Die Serie „Vermischtes" stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.
Kevin Drum spricht ein Dilemma jeder politischen Richtung an. In der Theorie ist die Geschichte ziemlich klar: Man kann der Öffentlichkeit bei strittigen Themen ein wenig voraus ein - Politiker und Parteien formen schließlich zu nicht unerheblichen Teilen den Diskurs, ob das nun konservative Steuersenkungen in den 1960er Jahren oder die Gleichberechtigung aller Frauen und Schwarzen bei den Progressiven ist. Jedes Mal war man der Öffentlichkeit einen Streit voraus und zog sie mit. Soweit, so gut. Die Schwierigkeit besteht darin, vorher zu erkennen, wo man einen kleinen Schritt voraus ist, und das von den Bereichen zu unterscheiden, die keinerlei Mehrheitsfähigkeit in der Gesellschaft haben (fragt mal die Kommunarden). Verwechselt man die beiden Themen, kann man durchaus große Pluralitäten gewinnen. Es ist problemlos möglich, mit einem Thema 40% der Wählerstimmen zu gewinnen. 40% ist aber eine Niederlage, auch wenn es total gut aussieht. So kann es sein, dass eine Partei eine konsensfähigere Position gegen eine eintauscht, die nicht mehrheitsfähig ist, und trotzdem zulegt (was ja etwa oft Jeremy Corbyn und Bernie Sanders unterstellt wird). Nur stößt selbige Partei dann an eine Obergrenze ("ceiling") die sie nicht mehr durchbrechen kann - und bleibt eine ständige starke, aber machtlose Opposition. Es sei denn, sie nutzt wie die Republicans das tun Methoden der Wählerunterdrückung und ähnliche undemokratische Methoden, um dieses Problem zu umgehen.
How did Donald Trump manage to capture the Republican presidential nomination in 2016? Was it because he raked in more money than his opponents combined? No. Trump spent less than any of the other competitive candidates in the early months of the GOP primary cycle. By the time Ben Carson dropped out of the race in March, he had spent twice as much money as Trump. The only Republican who used less cash than our current president and actually managed to win a primary was John Kasich, and he survived far longer than, say, Jeb Bush, who blew through $130 million despite never finishing better than fourth in any nominating contest. Trump won not because he had spent around $35 million of his own money by the time his opponents dropped out, but because the media gave him at least $5 billion of free advertising. [...] This is why I roll my eyes when I read news stories about how Pete Buttigieg's ability to convince people to give him $7 million means that he is a "contender" in 2020. The mayor of South Bend, Indiana, (population 101,168) is not going to be the next president or the nominee of the Democratic party. He's probably not even going to place better than Jeb did in the New Hampshire primary, assuming he stays in the race that long. Bernie Sanders, by contrast, has a halfway decent chance at winning the nomination. This is not because he is currently raising more money than anyone else in this crowded Democratic field, but because he is now a universally recognizable politician, a compelling speaker, and someone with a unique and engaging platform that differs in significant ways from those of nearly all of his opponents. He is already winning what I like to think of as the attention primary. It's still his to lose. (Matthew Walter, The Week)
Ich bin etwas vorsichtiger, diese als click-bait überzeichnete Überschrift als Prämisse zu akzeptieren. Aber der aktuelle Fokus in den Nachrichten, sich auf die Menge des eingebrachten Geldes zu konzentrieren und daraus irgendetwas abzuleiten ist eher nervig. Der Vorteil der Konzentration auf Geldsummen, genauso wie das Stürzen auf einzelne Umfrageeergebnisse, hat natürlich für Journalisten den Vorteil, dass es sich um Zahlen handelt, die man einfach greifen und vergleichen kann. In dieser frühen Phase der primaries haben Kandidaten, die bereits bekannt sind (" name recognition") massive Vorteile. Deswegen ist es so wichtig für sie, dass sie größere Bekanntheit erreichen, da ihnen dann wertvolle Aufmerksamkeit und Ressourcen (vor allem aber Aufmerksamkeit, die, wie der Artikel oben richtig anmerkt, wesentlich mehr wert ist als Geld) zukommen. Kandidaten wie Joe Biden kommen deswegen auch direkt als Favoriten (" front runner") in den Wahlkampf. Wenn Leute befragt werden, wen sie eventuell in einem Jahr wählen würden, werden sie im Zweifel auf diejenigen verfallen, die sie kennen. Jemand wie Pete Buttigieg, der vielleicht eine name recognition von 30% hat,hat dann gegen jemanden wie Joe Biden mit seinen nahe 100% einen gewaltigen Nachteil. Das muss immer mit einbezogen werden, wenn man realistisch Chancen abschätzen will.
3) Obstruction But No Collusion? Sure, It's Possible.
In other words, when Trump says that obstruction of justice is impossible because there was no underlying crime, he's wrong on two counts. First, Mueller made it clear that, in fact, you can obstruct justice even if there's no underlying crime. Second, Mueller found only that Trump wasn't guilty of colluding with the Russians. He didn't investigate anything else, and therefore drew no conclusions about other possible crimes Trump may have been guilty of. Most likely, there were underlying crimes that Trump was worried about, and that's why he tried to obstruct the investigation. He knew that Whitewater, for example, had morphed from an investigation of a small-time real-estate deal into a carefully crafted perjury trap involving illicit sex with a White House employee. If that could happen, surely an investigation of collusion with Russia could morph into questions about hush money payments to a porn star. In the end, it turned out that Robert Mueller was far more honest and fairminded than Ken Starr ever was, and no such thing happened. Trump, however, who assumes that everyone is as corrupt as he is, never realized that. (Kevin Drum, Mother Jones)
Letzten Endes sind die legalistischen Details völlig irrelevant. Die Schuld oder Unschuld Trumps ist nichts, was irgendwie als Fakt bestätigt werden kann. Es ist etwas, das politisch entschieden wird. Die Democrats werden versuchen, den Mueller-Bericht als permanente Quelle immer neuer Skandale und Enthüllungen zu nutzen. Dasselbe haben die Republicans im Wahlkampf 2016 sehr erfolgreich gegen Hillary Clinton angewandt. Ob dabei genuin neue Erkenntnisse herauskommen, ist völlig irrelevant. Kein relevanter Teil der Wählerschaft ist informiert genug, um das überhaupt unterscheiden zu können. Sobald über neue Anwürfe berichtet wird, addieren sich diese nur auf den bestehenden Stapel auf und verstärken den Gesamteindruck. Zumindest dann, wenn die Strategie aufgeht.
Das macht was mit der Energiepolitik. "Ich bezweifle, dass es diesen rasanten Anstieg der Erneuerbaren gegeben hätte, wenn Trittin damals nicht die Zuständigkeit für die Erneuerbaren durchgesetzt hätte. Sicherlich nicht unter Wolfgang Clement", sagt Michael Schroeren am Telefon. Er war Sprecher des Umweltministeriums unter Trittin, Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks - nur den CDU-Minister Norbert Röttgen lässt er 2009 bis 2013 aus, weil Schwarz-Gelb den Atomausstieg zunächst rückgängig macht. Oft sind es winzige, kreative Details, die einem Gesetz Durchschlagskraft verleihen, zum Beispiel dem Erneuerbare-Energien-Gesetz: Wer hierzulande eine Solaranlage oder Windmühle errichtet, muss sich um eines keine Sorgen machen: ob das Stromnetz die Energie auch aufnehmen kann. Die Betreiber der Stromnetze sind verpflichtet, die Anlagen anzuschließen. Dieser kleine Kniff hat den Boom des Ökostroms mit beflügelt. [...] Es ist also nicht egal, welches Ministerium wofür zuständig ist. Derzeit ist das Umweltministerium unter der SPD-Frau Svenja Schulze auf die Größe von 1998 geschrumpft. Bau ging 2018 an Horst Seehofer ins Innenministerium, Manövriermasse für die Machtansprüche des damaligen CSU-Chefs. Das Umweltministerium ist mittlerweile verzwergt. "Für mich ist das ein klarer Abstieg des Themas Umwelt", sagt Schroeren. [...] Aber vor allem eben der Verkehr. Null Emissionssenkungen seit 1990, ein Desaster, das Kanzlerin Merkel zu verantworten hat: 2013 verwässert sie in Brüssel die EU-weiten Ziele für den CO2-Ausstoß von Neuwagen. "Das bedeutete natürlich, dass in der Verkehrspolitik keine Fortschritte gemacht worden sind", sagt Hendricks. Anschließend lässt Merkel ihrem Verkehrsminister jahrelang durchgehen, dass Autobauer den Spritverbrauch ihrer Neuwagen bis zu 40 Prozent niedriger angeben, als sie beim echten Fahren auf der Straße wirklich brauchen. (Ingo Arzt, taz)
Ich finde den obigen langen und empfehlenswerten Artikel insofern spannend, als dass er gut herausarbeitet, welche Bedeutung die Ressortzuschnitte und Personalbesetzungen in Ministerien haben. Dafür ist die eigene Position zu den diskutierten policies (ratet mal wie die taz das sieht...) erst einmal auch egal. Deswegen ist es auch nicht irrelevant, wenn im Namen des Regionalproporzes ein Ministeramt an völlig unbegabte Volltröten geht, oder umgekehrt hat es einen wahnsinnigen Einfluss, welchen Hintergrund die Leute haben - was etwa bei Diskussionen um Frauen- und Migrantenanteile relevant ist. Zum eigentlichen Thema: Es ist beachtlich, wie kurz die Phase aktiver Umwelt- und Klimapolitik in Deutschland tatsächlich war. Die geschickte PR (Stichwort "Klimakanzlerin") und allgemeine Selbstgefälligkeit hat über ein Jahrzehnt zu dem verbreiteten Eindruck beigetragen, Deutschland sei international ein Top-Player. Gerade der systematische Schutz einer stagnierenden Autoindustrie etwa fielen da immer unter den Tisch. Mein Gefühl ist, dass die #FridaysForFuture das Overton-Fenster ganz schön verschoben haben. Ohne Thunberg sehe ich nicht, dass Klimaschuz eines der Topthemen der Europawahl wird...
5) Obama Had a Green New Deal, and It Worked. Let's Do That Again.
More recently, acknowledging the poll (which he brought to my attention) showing that the enthusiasm is heavily weighted against the Green New Deal, Roberts is presenting the grassroots wave as a future aspiration rather than a countable asset. "Intensity is what matters in politics," he argues. "Democrats and climate hawks need to figure out how to generate some." Roberts is a brilliant policy analyst from whom I have learned enormously. But I believe the theory of political change upon which he has hung his support for the Green New Deal strategy is showing its fatal flaws. [...] Baker's notion that Obama's agenda has been "quashed" contains some grains of truth. The Trump administration has launched a vigorous effort to roll back Obama's regulations, and announced its refusal to abide the Paris agreement while throwing itself behind a campaign to revive coal and other dirty energy sources. But even if this rollback were completely effective, it could only reverse the regulatory aspects. Trump can't un-spend stimulus funding that was spent before he took office. [...] All of this suggests Obama's presidency offers a model, after all, for how the next Democratic president can address climate change. The three tools used by the 44th president - green energy investment as part of a stimulus bill, tighter regulation, and aggressive international diplomacy - may lack the transformative ambition of the Green New Deal. But the Green New Deal is nowhere close to overcoming either the technocratic challenge of designing workable policies to fulfill its grand designs, or the political challenge of enacting them. (Jonathan Chait)
Es ist absolut faszinierend, welche krasse Langzeitwirkung der Stimulus hat. Obwohl er aus progressiver Sicht so unterwältigend war, sowohl in Zielsetzung als auch in Umfang, ist er zusammen mit Obamacare die wohl bedeutendste Regierungshandlung der ganzen acht Jahre gewesen. Und er hat funktioniert. Ohne den Stimulus, den die Republicans in krasser Verantwortungslosigkeit erbittert bekämpften und zu sabotieren versuchten, wäre die amerikanische Wirtschaft in ein Tal gefallen, das die düsteren Vergleiche mit 1929 Realität gemacht hätte. Aber Obama tat mehr, als nur die Wirtschaft zu retten. Wo er Spielräume hatte (und sie waren nicht sonderlich groß), implementierte er zusammen mit dem Stimulus wegweisende policy-Initiativen - unter anderem eine Förderung der erneuerbaren Energien, von denen die USA noch heute zehren. Es ist wie in Fundstück 4) bereits beschrieben für Deutschland auch: eine kurze Phase energiegeladener, wegweisender Maßnahmen, gefolgt von einer etwas längeren Maße institutioneller Absicherung und Rückzugsgefechte, von der das Land auch in Abwesenheit weiterer Maßnahmen oder sogar aktiven Gegenarbeitens (Trump, die FDP 2009-2013) zehren kann. Aber irgendwann braucht es neue Impulse. Siehe auch Fundstück 8).
6) So will Hubertus Heil Paketboten besser stellen
Die Arbeitsbedingungen bei Paketdienstleistern gelten als schlecht. Über Subunternehmer werden offenbar Löhne gedrückt, auch wenn die Paketkonzerne dies verneinen. Gegen die Ausbeutung von Zustellern will Arbeitsminister Hubertus Heil nun vorgehen - und einen Gesetzentwurf präsentieren, der die großen Paketdienste verpflichten soll, Sozialabgaben für ihre Subunternehmer nachzuzahlen, wenn diese nicht den Mindestlohn einhalten. [...] Heil riskiert so einen Streit mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der die sogenannte Nachunternehmerhaftung ablehnt. "Den Auftraggeber haftbar zu machen, der selbst keine Möglichkeit hat, diese Dinge bei Subunternehmern zu kontrollieren, halte ich für einen bürokratischen und falschen Weg", sagte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post". Durch regelmäßige Zollkontrollen müsse sichergestellt werden, dass die Vorschriften eingehalten werden. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er: "Es ist jetzt nicht die Zeit für neue Belastungen der Wirtschaft." [...] Rückhalt für seine Neuregelung in der Paketbranche bekommt Heil von den Gewerkschaften. Ver.di-Chef Frank Bsirske sprach vor Kurzem von teils "mafiösen Strukturen". Er kritisierte, dass Paketdienste Firmen engagierten, die wiederum andere Firmen beauftragen, die dann Menschen aus der Ukraine, aus Moldawien oder aus Weißrussland in die Lieferfahrzeuge setzten. Es würden Stundenlöhne von 4,50 Euro oder 6 Euro gezahlt bei Arbeitszeiten von 12 oder sogar 16 Stunden pro Tag. Zuletzt hatte eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei ergeben, dass trotz des Booms durch Versanddienste wie Amazon Paketzusteller deutlich weniger verdienen als noch vor zehn Jahren. Das mittlere Bruttomonatsentgelt eines Zustellers nahm zwischen 2007 und 2017 um 13 Prozent auf 2478 Euro ab. Zum Vergleich: In der Gesamtwirtschaft sind im gleichen Zeitraum die Löhne um knapp 24 Prozent gestiegen. (SpiegelOnline)
Altmaier ist so verräterisch mit den "nicht die Zeit für neue Belastungen für die Wirtschaft". Denn die vorgeschobene Sorge um Bürokratieaufwand fliegt sofort zum Fenster raus, wenn es um den Kern der Sache geht: Müssten die Paketdienstleister die Arbeitsgesetze einhalten, würde ihr Gewinn kleiner. Dass ein Regierungspolitiker einfach offen sagt (natürlich von der Law&Order-Fraktion, die einmal mehr zeigt, dass man nur zu bereit ist auf das Gesetz zu scheißen wenn es nicht gegen Ausländer oder protestierende Studenten geht), dass man bereit ist Gestzesverstöße auf breiter Front hinzunehmen damit die eigene Klientel mehr Geld verdient ist einfach widerwärtig. Und klar würde diese Regelung, wie Heil sie vorschlägt, mehr Bürokratie für die Paketdienste bedeuten. Aber es gibt noch etwas, das viel Bürokratie für die Paketdienste erzeugt: die ganze Scheiße an Subunternehmen auszulagern. Das passiert ja auch nicht von alleine. Das Argument mit dem zusätzlichen Verwaltungsaufwand stimmt immer, aber es ist halt nicht immer relevant. Früher(tm) gab es auch einen Aufschrei, als der Staat die Arbeitgeber verpflichtete, Steuern und Sozialabgaben direkt vom Lohn abzuziehen. Klar war das mehr Bürokratie. Das Ergebnis aber rechtfertigt den Aufwand tausendfach. So ist es auch hier: Wer auslagern will, muss auch die Verantwortung übernehmen. Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass die Paketdienstleister einfach auslagern und danach ihre Hände in Unschuld waschen können. Ich kann ja auch nicht die Kehrwoche an meinen Sohn auslagern und dann, wenn der Siebenjährige sie nicht macht und jemand auf dem Gehsteig über die nassen Blätter stürzt, alle Verantwortung von mir weisen und auf den Bürokratieaufwand verweisen, den eine Kontrolle meines Subunternehmers mit sich gebracht hätte. SInd FDP und CDU nicht immer die Parteien der Eigenverantwortung? Stattdessen übertragen sie sämtliche Verantwortung weg von den ach so verantwortlichen Unternehmen hin zum Staat. Wenn es ihnen reinpasst, ist Sozialisieren immer überhaupt kein Problem.
7) We Need to Get Ready for GamerGate Politicans
One of the most prominent anti-feminist voices during GamerGate has turned towards politics, having been named a candidate for the European Parliament representing UKIP, a political party with a bent towards xenophobia, racism, and anti-immigration. It helped push the UK towards its infamous Brexit vote in 2016, which the country continues to wrestle with, and has yet to find a real path forward on. Anyone paying attention during GamerGate probably remembers Carl "Sargon of Akkad" Benjamin. He was one of many far right grifters who rose to prominence in that era, when the online hate group went around claiming it was for ethics in games journalism, but largely spent its time harassing women online. In the years since, Benjamin has turned his moment in the sun into a profitable endeavour, with nearly a million subscribers on YouTube, and more than 3,000 people sending him nearly $12,000 per month on Patreon before he was banned. His grifting is now poised to become something darker and more influential. "I'm part of a class of people who have emerged from their living rooms to get involved in the way that the world is run because we're not very happy with the job that's been done so far," he said, riffing on his usual topics: opposing political correctness, decrying immigration, and pushing for the UK to leave the European Union. "My online presence has always been a place for levity, in addition to serious commentary, and that won't change and neither will I apologise for it. Political correctness is for other people. I'm here to tell the truth." It's weird how "the truth" often involves bashing women and minorities? Strange. [...] This is our new, unhinged reality, and the question is whether we're prepared to push back. The social networks are not going to do it for us, and our political parties are happy to cynically ride on their backs. We have to bear the burden. That's on us. (Patrick Klepet, The Waypoint)
Geschmeiß wie "Sargon von Akkad" im Europaparlament zu sehen ist wahrlich keine sonderlich beruhigende Aussicht. Die Subgruppe der radikalisierten jungen Männer ist zum Glück relativ klein - im Schnitt sind Millenials zu 70% und mehr progressiv - aber laut und gut organisiert und, vor allem, super aggressiv und bereit zu kriminellem Verhalten. Im Umfeld der #Gamergate-Affäre haben die Fußtruppen Benjamins und seiner Spießgesellen schon mehrfach bewiesen, dass sie die Kräfte des Online-Mobs zu nutzen verstehen. Sie doxxten missliebe Gegner, trieben öffentliche Personen durch massive Hass- und Drohungswellen aus den sozialen Netzwerken (etwa Kelly Mary Tran) und versuchten, ihnen ungenehme öffentliche Personen gefeuert zu bekommen (etwa James Gunn). Einige Jahre waren sie auch sehr erfolgreich; mittlerweile gibt es glücklicherweise auch etwas mehr Pushback. Was mich beunruhigt ist, dass die Fähigkeit dieser Leute wie geschaffen dafür ist, die Lücke bei Akteuren wie der AfD zu füllen. Die haben offensichtlich - man denke an das Lehrermeldeportal - den Willen, auf breiter Front Einschüchterungstaktiken gegen politische Gegner zu verwenden, aber bisher fehlt ihnen die Fähigkeit, das entsprechend umzusetzen. Wenn ich mir vorstelle, dass eine Meldung von Leuten aus dem #Twitterlehrerzimmer einen Mob von hunderttausend #Gamergatern auslöst, wird mir schon ein wenig anders.
8) Tweet von Mark Schieritz
Stell Dir vor es gibt ein Konjunkturpaket und keiner bekommt es mit. Laut IWF ergibt sich aus den Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag ein fiskalischer Impuls in Höhe von 2/3 der Wirtschaftsleistung. pic.twitter.com/uuEQ1mgBKw
- Mark Schieritz (@schieritz) 13. April 2019
Ich finde es absolut faszinierend, dass mir bisher gar nicht bewusst war, in welchem Ausmaß die jüngste Große Koalition in unbeabsichtiger Konjunkturpolitik unterwegs ist. Das Ausmaß an kommunikativem Versagen innerhalb der SPD ist echt mehr als bemerkenswert. Da investieren sie mehr Kohle als gefühlt alle Regierungen seit Helmut Schmidt, und es ist ihnen peinlich. Das ist aber auch etwas, das die deutsche Politik auszeichnet und etwa von Großbritannien und vor allem den USA abhebt. Es reden zwar alle immer von Haushaltsdisziplin und Einschnitten und Sparen und ähnlichem Fiskalextremismus, aber in der Realität wird ziemlich vernünftig agiert. Das läuft zwar alles auf einem Status-Quo-Niveau - also in einem Rahmen, in dem es nicht auffällt und vor allem die bestehende, anemisch wachsende Wirtschaft stützt - und setzt keine echten Impulse, aber es ist um Längen dem Radikalismus der Ordoliberalen vorzuziehen, die im Namen der ideologischen Reinheit und mit dem hypermoralisierend erhobenen Zeigefinger die Wirtschaft zu ruinieren bereit sind. Dieser "heimliche Stimulus" wirkt dabei ähnlich wie der in Fundstück 5) beschrieben Obama-Stimulus: er stützt die Wirtschaft und setzt Akzente. Letztere bleiben wegen der politischen Umgebung leider eher beschränkt - es darf ja effektiv keiner offen drüber reden -, aber für die Wirtschaft ist er unablässig. Für die CDU (und auch die FDP) ist das ein großer Vorteil: sie können sich ideologisch sauber gerieren und gleichzeitig die Früchte einer halbwegs stabilen Wirtschaft ernten. Warum die SPD ihnen dabei hilft, ist mir schleierhaft, erklärt sich aber glaube ich aus dem allgemein Unvermögen ihrer Strategen.
9) So führt Tübingen eine Liste mit „auffälligen" Geflüchteten
Die Europastraße ist die einzige der Unterkünfte in Tübingen, in der ein privater Sicherheitsdienst die Geflüchteten bewacht. Etwa 50 Asylsuchende leben dort, jeweils zu zweit auf etwa zwölf Quadratmetern. In die Europastraße werden vor allem Menschen verlegt, die „auffällig" geworden sind. Was das heißt, weiß niemand so genau. Trotzdem geht Tübingens grüner Bürgermeister Boris Palmer nun noch einen Schritt weiter: Er hat eine Liste anlegen lassen. [...] Die Betroffenen hätten keine rechtliche Handhabe, sich gegen diese Erfassung und die daraus resultierenden Maßnahmen zu wehren. „Bekannt ist mittlerweile nur, dass auch ‚Auffällige' in die Europastraße verlegt werden sollen, die zuvor nicht straffällig geworden sind, die aber etwa in Konfliktsituationen in ihren vorherigen Unterkünften involviert waren." Ursprünglich hatte Palmer gefordert, problematische Geflüchtete in die Landeserstaufnahmeeinrichtungen zurückzuschicken. „Raus aus dem Sozialraum Stadt", wie er in einem Facebook-Eintrag schrieb. Der baden-württembergische CDU-Innenminister Thomas Strobl lehnte Palmers Forderung ab. Es gebe kein rechtliches Instrument, das die Umsetzung dieses Vorschlages zulasse, sagte er den Stuttgarter Nachrichten. (Anna Biselli, Netzpolitik)
Palmer ist so ein unmöglicher Stück Mensch. Auf die Art kann man eine Situation natürlich auch bewusst eskalieren lassen. Pferchst alle Leute, von denen du weißt dass sie irgendwie schon mal in Streit verwickelt waren, auf engstem Raum an der Peripherie zusammen, entziehst sie jeder öffentlichen Kontrolle und wartest auf die Explosion. Und dann kannst dich in Szene setzen als der Typ, der immer schon gewusst hat, dass seine rassistischen Ansichten richtig waren. Könnten die Tübinger Grünen vielleicht einen anderen Kandidaten für die Bürgermeisterwahl finden? Das kann doch nicht so schwer sein. Da braucht es keinen selbstverliebten Zündler wie ihn.
Ich wünschte, ErzieherInnen, Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen wüssten Bescheid über die Ergebnisse der Minimalgruppenforschung: Wenn eine Gruppe in 2 geteilt wird, entsteht Wettstreit, es entsteht eine „Wir-Gruppe" und eine „Fremdgruppe" (= Die Anderen). [...] Sogar, wenn man eine Münze wirft und die Gruppe willkürlich in Kopf und Zahl trennt: Die Fremdgruppe wird herabgesetzt, „die Andern" scheinen alle irgendwie ähnlich, die Wir-Gruppe fühlt sich „besser", „richtiger" an, und die eigene Meinung, die eigene Haltung, so manche Entscheidung wird gerne an den Konsens der Wir-Gruppe angepasst (sog. „Ingroup-Bias"). Das ist bei Erwachsenen so, aber mehr noch bei Kindern in einem Alter, in dem es wichtig ist, sich als Teil der Gruppe zu fühlen, mit dem sich eines identifiziert. In Bezug auf die Rosa-Hellblau-Falle geschieht die Trennung aufgrund des Geschlechts: „Wir Mädchen - Ihr Jungs" und andersherum. Das Gendermarketing trennt in Prinzessinnen und Helden, und die Trennung wird für Kinder offensichtlich durch die Farbregeln der Erwachsenen, die wir ihnen an allen Ecken vermitteln: Rot-Rosa-Pink-Töne werden Mädchen zugeordnet, Blau-Schwarz-Orange dominiert in der Jungsabteilung. Es geht ja nicht darum, Mädchen-gegen-Jungs-Spiele zu verbieten, und natürlich (?) distanzieren sich Kinder auch selbst durch Sprüche voneinander: „Jungs sind Piraten - Mädchen sind Tomaten". Aber welches Interesse haben Erwachsene daran, die Trennung nach Geschlecht im Kindergartenalter zu unterstützen? (Almut Schnerring, Rosahellblaufalle)
Um die rhetorische Frage aus dem Artikel zu beantworten: Wünsche der Reproduktion eigenen Erlebens, Bequemlichkeit, Ideologie wären so die Hauptgründe. Es gibt, wie im Artikel auch weiter ausgeführt, eine breite Forschung zu dem Thema, die die Dynamiken dieser Gruppenbildung entsprechend bestätigt und von den "Gender-Kritikern" natürlich ignoriert wird. Diese Dynamiken sind auch nicht exklusiv für Geschlechterfragen; es gibt ja Studien und Experimente, in denen dieses In-Group-Out-Group auch für Rassismus oder Klassenunterschiede nachgewiesen wird. Wir Menschen bauen uns unsere Gruppen und Zugehörigkeiten selbst, und selbstverständlich ist es möglich, diese anders zu konstruieren.
All diese Analysen haben ohne Zweifel ihre Berechtigung. Wenn ein Land sich so nah an einen politischen Abgrund gesteuert hat wie das Vereinigte Königreich in den letzten zwei Jahren, so ist die Frage angebracht, warum die nationalen demokratischen Sicherungsmechanismen nicht (schon früher) einen Kurswechsel bewirkten. Die mit Sicherheit vorhandenen Defizite des britischen politischen Systems sollten dabei allerdings nicht über einen noch grundlegenderen Zusammenhang hinwegtäuschen: Dass das britische Parlament so lange nicht in der Lage war, sich auf eine positive Vision des Brexit zu verständigen, liegt auch daran, dass der Austritt aus der Europäischen Union in jeder Version mit mehr Nachteilen als Vorteilen verbunden ist. Die (auch von Theresa May oft bemühte) Rede von einem Brexit, der das gespaltene Land zusammenführen, dem britischen Parlament verlorengegangene Kompetenzen zurückgeben und Großbritannien zugleich zu einer weltoffenen globalen Handelsmacht werden lassen könnte, hat keine Grundlage in der Realität. In vieler Hinsicht hatte die britische Regierung deshalb von Anfang an keine Chance, ihre Versprechen zu erfüllen. Ihr Scheitern beim Brexit zeigte sich gerade im Zusammenhang mit jenen typischen politischen Problemen, für die die Europäische Union überhaupt erst geschaffen wurde. [...] Wie ich auf diesem Blog bereits 2016 geschrieben habe, steht hinter diesem Konflikt letztlich nichts anderes als das bekannte Rodrik-Trilemma, dem zufolge man nicht gleichzeitig demokratische Selbstbestimmung, eine grenzüberschreitende Wirtschaft und nationale Souveränität haben kann: Je zwei davon sind vereinbar, aber nicht alle drei. Mit ihren überstaatlichen Institutionen ermöglicht es die EU, die Regeln eines überstaatlichen Binnenmarkts demokratisch zu gestalten. Durch den Brexit verliert Großbritannien diese Option und muss sich deshalb entscheiden, entweder die wirtschaftlichen Verbindungen zu seinem wichtigsten Handelspartner zu beschädigen oder demokratische Mitspracherechte zu opfern. Dass über diese Entscheidung zwischen Pest und Cholera nicht so leicht Einigkeit zu erzeugen ist, liegt nicht nur an der Inkompetenz der britischen Regierung, sondern einfach daran, dass keine der beiden Lösungen besonders attraktiv ist. (Manuel Müller, Der Europäische Föderalist)