Gastbeitrag: Profiboxen in Velbert

Von Betker

Sherif Morina ist Weltmeister im Superleicht-Gewicht nach GBC-Regeln. In Velbert besiegte der 29-jährige Dinslakener Habibu Pengo aus Tansania nach Punkten. Insbesondere Morinas Führhandtreffer auf die kurze Rippe seines Gegners hatten großen Anteil an dem Ausgang des Kampfes. Diese kurzen, präzisen Haken zeigten Wirkung und blieben über die Distanz von zwölf Runden ein probates Mittel.

Zwölf Runde waren angesetzt und über die gesamte Distanz mussten letztlich beide Fighter gehen, wobei beide Respekt verdienen. Versuchten sie doch selbst noch in der zwölften Runde ihre Kämpferherz in die Waagschale zu werfen. Insbesondere der Tansanier setzte in der letzten Runde des Abends alles auf eine Karte und versuchte seinen Kontrahenten in den Ringstaub zu schicken, lag er doch nach Punkten bereits hinten. Doch Sherif reagierte wie ein Champ. Statt die verzweifelten Rufe aus seiner Ringecke zu beachten, wonach er sich nicht mehr in Gefahr bringen sollte, nahm der 29-jährige den Kampf wie auch die elf Runden zuvor an und konnte sich schließlich verdient „World-Champion“ nennen.

Dabei ließen die ersten Minuten keinen Schluss darauf zu, wer sich letztendlich den Gürtel auf die Hüfte legen durfte. Ausgeglichen die erste Runde, in der beide Kämpfer Treffer setzten. Und in der zweiten Runde kam der spätere Champion in arge Nöte, denn in die Seile gedrängt musste er eine Treffer Pengos nehmen, der sich aktiver präsentierte – bis drei Führhandhaken in Folge zum Körper den Tansanier sichtlich beeindruckten. Ab diesem Moment schien Morina den Kampf Stück für Stück zu übernehmen. Nicht, dass sich Habibu Pengo zurückzog, im Gegenteil, immer wieder startete er teilweise wütende Attacken. In dem sich Morina bewegte, entging er eben diesen. Nur schien Morina ein Mittel und ein Ziel gefunden zu haben, das er in weiteren Runden konkret anvisierte und seinen Kontrahenten sichtlich einschüchterte.

Ab der achten Runde waren Kondition und Konzentration gefragt, da beide Kämpfer die Entscheidung suchten. Morina eher zurückhaltend, schließlich lag er auf den Punktzetteln vorne, Pengo dagegen aggressiver, er suchte die vorzeitige Entscheidung, musste dabei aber einige Treffer einstecken. So blieb der Kampf bis zum Schlussgong ausgeglichen, jedoch mit Vorteilen für den späteren Weltmeister Sherif Morina.

Wo Sherif Morina nun ist, möchte Timo Rost gerne hin, nämlich an die Spitze eines Verbandes in seiner Gewichtsklasse, dem Supermittelgewicht. Er boxte gegen den 41 jährigen Georgier Malkhaz Sujashvili. In den ersten beiden Runden bestimmte Rost souverän das Geschehen, in dem er den Georgier unter Druck setzte und Treffer landete, die deutliche Spuren im Gesicht der Nummer 325 der Weltrangliste hinterließen. Die Geraden kamen und fanden ihr Ziel. Zur Attacke in die Kampfdistanz, anschließend die Reichweite des Gegners verlassen oder seine Konter auspendeln. Schönes, klassisches Boxen.

In der dritten Runde änderte sich der Kampf. Rost zog sich einen Riss unter dem rechten Auge zu und der Georgier wechselte Auslage von der Normalauslage auf die Rechtauslage. Rost nahm auf Anweisung seines Trainers Rüdiger may daraufhin das tempo aus dem Kampf. Die Aktionen wurden seltener und es begann ein taktisches Geduldspiel. Rost wartete ab, um dann zu kontern. Dadurch wurde der Kampf für wohl einige der Zuschauer unattraktiver. Am Ende stand ein Punktsieg für den 28-jährigen Düsseldorfer, der es verdient hätte, um größere Lorbeeren zu fighten.

Yaser Yüksel, ein weiterer May-Boxer, schien an diesem Kampftag mit dem linken Fuß aufgestanden zu sein. Zeigte Yüksel noch in seinem letzten Kampf gegen den Ungarn Gyula Rozsas eine vielversprechende Entwicklung, fiel der 27-jährige im Kampf gegen Saidi Mundi aus Tansania wieder in alte Routinen zurück. Nur zwei Verwarnungen mit Punktabzug für seinen Gegenüber retteten Yüksel den Sieg in dem auf acht Runden angesetzten Kampf im Superweltergewicht. Ansonsten wäre es sehr knapp geworden. Doch der Reihe nach.

Sekunden vor dem ersten Gong noch in die Taktikpflicht seines Trainers genommen, hatte der 27-jährige gebürtige Türke anschließend nichts Besseres zu tun, als seinen Gegner bereits in der ersten Runde zu „verhöhnen“. Beide Arme weit zur Seite ausgestreckt oder den Oberkörper nach vorne geschoben während beide Fäuste hinter dem Rücken verschränkt wurden – jeder Boxer und Boxaffinicado weiß, was dies bedeutet. Ein Boxromantiker wendet sich von solchen Aktionen ab, er sieht lieber flinke Füße und saubere Schlagserien oder -kombinationen, die Yüksel auch ansatzlos abfeuern kann. Er hat diese Spielerei nicht nötig, verfügt er doch über genügend Herz und Schlagperformance, um einen Gegner zu beeindrucken. Er geht seinem Kontrahenten hinterher, er stellt sich dem Kampf und wagt den Schlagabtausch, den andere durch zaudern vermeiden und verpassen.

Doch zurück zu der Spielerei: Mundi, in keiner Weise auf den Mund gefallen, quittierte diese „Clownerie“ mit zwei präzisen Schlaghänden, ging hinterher, setzte Treffer und vermieste Yasers Yüksel „Spielerei“.

Überhaupt der Tansanier. Kaum verklang der Gong zur zweiten Runde stand er bereits in der Ringmitte und beantwortete die zum Gruße ausgestreckte Führhand Yasers überhaupt nicht. Stattdessen attackierte er sofort. Überflüssig zu erwähnen, das Yaser bis zur letzten Runde keine einzige mehr mit einem Gruß begann.
Der Kampf gestaltete sich ausgeglichen, der 30-jährige Tansanier setzte Treffer, die aber wirkungslos verpufften, ebenso wie Yaser, der erst ab Mitte der dritten Runde einen besseren Zugriff auf Mundi hatte. Er fand seine Distanz und hatte auch optisch Übergewicht. Nun schien der Kampf den vorab skizzierten Verlauf zu nehmen. Falsch gedacht! Nach einem Aufwärtshaken der besonderen Art ans Kinn Yüksels brachte Mundi den 27-jährigen Deutschen ins Taumeln, nein, sogar an den Rand des KOs. Was folgte waren wütende Attacken Mundis und eine Schlaghand, die zwar traf, aber Yüksel nicht mehr derart in Verlegenheit brachte, wie eben jener krachende Aufwärtshaken.
Nun entwickelte sich ein munterer Boxkampf – leider zu häufig durch Klammern unterbrochen – , dessen Pendel mal zur einen, mal zur anderen Seite ausschlug, bis, ja bis das übertriebene Halten und Klammern Mundis letztendlich das Pendel zu gunsten Yüksels ausschlagen ließ. Nicht, dass er es seinem Gegenüber nicht gleichtat, doch der Tansanier übertrieb dieses Mittel der Kampfunterbindung zu offensichtlich. Zuerst in der siebten und dann nochmal in der achten Runde, wobei dieser Punktabzug hinterfragt werden könnte, wurden Saidi Mundi jeweils ein Punkt abgezogen. Yüksel gewann, ja, überzeugend, eher weniger. Yaser Yüksel kann besser boxen als an diesem von Werner Kreiskott organisierten Boxabend.
(C) Manfred Fammler