Gastbeitrag: Die Macht eines einzelnen Tweets

Von Stenographique @stenographique

stenographique freut sich, euch nach langer Zeit endlich wieder einen Gastbeitrag präsentieren zu können! Dieses Mal in den Startlöchern: Christian Faller, seines Zeichens Digital Strategist, Online Marketer und Blogger-Kollegen beim Gefahrgut Blog. Gefahrgut setzt sich kritisch und humorvoll mit digitalen Trends und Social Media Marketing auseinander, z.B. mit den größten Shitstorms oder der Frage warum tumblr super ist. Aber genug des Vorworts – viel Spaß mit dem Artikel von Christian!

Eigentlich hatte ich ja geplant, diesen Artikel “Die Facebook Fan Farce” zu nennen und mich darüber zu amüsieren, wie sich große Unternehmen sinnlos über ihre Facebook Fan Zahlen freuen, ohne zu verstehen was sie davon haben und wie sie diese Fans benutzen. Aber ich habe mich mit viel Überwindung dazu bringen können einen konstruktiven Post daraus zu machen und statt dem Negativbeispiel auch einige Positivbeispiele anzuführen.

Die Facebook Fan Farce ist für mich Sinnbild dessen, dass Social Media nicht immer ganz verstanden wird… Ich korrigiere: Selten überhaupt verstanden wird. Denn, was will man denn über Social Media Marketing erreichen? Was sind die Ziele von Social Media?

  • Neue Kunden gewinnen?
  • Bestehende Kunden zufriedenstellen?
  • Unzufriedene Kunden beraten?

Welches Ziel man auch immer wählt, es geht im Grunde immer um das Wohl des Kunden. Oder das sollte es zumindest. Dass sich Social Media dafür hervorragend eignet, ist heute klar. Das liegt hauptsächlich daran, dass der wirklich wichtige Unterschied der sozialen Medien zu den klassischen der ist, dass wir nicht mehr One-to-Many kommunizieren sondern One-to-One oder immerhin Many-to-Many. Kurzum: Wir schleudern nicht mehr Nachrichten an tausende von Leuten heraus, ohne uns um die zu scheren.

Social Media falsch genutzt

Erstaunlicherweise haben es aber sehr viele Marken geschafft, immer noch genau dies zu tun. Meistens läuft das dann so: Durch ein Gewinnspiel oder ein Loyalty Programm oder ganz simples “Einkaufen” irgendwo in China, werden Fans auf die Seite gebracht. Und an die gehen dann die Botschaften raus, egal ob da echte Menschen sitzen und egal ob jemand zuhört oder nicht. Immerhin macht aber nicht jede Markte macht dann plumpe Werbung. Manche schreiben durchaus relevante Dinge, die vielleicht auch lustig zu lesen sind. Aber es ist eben immer noch One-to-Many.

Social Media hat aber genau dort seine große Qualität, wo es persönlich wird. In seinem Buch “The Thank You Economy” predigte Gary Vaynerchuck das schon vor vielen Monaten. Und seine Position vertrete ich heute mehr als je zuvor. Wer wirklich Social Media versteht, der nutzt es wie ein Telefon. read on… Nein, noch besser: Er hört sogar zu, ohne darum gebeten zu werden und meldet sich zu Wort, wenn er helfen kann. Mich persönlich bindet nichts so stark an eine Marke wie ein persönlicher Austausch. Und zwar nicht erst dann, wenn ich eine Beschwerde habe. Das muss T-Online irgendwie missverstanden haben…

Derek Halpern – der Erfinder des populären WordPress Themes “Thesis” und Newsletter Marketing Experte – schreibt zum Beispiel jedem neuen Abonnenten seines Newsletters PERSÖNLICH, wenn dieser eine Frage hat. Und das sind mehrere Tausend. Und ich selbst bin zum Beispiel Kunde eines Kleidungsgeschäfts, bei dem ich zuvor noch nie eingekauft hatte, wegen eines einzigen Tweets, der an mich gerichtet war. Das ist die Macht von One-to-One Kommunikation. Dass ein einzelner Tweet auf der anderen Seite auch ebenso einfach eine Katastrophe bzw. einen Shitstorm auslösen kann, das beweist meine Forschung zu den Epizentren von Social Media Krisen von April diesen Jahres, aber das ist eine andere Geschichte.

So simpel und doch so schwer

Und dabei finde ich dieses Prinzip im Grunde so einfach und lohnend. Denn jede Firma hat eine Beschwerdehotline. Wenn  stattdessen drei Leute pro-aktiv an Kunden heranträten, neue Kunden akquirieren würden und sogar Kunden der Konkurrenz beratend zur Seite stünden (natürlich objektiv) – was für ein immenser Wert könnte dadurch erreicht werden? Zudem: Wenn ich zu einer Marke eine sehr gute Beziehung habe (zum Beispiel, weil diese mich aktiv als Kunde beraten hat), dann verzeihe ich eine zusätzliche Warteminute an der Hotline oder einen Produktschaden eher, als wenn ich vorher keinerlei Kontakt hatte.

Dieses gesamte Konzept gilt auch nicht erst seit der Gründung von Facebook. Und schon gar nicht nur digital. Nur wer es HEUTE immer noch nicht macht, der ist vollkommen selbst Schuld. Dass der Fahrradhändler meines Vertrauens nicht die Zeit hat, mich alle vier Wochen anzurufen und zu sagen “Hey, ich hab auf Facebook gesehen, dass du dir neue Klickpedale gekauft hast. Hier ist ein Tipp, wie du die Schrauben noch genauer einstellen kannst…”,  das ist zwar schade, aber verständlich. Dass große Marken wie Amazon es nicht tun, wenn ich einen Tweet mit #Kindle absetze, ist jedoch eine reine Verschwendung von Kundenpotenzial!

Dies ist ein Gastartikel von Christian Faller. Christian ist ein freiberuflicher Digital Strategist und Online Marketer, der sich auf kleine- bis mittelständische Unternehmen spezialisiert hat. Über Feedback in den Kommentaren oder per Direktkontakt zum GefahrgutBlog freuen wir uns natürlich riesig. Vielen Dank an alle Leser!