Gastbeitrag: Ich will aber nicht …

Wie ich hier angekündigt habe, will Papaleaks im Februar und im März väterliche Gastbeiträge zu unterschiedlichen Themen veröffentlichen. Im Rahmen dieser Reihe kommt der erste Gastbeitrag von Marc von ramoth.de mit einem Plädoyer für die väterliche »Faulheit« zum Wohle der Kinder. Viel Spaß beim Lesen.


Worüber schreibt man, wenn man über seine – oder ganz im Allgemeinen – über Kinder schreibt? Witzige Anekdoten sind ja immer gern gesehen. Oder so kleine Empörungsgeschichten. Weil irgend jemand es nicht ganz so lustig wie man selbst findet, wenn das Kind sich im Supermarkt laut krakeelend auf den Rücken wirft. Gerne gesehen sind im Netz ja auch immer wieder ›suupernieedliche‹ Kinderbilder. Zu dem Thema habe ich mich ja schon mal ausgelassen.

Dann gibts da noch die Schlauen, die einem in ausgelassenen Blogposts oder anderen Beiträgen erklären, wie man sein Kind zu hochleistungsfähigen, produktiven Gesellschaftsmitgliedern modelliert. Die Lamentierer, die immer wieder deutlich machen, wie anstrengend das Leben mit Kindern ist. Und die Moralapostel mit dem erhobenen Zeigefinger, die Kinderlose immer hübsch auf ihre soziale Verantwortungslosigkeit hinweisen.

All dem widme ich mich heute nicht. Betrachten wir die Sache mit den Kindern doch mal aus der Sicht eines Papas. Und die meisten Papas die ich so kenne (mag an meinem Bekanntenkreis liegen) sind doch tendentiell eher entspannt.

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Was also ist die präferierte Erziehungsmethode der meisten Papas (jetzt mal den traditionell patriarchischen Despotentyp ausgenommen)? Recht simpel: laufen lassen.

Der Papa an sich sieht dem Treiben seiner Kinder eher entspannt entgegen – wenn er es überhaupt sieht. Denn der Papa an sich hat auch die Fähigkeit, Dinge einfach mal perfekt auszublenden. Mamas kennen das oft zu gut und sind mittelschwer genervt davon. Liebe Mamas, bitte versteht das. Das liegt in der Natur der Männer, glaube ich. Über Theorien, warum das so ist, will ich mich gar nicht auslassen oder bemühen. Es bleibt, dass Männer offenbar eine große Kompetenz darin haben, bestimmte Dinge auszublenden. Und so kommt es schon mal vor, dass Mama nach Hause kommt, Kind 1 wie Tarzan an der Deckenlampe baumelt, Kind 2 das Wohnzimmerregal demontiert und der Papa, völlig ungerührt vom ihn umgebenden Treiben, Zeitung liest, Playstation zockt oder einfach, in sich versunken, vor sich hin döst. Das meint er nicht böse. Er betrachtet es einfach als in Ordnung was so passiert. Und diese Wahrnehmung der Welt zu verändern dürfte schwierig bis unmöglich sein.

Auf der anderen Seite haben Papas ein sehr feines Gehör dafür, wenn es wirklich ernst wird. Und die Fähigkeit, dann immer noch ruhig zu bleiben. So schön es als Kind ist, wenn man sich mal ordentlich wehgetan hat, sich minutenlang auf dem Schoß der Mutter betüddeln zu lassen. So gut ist es hoffentlich auch, wenn Papa kurz mal drauf guckt, pustet und das Kind zurück ins Spiel scheucht (wo der Schmerz dann seltsamerweise regelmäßig binnen Sekunden vergessen scheint). Auch wenn die Kinder ihre Ruhephasen haben passt das ganz gut, wenn Papa eh grad auf dem Sessel rumdöst und man sich einfach ankuscheln und mitdösen kann.

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Entspannung ist auch eine Fähigkeit die Kinder lernen sollten. Sowohl im Spiel, indem man sie einfach machen lässt, als auch im Entspannen selbst. Und so kann auch der scheinbar unbeteiligte Papa zum unerlässlichen Ruhepol und Rettungsanker werden, wenn die Welt rundum in Hektik versinkt. Generell tut Entspannung im Umgang mit Kindern wahnsinnig gut. Und auch das Kind im Papa mal in das unstrukturierte Spiel und Gealbere von Kindern eintauchen zu lassen schmiedet Bande.

Papas sind grundsätzlich faul. Aber ist Faulheit schlecht? Ich würde bis heute behaupten, dass Faulheit einige der tollsten Ideen der Menschheit hervorgebracht hat. Der Fleißige arbeitet sein Pensum ab. Der Faule hingegen versucht, sich das Leben einfach zu machen und ist auch bereit (sofern er nicht Phlegmatiker ist) dafür kreativ zu werden. Und so erfindet man dann schon mal eine Waschmaschine, eine Fernbedienung oder einen Staubwischroboter.

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In dieser entspannten Faulheit, in der man die Welt auch nicht ganz so ernst nimmt, kommen einem auch die seltsamsten Ideen. So hab ich – mehr oder minder aus Jux – als meine Kinder klein waren mal eine Konterstrategie zu meiner Gattin entwickelt, die sich sehr bemühte, den Kindern beizubringen, dass es Süßigkeiten nur gibt, wenn vorher etwas gesundes gegessen wurde. Als nämlich eines der Kinder plötzlich vor mir stand um nach einem Apfel zu fragen, guckte ich es nur trocken an und sagte – in tödlichem Ernst – »Nicht bevor Du nicht ein Stück Schokolade gegessen hast!«

Der Effekt kam unverhofft und heftig, die Augen des Kindes verengten sich, erste Tropfen rannen heraus und es heulte »Ich will aber nicht Schokolade, ich will gleich einen Apfel!«

Von diesem Tag an war es plötzlich noch ein Stück leichter, den Kindern Obst statt Süßes zu geben. Zugegebenermaßen etwas manipulativ. Aber tatsächlich gilt: spannend ist was nicht ohne weiteres zu kriegen ist. Als blöder Witz gemeint, hat sich daraus tatsächlich ein sinnvolles kleines Stückchen Erziehung ergeben, welches bis heute nachhallt.

Mittlerweile kennen meine Kinder (leider) meinen teils zynischen Humor. Und mit solchen ›Witzen‹ kriege ich sie kaum noch (sie mich dafür um so mehr, was ja auch sein gutes hat). Dennoch! Es hat sich gezeigt, dass auch Faulheit gepaart mit ›Thinking out of the Box‹ Kinder nicht daran hindert, ganz tolle kleine (und später sicher auch große) Menschen zu werden. Dazu gehört eigentlich nur ein Grundvertrauen in die Kinder und die Welt. Kinder und Welt werden es zurück geben.


Noch bis Mitte März könnt Ihr euren Beitrag an [email protected] schicken. Ich werde ihn gern hier veröffentlichen. Details findet Ihr in der Ankündigung. Grundsätzlich nehme ich für Papaleaks auch außerhalb der Reihe Gastbeiträge an.

Gastbeitrag: will aber nicht

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