagogen beliebte Computerspiele und ihre Inhalte im Unterricht. Beispielsweise besprechen sie den historischen Action-Hit „Assassin's Creed" mit den Schülern im Geschichtsunterricht und prüfen, ob die Handlung mit dem eigenen Wissen über die mittelalterlichen Kreuzzüge im Heiligen Land übereinstimmen. „Diese Form der Auseinandersetzung ist näher an der Lebenswelt der Schüler als die meisten Lernspiele und zeigt echtes Interesse an ihrer Kultur", so Geisler. Allerdings setze das Serious Playing voraus, dass die Lehrkräfte sich mit den Inhalten der Spiele vorurteilsfrei auseinandersetzen und passende Unterrichtskonzepte entwickeln.

Lernen mit Pixel-Klötzen

Als eines der wenigen kommerziellen Games hat „Minecraft" den Einzug in die Klassenzimmer geschafft. Millionenfach verkauft und mit einer sehr aktiven Fangemeinde ist es eins der beliebtesten Spiele der vergangenen Jahre. Hinter dem Erfolg steht ursprünglich das kleine, schwedische Entwicklerstudio Mojang. Microsoft hat 2014 die Games-Schmiede für 2,5 Milliarden US-Dollar aufgekauft und kümmert sich seither um die Weiterentwicklung. Das Minecraft-Konzept ist simpel: Im klotzigen Retro-Look gestalten die Spieler ihre eigenen Pixel-Welten. Ihrer Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt: Sie können jedes existierende oder denkbare Objekt nachbauen. Schon in der Entwicklungsphase entdeckten engagierte Lehrkräfte vor allem in den USA das pädagogische Potential von Minecraft. Einer der deutschen Vorreiter ist Chemie- und Informatiklehrer Mirek Hancl. Er nutzt seit knapp fünf Jahren das Spiel am Lessing-Gymnasium Uelzen.

Immerhin fördert das muntere Blöcke-Puzzle räumliches Vorstellungsvermögen und spricht die Kreativität der Spieler an. Auch Inhalte lassen sich so wunderbar vermitteln. Als Vorbereitung auf einen Chemie-Test bauen die Schüler Moleküle zusammen. Im Physikunterricht ordnen sie das durcheinandergeratene Sonnensystem. In Mathematik beschäftigen sich die Schüler mit Relationen, Quadranten, Flächen und Volumen. Inzwischen hat Microsoft sogar eine eigene Schulversion angekündigt. Mit dieser Education Edition wolle man zeigen, wie Lernen mit Videospielen funktionieren kann, heißt es. Den Lehrern will der Konzern verschiedene Lektionen zum Download anbieten. Das Spektrum reicht von Physik und Mathematik über Geschichte bis hin zu Musik.

Serious Games lassen sich auch in der Schule nutzen

Von Anfang an auf die Vermittlung von Inhalten ausgelegt sind die sogenannten „Serious Games". Seit einigen Jahren erfreuen sie sich vor allem in der Wirtschaft einer wachsenden Beliebtheit. Statt ihre Mitarbeiter mit analogen Schulungsunterlagen und Powerpoint-Vorträgen zu langweilen, lassen immer mehr Firmen ihre Mitarbeiter aus Bildungszwecken spielen. Bei der Lufthansa müssen die Nachwuchskräfte eine virtuelle Airline führen. Autobauer wie Volkswagen und Volvo schicken ihre Auszubildenden in digitale Werkstätten und Versicherungen schulen ihre Vertriebsmitarbeiter in virtuellen Welten. Auch für den Schulunterricht gibt es inzwischen einige gelungene Beispiele. Bei „Squirrel & Bär" retten die Spieler zum Beispiel die Waldbienen vor dem Aussterben und üben gleichzeitig Englischvokabeln. Das Abenteuerspiel „Ajabu" bringt Kindern die Probleme Afrikas näher. „Darfur is Dying" zeigt das tägliche Leben in einem Flüchtlingscamp. Aus Sicht von Geisler haben diese Serious Games jedoch einen entscheidenden Nachteil gegenüber den bei Schülern beliebten Videospielen. „Sie werden oft mit kleinem Budget und engen Rahmenbedingungen produziert. Genau das merkt man vielen von ihnen an", erklärt der Medienpädagoge. Sie seien in Sachen Komplexität, Grafik und nicht zuletzt Spielspaß oft weit von den kommerziellen Titeln entfernt. Deshalb stoßen sie bei den Kindern und Jugendlichen nicht immer auf Gegenliebe.

Im zweiten Teil geht Birk Grüling auf das Thema „Gamification" ein und inwiefern die Interaktivität von Spielen für ein nachhaltiges Lernen sorgen kann.

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