Garab Dorje – der erste Nirmanakaya des Dzogchen

MahasiddhaIn einer früheren Existenz war Garab Dorje der Sohn eines Gottes. Nachdem er gestorben war, wurde er in Indien als der Enkelsohn des großen Königs Ashoka wiedergeboren. König Ashoka und seine Königin hatten zwei Töchter, aber keinen Sohn. Eine Tochter heiratete, aber die andere interessierte sich für den Dharma. Daher nahm sie die Gelübde der Ordination und ging mit einer Dienerin ins Retreat. Eines Nachts träumte sie, dass ein Kuckuck zu ihr kam, ihr eine mit Amrita gefüllte Vase brachte und sie aufforderte zu Trinken. Sie wachte am Morgen auf und da war ein Papagei an ihrem Retreat-Platz. Er landete auf ihrer rechten Schulter und sprach zu ihr: „Du wirst einen Sohn gebären, der der Lehrer der Götter und Menschen sein wird. Er wird der Acharya sein – Garab Dorje.“ Dann flog der Papagei davon und sie dachte sich: „Was? Ich habe nicht vor, Kinder zu haben. Ich bin eine Nonne und ich beabsichtige, den Dharma zu praktizieren. Das ist wirklich befremdend. Womit versuchte dieser negative, giftige Vogel meinen Geist zu verschmutzen? Wie lächerlich!“

Geburt von Garab Dorje

Ein Jahr später gebar sie einen Sohn, und da das Kind keinen Vater hatte war sie sehr beschämt. Sie entschied, dass sie das Kind nicht haben wollte. Sie war sich sicher, dass niemand glauben würde, sie hätte ein Kind ohne einen Vater. „Die Leute werden denken, ich bin eine gefallene Nonne und sie werden mich in ein Loch voll Asche werfen und dort zurücklassen,“ dachte sie. So gab sie das Kind ihrer Dienerin und sagte ihr, sie solle es beseitigen. Die Dienerin schaffte das Kind beiseite und kehrte dann zurück.
Sieben Tage später erinnerte sie sich an den Traum mit dem Kuckuck und an die Worte des Papageis. Sie erzählte ihrer Dienerin von diesen Dingen und beide unterhielten sich darüber. Sie kamen zu dem Schluss, wenn das Kind wirklich ein Tulku wäre, dass es möglicherweise noch am Leben wäre, und sie sollten zurückkehren und dies überprüfen. Die Dienerin kehrte zum Kind zurück und fand es im Staub sitzend, spielend und es streckte sich und strampelte mit den Gliedern. Aufgeregt hob die Dienerin es auf und brachte es zurück zu seiner Mutter. Als sie ihren Sohn erblickte, war sie ebenfalls sehr glücklich, so glücklich, dass sie ihm den Namen Rolang Kyepa gab, was „wonnevoll auferstandener Leichnam“ bedeutet.
Der Bub wuchs heran und begann mit anderen Kindern seines Alters zu spielen, aber was diese in einer Woche erlernten, wie sie sich körperlich in einem Monat entwickelten, erreichte er an einem Tag. Er war viel größer als die anderen Kinder seines Alters und sehr verschieden.
Als er acht Jahre alt war, fragte er seine Mutter: „Wo ist Vajrasattva? Wo hält er sich nun auf? Ich möchte wissen, wo er ist. Ich breche nun auf um Belehrungen von ihm zu erhalten, und nachdem ich diese erhalten habe, werde ich zum Wohle aller Wesen wirken und ich werde ihnen alle Übertragungen geben.“ Seine Mutter antwortete: „Vajrasattva? Er befindet sich in der Sphäre des Raumes, irgendwo in Leerheit. Du kannst ihn nicht sehen oder zu ihm gehen. So geht das nicht. Setz dich nun hin und gib Ruh.“
Eines Tages konnte sie ihren Buben nicht finden. Sie und ihre Dienerin sahen überall nach dem kleinen Kerl, aber sie konnten ihn nicht finden. „Er muss tot sein,“ dachten sie. Aber dann erschien er plötzlich und sagte: „Ich habe nach Varjasattva gesucht und ich erhielt die Belehrungen, von denen ich dir erzählt habe. Vajrasattva weiß alles, ich weiß es auch.“ Seine Mutter dachte: „Ah! Wie erstaunlich!“
Danach begann er allmählich zu lehren, seitdem er den Geist von Vajrasattva erhalten hatte. Als er begann, die Belehrungen zu geben – durch einfaches Sprechen – wurden diese überall in Indien als noch nie zuvor gehörte unglaubliche Belehrungen bekannt.
Eines Tages erzählte er seiner Mutter, dass er nun ausging um mit 500 Pandits zu debattieren. „Oh Sohn,“ sagte sie, „das ist zuviel für dich. Diese 500 sind große Pandits aus ganz Indien. Du wirst geschlagen werden. Du solltest dir nicht solch eine Sache vornehmen.“ „Nein, ich werde nicht geschlagen werden,“ antwortete er. „Ich gehe jetzt.“ Da sagte sie zu ihm: „Dann musst du zuerst um Erlaubnis bei deinem Großvater, dem König, fragen. Weil er ist der Wohltäter all dieser 500 Pandits.“

Garab Dorje’s Debatte

Der Bub ging zu König Ashoka und bat um die Erlaubnis zu debattieren. „Nein,“ sagte der König, „es gibt keinen Grund, dies anzustreben. Du bist nicht fähig, sie zu schlagen.“ Aber der Bub blieb hartnäckig und sagte: „Ich kann sie schlagen.“ Schließlich sah sich der König gezwungen, die Pandits zu fragen, ob sie daran denken würden, mit seinem Enkelsohn zu debattieren. Sie stimmten einer Debatte zu, aber vereinbarten, dass der Bub vom König bestraft werden müsste, wenn sie gewinnen würden. Die Debatte verlief engagiert und ein Pandit nach dem anderen wurde geschlagen. Niemand konnte gegen das Kind bestehen. Ob es nun Hinayana, das Mahayana oder das Vajrayana war, egal welches Thema, der Bub blieb unbesiegt. Die Pandits waren sehr erstaunt darüber. „Dies ist der Buddha,“ dachten sie. „Ahlala! Die Sangha ist wieder vereint. Wie wunderbar!“
Sie gaben ihm den Namen „Große Wonne“. König Ashoka war so erfreut, dass er seinen Enkelsohn in „Gegpa Dorje“ – Glücklicher Vajra – umbenannte. Die Frau des Königs nannte ihn „Shepa Dorje“ – Lachender Vajra. Die Leute des Königreichs nannten ihn „Garab Dorje“ – Vajra der größten Freude – und er hatte auch noch andere Namen, der letzte ist aber jener, unter dem wir ihn kennen.
Wie in „Leben und Befreiung des Padmasambhava“ erzählt wird, geschah Garab Dorjes Empfängnis auf folgende Weise. Seine Mutter badete in einem Wasserbecken, als fünf Schwäne erschienen. Sie waren Emanationen der fünf Buddhas, und einer von ihnen, die Emanation von Vajrapani, tauchte unter das Wasser und mit seinem Schnabel platschte er dreimal gegen ihr Herz, wodurch sein Bewusstsein augenblicklich in sie einging und die Empfängnis stattfand.
Nachdem er die 500 Pandits von Indien besiegt hatte, wurde das Kind, nun im ganzen Land als Garab Dorje bekannt, als ein lebender Buddha verehrt. Zu dieser Zeit schrieben er und seine Schüler alle Schriften der Großen Vollkommenheit / Atiyoga nieder. Dann ging er in den Raum und gab die Dzogchen-Belehrungen allen Dakinis und den verschiedenen Geistern. Durch den Ausdruck seiner wundersamen Emanationen wurden 300.000 Dakinis erleuchtet.

Manjushrimitra

Danach erhielt ein großer Pandit, genannt Jampal Shenyen, der in Indien lebte, eine Prophezeiung, in der er angewiesen wurde, Garab Dorje zu finden und die komplette Übertragung des Dzogchen / Atiyoga zu erhalten. Er fand Garab Dorje und erhielt alle Übertragungen, die er dann in 64.000 Kategorien anordnete. Diese Kategorien sind in allen drei Klassen des Dzogchen enthalten: die Geist-Klasse, die Klasse der Weite und die Klasse der geheimen mündlichen Übertragung. Dies ist der Ursprung der Linie des Nyingma-Kama, der Terma-Linie und der Linie der mündlichen Übertragung. 800.000 Schüler von Jampal Shenyen erlangten Erleuchtung.

Shri Singha

Dann hörte der große chinesische Gelehrte Shri Singha von Jampal Shenyen. In einer Prophezeiung von Avalokiteshvara wurde er angewiesen, nach Indien zu gehen. Er erreichte Indien in gerade mal neun Tagen. Indem er sich auf seine wundersame Fähigkeit des raschen Gehens stützte, flog er entlang der Erdoberfläche dahin. Er ging direkt zur Leichenstätte nach Sosaling, wo er den großen Acharya Jampal Shenyen traf und er die ganzen Dzogchen-Übertragungen erhielt. Dann entdeckte er die Termas, die in Bodhgaya verborgen waren. Er kehrte nach China mit den Termas und Übertragungen zurück, wo er Übertragungen und Belehrungen gab, und 700.000 Schüler erlangten Erleuchtung.

Yeshe Do

In der westlichen und östlichen Region von Indien erhielten der große Pandit Vimalamitra und der große Gelehrte Yeshe Do gleichzeitig Prophezeiungen von Vajrasattva. Es wurde ihnen gesagt, dass sie den chinesischen Gelehrten Shri Singha aufsuchen müssten und alle Übertragungen erhalten würden. Sie wurden von Orgyen Rinpoche (Padmasambhava) begleitet und die drei reisten nach China und erhielten alle Dzogchen-Übertragungen von Shri Singha. Vimalamitra gab die Übertragungen an seine zahllosen Schüler weiter und später erlangten 600.000 von ihnen die Erleuchtung.

Dargelegt von Gyatrul Rinpoche. Übersetzt vom Ngak’chang Rangdrol Dorje (Enrico Kosmus) damit Praktizierende Vertrauen in diese erhabene Praxis erlangen. Möge es von Nutzen sein! Sarva Mangalam!


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