So nannten die Wikinger Osteuropa.
Beziehungsweise Nordosteuropa (Rot markiert auf der folgenden Karte).
Gadarike
“…bedeutet Reich der Städte, weil die Wikinger bei ihren Handels- und Raubfahrten durch Osteuropa auf zahlreiche slawische Burgstädte (Gard bzw. Grad) gestoßen waren.”
So weiß es die Wikipedia, so entspricht es dem Duktus der russländischen Geschichtsschreibung, die via Spracharchäologie jubelnd eine ehemals hoch entwickelte Kultur gefunden haben will, die dann …
“später [sic!] unter dem Einfluss der schwedischen Händler, Söldner und Siedler (Rus) zum ersten russische Staat in Nowgorod führte, der später durch die Eroberung Kiews in die Kiewer Rus aufging.”
Erwünschte Geschichte.
Kann wahr sein, ist es aber sicher nicht. Für deutlich wahrscheinlicher halte ich es, dass die Wikinger selbst Ortschaften gründeten und auch verwalteten, weil sie auf ihren Raubzügen Stützpunkte brauchte, Rückzugsgebiete (und|oder) Handelszentren.
Slawen können heute nicht verwalten und sie konnten es damals nicht. Weil ihnen die Kunst des Kompromisses fehlt.
„… Sie verjagten die Waräger über das Meer und gaben ihnen keinen Tribut und begannen, sich selbst zu regieren. Und es gab unter ihnen kein Recht, und Sippe stand auf gegen Sippe, und es waren unter ihnen Fehden, und sie begannen widereinander zu kämpfen. Und sie sprachen zueinander: "Wir wollen uns einen Fürsten suchen, der über uns herrsche und gerecht richte." Und sie gingen über das Meer zu den Warägern…”
Quelle: Nestorchronik
Jedenfalls erscheint in Anbetracht des selbstverwalteten Mord- und Totschlages, die These von den geschaffenen Gemeinwesen, auf die die Wikinger gestoßen seien sollen, als geradezu absurd. Wahrscheinlicher ist, dass die Waräger selbst schufen, was sie benannten.
Soweit war ich gekommen, als ich anfing alte Texte zu sichten.
Bemerkenswerte ist die Arbeit von Stefanie Gropper, Professorin für nordische Sprachen an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen.
Spannend. Und ich bin noch mitten drin. Vorab: Frau Gropper behauptet, Wikinger teilt die Welt nicht in gut oder böse, sondern in nützlich oder schädlich. Auch das Bild von deren Göttern war nicht rein positiv oder negativ, sondern eher sympathisch oder unsympathisch. “Es existiert keine zentrale Allmacht, die über alles regiert”, deren Göttinnen, deren weibliche Gottheiten, waren damals wie unsere Frauen heute:
“Sie hetzen, sie stiften an, sie kommentieren – handeln aber selbst nur wenig.”
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