Wenn bei vielen Hobbies, bekommt man auch beim Videospielen nicht immer mit, wie viel Freizeit man darin tatsächlich investiert. Bei vielen Spielclients wie u.a. Steam wird einem die Messung zum Glück abgenommen, weil die Software eine Statistik über die Spielaktivität führt. Anhand dieser Statistik und der Daten seit meinem Beitritt habe ich eine Top Ten der von mir am meisten (quantifiziert anhand der Stundenzahl) frequentierten Titel erstellt. Diese Liste möchte ich prägnant kommentieren und werde das in zwei Beiträgen hier tun. Beginnen werden ich mit der geringsten Spielzeit, Platz 1 gibt es folglich am Ende des zweiten Posts. Mir ist klar, dass dieses Konzept sich komplexitätshalber nicht als Meme etablieren kann, vielleicht regt die Liste ja trotzdem Reflexionsprozesse an, die gerne auch mittels Kommentarfunktion digitalisiert werden dürfen.
Es geht hier weniger um die Qualität der technischen Umsetzung der Spiele, daran lässt sich Langzeitmotivation kaum messen. Darum kommen diese Aspekte auch so gut wie nicht zur Sprache. Außerdem bin ich in letzter Zeit auf den Geschmack von Let’s Play-Videos gekommen, weshalb ich versucht habe, da jeweils ein gutes für jedes Spiel zu finden und zu verlinken. Wer keine Lust oder Möglichkeit zum Selberspielen hat, hat da vielleicht eher Spaß dran.
Evil Genius – 43.8 Stunden
Diese Simulation sucht ihresgleichen. Naja, vielleicht nicht ganz, oberflächlich erinnern Teile der Spielmechanik schon an Klassiker wie Dungeon Keeper. Die Idee ist, dass wir ein böses Genie, einen Unterweltboss, verkörpern, der auf einer Insel seine geheime Basis des Bösen errichtet und sich anschickt die Welt und nichts als die ganze Welt zu erobern. Kalif anstelle des Kalifen zu werden. Der Oberguru. Der Pate. Meister von allem und jedem.
Dazu muss man sich Untergebene auf die Insel holen, die wiederum unterhalten (auch finanziell) werden wollen. Diese kann man dann zum Stehlen und Erledigen von infamen Aktionen rund um den Globus schicken. Gleichzeitig steigert jegliche böse Aktivität aber die Wut auf uns und die verschiedene Vereinigungen schicken uns Agenten auf den Hals, die man irritieren, einsperren oder auch ermorden muss. Dazu stehen uns diverse verrückte Fallen zur Verfügung, die man in der Basis unterbringen kann. Außerdem kommen noch handelsübliche Touristen auf unsere Südseeinsel, die mit Hotels und Casino abgelenkt werden wollen.
Das Spiel ist nicht mehr ganz frisch, aber trifft zumindest bei mir genau den Nerv, weil es starke Aufbauanteile mit ein wenig Strategie verknüpft. Es steckt auch einiges an Frustpotenzial drin, wenn nur eine Hand voll Saboteure große Teile der Basis in die Luft jagen, nachdem man alles so liebevoll (und teuer) aufgebaut hat, möchte man die Maus schon mal an die Wand feuern. Andererseits gibt es soviel zu tun, man muss auf die Angestellten un d die Ausbildung achten, auf die Forschung, die Agenten und die Aktionen auf der Weltkarte, die durch eine lineare Story verknüpft werden. Da verliert man schonmal den Überblick, vor allem auch über die Zeit. Nachdem mein Lieblings-Lets-Player Tomdotio derzeit Evil Genius auf seinem Youtube-Kanal spielt, hab’ ich auch nochmal angefangen, denn bis zum Ende habe ich es in den fast 44 Stunden bislang noch nicht geschafft. Trotzdem herrscht hier Suchtpotenzial!
Die Gilde 2: Renaissance – 49.5 Stunden
Simulationen sind prädestiniert, das in sie investierte Geld durch lange Spielzeiten und hohe Wiederspielbarkeit zu vergelten. Bei ‘Die Gilde 2′ startet man als einzelner Mensch in einer mittelalterlichen Stadt und kann in einem relativ komplexen Wirtschaftssystem eigene Betriebe gründen (z.B. Bäckerei als Handwerker, Kirche als Geistlicher etc.) und so Stück für Stück ein Patriarchat oder Matriarchat aufbauen, indem man einen Partner um- und sich für öffentliche Ämter bewirbt, eine Familie gründet und die eigenen Kinder später die Dynastie weiterführen. Dabei entstehen natürlich Freund- oder Feindschaften mit anderen Familien und mit Geduld und Spucke kann man womöglich eine ganze Stadt oder sogar die Region übernehmen.
Die Gilde 2 ist im Grunde ein ewiges Spiel, solange sich die Familie fortpflanzt und keine Siegbedingung erreicht ist, kann man spielen bis der Arzt kommt. Der vielleicht sogar Teil der Familie ist. Neben den Betrieben, die man nach und nach auch automatisieren kann, ist das Teilhaben am politischen Entscheidungsprozess und der gesellschaftliche Aufstieg primär für die Langzeitmotivation verantwortlich. Dabei läuft das Spiel in (beschleunigter) Echtzeit ab und wechselt zwischen den Jahreszeiten. Leider festigen sich die Strukturen relativ schnell und schlechte Entscheidungen zu Beginn des Spieles (z.B. die Wahl des Betriebes oder wenn man nicht im Stadtrat aktiv wird) kann man häufig im späteren Verlauf nicht mehr so einfach korrigieren, ein gemütliches Reinspielen ist da eher schwierig. Ansonsten aber ist das Spiel abwechslungsreich und findet sich in einer Reihe von Klassikern mit Mittelalterthematik wie Patrizier oder Die Hanse wieder.
Star Trek Online – 53.9 Stunden
Tja, Onlinerollenspiele (MMORPGs) haben doch immer wieder eine besondere Faszination. Meine längste Zeit bei einem MMORPG verbrachte ich vor vielen Jahren in City of Heroes (noch bevor City of Villians dazu kam), weil da nicht die klassischen Fantasywelten à la Dungeons & Dragons verhandelt werden. Ähnlich ist es bei Star Trek Online, hier übernimmt man vom Fleck weg das Kommando seines eigenen Schiffes und durchreist die Galaxie um Missionen in einer alternativen Star Trek Zukunft, in der nahezu alle Serienkontexte munter verquickt wurden, zu erledigen. Dazu ist man im All unterwegs, kann sich aber auch mal auf Planeten beamen und dort durch die Gegend phasern. Alle bekannten Rassen sind da, man selbst kann der Föderation oder den Klingonen beitreten und zwischen diversen Schiffstypen wählen, wobei man nach erfolgreichem Hochleveln auch neue Schiffe erwerben kann.
Star Trek Online ist Free to Play, man zahlt also keinen Monatsbeitrag, kann aber mit echtem Geld besondere Boni wie Ausrüstung und Schiffe erwerben. Was über kurz oder lang auch teuer werden kann und bisweilen auch schon nervig. Zum nur mal so Spielen braucht’s das daher nicht, und die Missionen, wenn auch von der Mechanik natürlich repetitiv, sind inhaltlich sehr abwechslungsreich. Der Entwickler schießt regelmäßig im Rahmen neuer Seasons Inhalte und neue Missionen nach, da wird’s eigentlich nie langweilig. Im Gegensatz zu anderen MMORPGs lässt sich das Spiel auch durchaus alleine spielen, mit Freunden kommt man natürlich schneller voran und es macht mehr Spaß. Damit ihr einen kleinen Eindruck aus dem Spiel bekommt, hab’ ich mal ein Let’s Play Video des Youtubers Krang angehängt.
Tropico 4 – 54.9 Stunden
Tja, warum eigentlich Tropico? Von Tropico habe ich bisher alle Inkarnationen gespielt, die Simulation einer diktaturgeführten Südseeinsel (eine Spielidee, die ich außer bei Tropico nur noch bei Caribbean Disaster von 1995 gesehen habe) ist spielerisch schon immer spitze gewesen und im letzten, aktuellen Teil von Heamimont Games hat man es auch geschafft, die eigentlich unveränderte Spielidee zu modernisieren. Einerseits mit einem teils erneuerten Inventar andererseits mit kontinuierlichem Nachschub an DLCs. Geld verdienen kann man entweder mit Industrie und Landwirtschaft oder als beliebtes Reiseziel für Touristen mit Sehenswürdigkeiten und Hotels. Klar geht auch beides gleichzeitig, aber möglicherweise ist man dann zu beschäftigt um sich auch noch die Großmächte vom Hals und die eigenen Bewohner bei Laune zu halten. Es gibt viel zu tun, und auch das führt zu einer hohen Wiederspielbarkeit. Die Kampagne ist auch von der Narration ganz witzig gemacht, obendrein besteht die Möglichkeit den eigenen Diktator-Avatar ganz individuell zu gestalten und mit besonderen Fähigkeiten auszustatten, die dann auch hochgelevelt werden.
Noch sind lange nicht alle Missionen durchgespielt, denn je nach Spielstil spielt man schon mal ein paar Stunden pro Mission, nicht immer klappt das im ersten Anlauf und man fängt wieder von vorn an. Auch für Tropico 4 kann ich die großartigen Lets Play-Videos von Tomdotio empfehlen (Teil 1 der Kampagne ist eingebunden), mittlerweile macht mir das Zugucken genauso viel Spaß wie das selbst Spielen. Wichtig für die lange Spielzeit ist auch, dass die Missionen durchaus ein Umdenken bei Herangehensweise und Strategie erfordern, ein Durchspielen nach Schema F mit der immer gleichen Strategie gestaltet sich eher schwierig.
SimCity 4 Deluxe – 55.4 Stunden
SimCity ist ein Klassiker und lange hat’s gedauert bis mit dem neuen SimCity 5 ein Nachfolger kam. Aber viel war auch nicht zu verbessern, SimCity 4 hat eigentlich alles was man will: Sie bauen als Bürgermeister eine Gemeinde von Grund auf. Strom- und Wasserversorgung, Straßen, medizinische Versorgung, Schulen, Müllentsorgung, Gewerbe, Industrie, ÖPNV (mit dem späteren Addon noch stärker), um all das und mehr müssen Sie sich kümmern. Wer ist da nicht jahrzehntelang motiviert? Tatsächlich habe ich sehr viel mehr gespielt, die Zahl müsst weit in die Hunderte gehen, aber das war lange bevor es Sim City auf Steam gab. Auch Nachfolger wie CitiesXL (und schon gar nicht das unsägliche SimCity Societies, für das sich Will Wright im Grabe umdrehen würde, wäre er schon tot) haben es nicht geschafft, hier gleichzuziehen. Die hohe Komplexität ist gleichzeitig das Manko des Spieles, ab einer gewissen Stadtgröße hatte ich immer Probleme, das Gebilde weiter zu entwickeln, ältere Stadtviertel verlieren an Attraktivität und die Wechselwirkung mit angrenzenden Städten (durch das Regionenprinzip beeinflussen sich alle Städte einer Region) habe ich auch nie ganz durchschaut. Trotzdem, mit jeder neuen Stadt wird man besser und selbst wenn man nicht zielorientiert spielen will (wobei man das Ziel ja eh immer selbst wählt) macht SimCity immer noch wahnsinnig Spaß. Damit habe ich ganze Wochenenden totgeschlagen. Und ich bereue keine Sekunde. Man kann nur hoffen, dass SC5 hier anschließen kann und nicht nur optisch nett aussieht.
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