Gastbeitrag: Von Pumpen, Pellets und Planeten – Oder wie vermarktet man eine Öko-Heizung?

Von Stenographique @stenographique
Nach langer Zeit haben wir endlich wieder einen weitgereisten Marketing-Experten für einen Gastbeitrag an Land gezogen: Energie-Experte Robert Doelling reitet im Schweinsgalopp durch die Phasen des Kaufprozesses und beschreibt, wie der Marketeer zum besten Freund des Häuslebauers wird. Robert ist einer der führenden Energie-Blogger und hinterlässt seine Spuren nun auch hier im Blog – getrieben von der Vision von einem grüneren Planeten.

Wege zur Kaufentscheidung richtig managen

Wer sich auf Wärmepumpen, Solaranlagen oder Holzpelletheizungen spezialisiert hat, der weiß, dass er sich in einem aus Marketingsicht schwierigen Umfeld bewegt. Auf den Punkt gebracht: Jeder Hausbesitzer interessiert sich natürlich für eine umweltfreundliche und kostengünstige eigene Strom- und Wärmeversorgung. Doch die Techniken und die Vielfalt an Meinungen lässt viele Interessenten auf dem Weg zur Kaufentscheidung verzweifeln. Viele Anbieter führen daher im Branchenvergleich mit herkömmlichen Heizungen viel zu viele Beratungsgespräche mit einer zu niedrigen Abschlussquote. Da macht sich schnell Verdruss breit. Doch das ist gar nicht nötig, wenn man den Kaufentscheidungsprozess des potenziellen Kunden besser verstehen und managen würde.

“Waaaas, das ist so teuer!!”

Potenzielle Kunden trifft man auf Messen, andere Kunden empfehlen einen weiter, klassische Anzeigen wecken das Interesse oder man wird heute gegoogelt. Was dann folgt ist vielfach exemplarisch für den ersten Fauxpas auf dem langen Weg zum Verkaufsabschluss: Auf die Frage “Wieviel kostet denn das?” wird häufig ausweichend reagiert oder es werden platt Summen in den Raum geworfen. Da regenerative Wärme- und Stromsysteme eigentlich immer teurer sind als klassische Geräte, kann man mit unbedachten Aussagen den Interessenten schnell abschrecken. Daher sollte man als erstes Mitarbeiter so schulen, dass sie gezielt und fachmännisch auf alle gängigen Eingangsfragen eine überzeugende Antwort wissen. Das erste Etappenziel muss dabei sein, das Interesse des Kunden aufrecht zu erhalten und wennmöglich einen weitergehenden Informationsaustausch zu vereinbaren. Im Marketingjargon würde man diese Phase der Kaufentscheidung als die der Bedarfserkennung bzw. Bedarfsmanifestierung bezeichnen, die man aktiv forcieren muss. read on…

“Ich melde mich bei Ihnen …”

Nach der ersten Kontaktaufnahme oder einem ersten Beratungsgespräch kann eine lange Zeit vergehen, in der es keinen oder nur wenig Korrespondenz mit dem Interessenten gibt. Wer jetzt denkt, der Interessent sei bereits abgesprungen, der macht den zweiten Fehler. Denn in diesem Zeitraum ist der mögliche Kunde keineswegs untätig. Er informiert sich aktiv über die angebotenen als auch über alternative Techniken in unterschiedlichsten Quellen und fängt an, bereits bestimmte Produkte, Hersteller oder Anbieter seinem “Entscheidungsraum” hinzuzufügen oder aus diesem auszuschließen. Wer vom ersten Kontakt bis zur finalen Kaufentscheidung im Rennen bleiben will, der sollte versuchen, das Marketing für regenerative Systeme genau auf diesen Prozess abzustimmen. Empfehlenswert ist es dabei, das herkömmliche Customer Management System zu erweitern, um nicht nur zu vermerken, wann man sich auf welchem Wege beim Interessenten gemeldet hat, sondern auch, welche Reaktionen zurückgekommen sind, wie unter Umständen andere Vertriebskollegen hierauf reagieren sollten, wenn der eigentliche Ansprechpartner im Urlaub ist etc. Diese Phasen der Informationssuche, Informationsintegration und Informationsverwendung müssen mit dem Ziel durchlaufen werden, im “Hinterkopf des Interessenten” zu bleiben. Dabei muss man nicht immer die erste Wahl sein und ständige Präsenz zeigen, man sollte jedoch je nach Interessenslage signalisieren, dass man durchaus offen ist, die jeweiligen Wünsche des Kunden jederzeit auch dann bedienen zu können, wenn diese von der eigentlichen Anfragestellung abweichen.

“Und was passiert, wenn die Heizung ausfällt?

In den Phasen der Informationssuche und -verwendung hat der Kunde in aller Regel einen kognitiven Lernprozess durchschritten, in dem er sich von allgemeinen Informationen immer verzweigter in Detailinformationen eingearbeitet hat und diese dann versucht, über alle Ausprägungen hinweg miteinander rational zu vergleichen. Hierbei trifft der Interessent bewusste Auswahlentscheidungen anhand der vorher wahrgenommenen Produktausprägungen wie dem Preis des Systems, dem angebotenen Hersteller und zum Beispiel zusätzlich offeriertem Service wie regelmäßiger Wartung. Diese Auswahlentscheidungen können aber nur bis zu einem bestimmten Punkt rational getroffen werden. In der “Finalrunde” selbst ist der Kunde vielfach indifferent zwischen unterschiedlichen Bündeln aus Anbietern, Produkten und Preisen. Um dieses Dilemma zu lösen, greift der Kunde auf bewährte Entscheidungsheuristiken zurück, die das Risiko einer Fehlentscheidung minimieren helfen sollen. Dies sind zum Beispiel die Nähe zum Kunden, um “wie früher” schnell vor Ort zu sein, wenn die Ölheizung mal wieder ausfiel, und die Erfahrungen auf dem eigenen Fachgebiet. Hier können regionale Fachbetriebe punkten, indem sie immer ein paar bestehende Kunden nennen können, die für eine Besichtigung Ihrer Anlage zu haben wären.

“Ich habe von meinem Nachbarn gehört …”

Auch nach dem Kauf sollte der Kundenkontakt nicht abreißen, denn rund die Hälfte aller Kundenanfragen kommen über Mund-zu-Mund-Propaganda als Empfehlungen zustande. Neben den objektiven Kriterien wie z. B. der sauberen und reibungslosen Installation und natürlich dem fehlerfreien Betrieb der PV- oder Solarthermie-Anlage gibt es auch viele weiche Faktoren wie z. B. angemessene Zahlungsziele für die letzte Rate. Trotz einer perfekt funktionierenden Anlage müssen sich Anbieter darüber im Klaren sein, dass auch zum jetzigen Zeitpunkt noch eine Empfehlung auf dem Spiel stehen kann. Entscheidend hierbei ist immer das für den Kunden wahrgenommene Ergebnis, nicht das faktisch realisierte Ergebnis. Daher muss es in der jetzigen Phase das Ziel sein, dem Kunden das Gefühl zu vermitteln, die Anlage zu verstehen und auch darauf stolz sein zu können. Hierzu kann es z. B. hilfreich sein, eine ausführliche Projektdokumentation zu übergeben, die neben technischen Details und allen Kontaktdaten auch z. B. die schrittweise Installation in Text und Bildern wiedergibt. Ein solches Projektalbum wird sicher gerne bei Freunden gezeigt und kann dann wiederum eine Empfehlung gezielt stützen.

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Robert Doelling ist Autor des Buches “Information Performance – Wie aus Kunden die besten Vertriebspartner Ihres Unternehmens werden” und seit vielen Jahren im Online-Marketing von regenerativen Energien tätig. Momentan arbeitet er als Social Media Manager bei der DAA GmbH in Hamburg und betreut u. a. das solaranlagen-portal.com und heizungsfinder.de. Privat schreibt Robert für das Online-Magazin energie-experten.org.