Eventmarketing wird gemeinhin als erlebnisorientiertes Kommunikationsinstrument beschrieben. Um es erfolgreich anwenden zu können ist also ein genaues Verständnis notwendig, wie Erlebnisse entstehen und wie die Erreichung von Kommunikations-, Marketing- und Unternehmenszielen durch Events unterstützt werden kann.
In meiner Masterarbeit habe ich mich deshalb mit dem Erlebnisbegriff befasst und zunächst aus interdisziplinären Perspektiven beschrieben, wie Erlebnisse im Eventmarketing zustande kommen. Anschließend habe ich dargestellt, wie diese Erlebnisse durch Dramaturgie und Inszenierung beeinflusst werden können. Der Titel der Arbeit lautet: Die Kreation von Erlebnissen im Eventmarketing unter besonderer Berücksichtigung der Gestaltungselemente Dramaturgie und Inszenierung.
Der GAST kreiert das Erlebnis!
Wir sprechen im Eventmarketing oft davon einzigartige Erlebnisse für ausgewählte Zielgruppen zu kreieren. Allerdings sollten wir berücksichtigen, dass über zahlreiche Forschungsdisziplinen hinweg Einigkeit darüber herrscht, dass Erlebnisse ausschließlich vom Individuum, also nur von unseren Gästen selbst, kreiert werden können.
Dabei bleiben Erlebnisse mitnichten nur auf emotionale Erlebnisfacetten beschränkt. Neben diesen spielen sensorische, relationale, intellektuelle und transzendente Erlebnisfacetten eine wichtige Rolle. Wir können unsere Gäste sensorisch stimulieren, ihnen Angebote zur sozialen Interaktion machen, sie intellektuell fordern und sie in Flow-Zustände versetzen. Aber damit können wir als Konzeptioner, Eventmanager, Regisseure lediglich einen Rahmen schaffen, der dem Gast wiederum als Basis zur Kreation des eigenen, individuellen Erlebnisses dient.
Wenn wir also die Prozesse verstehen, die bei der Kreation des individuellen Erlebnisses ablaufen, können wir Events so gestalten, dass am Ende idealerweise das gewünschte Erlebnis bei den Gästen entsteht. Deshalb sollten wir aktuelle Themen und Erkenntnisse der Marketingtheorie zum Customer Experience und Relationship Management sowie die speziellen sozialpsychologischen Phänomene bei der Interaktion in Gruppen berücksichtigen.
Insbesondere die sog. Service Dominant Logic und die daraus resultierenden Erkenntnisse zu Co-Creation-Prozessen bilden hilfreiche Instrumente zum besseren Verständnis der Kreation von Erlebnissen im Eventmarketing.
Dramaturgie und Inszenierung als Basis der Erlebniskreation
Den Rahmen für Erlebnisse können wir mithilfe von Dramaturgie und Inszenierung in der Planung und Umsetzung gestalten. Neben der klassischen Dramaturgie sind hier besonders die modernen Formen der Dramaturgie, hier wiederrum die interaktive Dramaturgie, hilfreiche Instrumente. Mithilfe narrativer Methoden können wir die Kreation von Erlebnissen durch unsere Gäste vorbereiten und steuern. Stichworte dazu: Storytelling, Archetypen, Brain Scripts.
Mithilfe multisensualer Inszenierung können wir reizstarke Umwelten kreieren, die der Kreation gewünschter Erlebnisse besonders zuträglich sind. Die synergetische Verknüpfung mehrerer Reize führt zu signifikant besseren Wiedererkennungs- und Erinnerungsleistungen. Nur durch die multisensuale Ansprache lassen sich starke Gedächtnisbilder kreieren, die über das Erlebnis hinaus verhaltenswirksam werden können. Dies gilt es in der Konzeption und Realisation von Marketing-Events zu berücksichtigen, um dem Instrument die optimale Kommunikationswirkung zu verleihen.
Fazit: Erlebnisse müssen durch Dramaturgie und Inszenierung bestmöglich vorbereitet werden. Das Erlebnis wird aber vom Gast selbst kreiert.
Der gesamte Prozess des Eventmarketing sollte zum Ziel haben, die Zielgruppe bestmöglich bei der Kreation derjenigen Erlebnisse zu unterstützen, von denen wir annehmen können, dass sie letztlich positive Impulse für das von uns gewünschte Verhalten erzeugen. Dramaturgie und Inszenierung sind dabei neben relevanten Inhalten die wichtigsten Gestaltungsparameter. Diese müssen wir im Wissen um die komplexen inneren Prozesse unserer Zielgruppe anwenden.
Nur wenn wir im Eventmarketing auf Ballhöhe der aktuellen Marketingtheorie bleiben und ständig neue Erkenntnisse integrieren, werden wir das Instrument durch unser Tun erfolgreich anwenden und auch weiterentwickeln. Das ist nicht die Verantwortung der Forschung. Das ist die Aufgabe der Praktiker.
Packen wir’s an!
Simon Schneider ist Account Director für Live-Kommunikation bei BBDO in Düsseldorf. In dieser Funktion betreut er nationale und internationale Kunden unterschiedlicher Branchen. Die Masterarbeit entstand 2013 im Rahmen eines berufsbegleitenden Studiums an der TU Chemnitz unter Leitung von Prof. Dr. Jan Drengner und Prof. Dr. Cornelia Zanger.