Gastbeitrag: Offener Brief von Marcus Bartscht (Rechtsanwalt von Amira Hamzaoui)

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und befasse mich aktuell mit einem Fall aus der Boxszene, der mich fast sprachlos macht. Hierzu wird am 12.01.2015, 12.30 Uhr, vor dem Landgericht Kiel (Az: 6 O 368/14) eine mündliche Verhandlung im einstweiligen Verfügungsverfahren stattfinden.

Es geht um einen Boxkampf vom 11.10.2014 in Saarbrücken zwischen Raja Amasheh (Deutschland) und Amira Hamzaoui (Frankreich). Hierbei wurden auch Titel der Weltboxverbände WBF und WBC vergeben. Aufsichtführender nationaler Verband war der BDB (Bund Deutscher Berufsboxer).

Der Kampf ging über zehn Runden und endete mit einem Punktsieg für Hamzaoui.

Doch scheint dieses Ergebnis nicht den Vorstellungen des WBC und auch des BDB entsprochen zu haben, die in möglicherweise Amasheh größeres Vermarktungspotenzial gesehen haben könnten. Der WBC zog nicht nur nachträglich seinen ausgelobten Titel zurück, sondern behauptet zusammen mit
dem BDB einfach, dass eine so genannte “No Contest”-Entscheidung getroffen worden sei. Der WBC publiziert das seither im Internet und der BDB tut das ebenso. Gleichzeitig hat der BDB dieses “Ergebnis” an die internationalen Datenbanken (u. a. boxrec.com), wo unter anderem auch die Weltranglisten mit den jeweiligen Kampfrekorden geführt werden, geschickt. Hamzaoui, die als
reguläre Siegerin zunächst erheblich in der Weltrangliste geklettert war, ist über Nacht wieder gestürzt worden.

Das Erschreckende an der Sache: Hier wird willkürlich ein Sportergebnis im Nachhinein manipuliert! Das verstößt komplett gegen sämtliche Regeln (auch gegen diejenigen des WBC und des BDB) und ist sowieso an Unfairness nicht mehr zu überbieten.

“No Contest” (kein Kampf) bedeutet, dass der Kampf keinen Sieger und Verlierer hat und auch nicht als Unentschieden gewertet wurde. Nicht zu verwechseln ist dies mit einer so genannten “Non-Title”-Entscheidung, die lediglich bedeutet, dass zwar ein Sieger gekürt wird, aber dieser keinen Titel erhält, sondern lediglich seinen Kampfrekord verbessert hat.

Vergleichbar wäre das Vorgehen damit, dass im Fußball das Finale um den Supercup ausgetragen wird und dem DFB sowie der unterlegenen Mannschaft das Ergebnis nicht passt und deshalb in der Öffentlichkeit behauptet wird, dass es in dem Spiel, das vor Publikum und offiziell ausgetragen wurde, keinen Sieger gegeben habe.

Mit freundlichen Grüßen

Bartscht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Hannover



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