G-7-Gipfel: Politik nach Schlossherrenart


Das riesige Polizeiaufgebot, die Straßensperren, die schikanöse Behandlung der Demonstranten: Das ist überheblich und bürgerfern. Es gibt gute Gründe, gegen den G-7-Gipfel zu demonstrieren.

Zur Begründung des Gipfelrummels auf Schloss Elmau haben Kanzlerin Angela Merkel und der bayerische Innenminister eine kleine Belehrung in Geschichte erteilt: Es sei doch viel besser, dass die Staatenlenker heute miteinander sprechen statt das, wie 1914, nicht zu tun und lieber die Armeen zu schicken.

Nun ließe sich einwenden, dass die Gefahr militärischer Auseinandersetzungen zwischen den westlichen Staaten anders als 1914 ungefähr auf Platz 459 769 der dringendsten politischen Sorgen steht; damals war es Platz 1. Natürlich ist es besser, wenn Regierungschefs persönlich miteinander sprechen als wenn sie das nicht tun, aber was sagt das schon aus? Damit ist die Frage nicht beantwortet, warum diese besonderen Gipfelgespräche so viele Millionen kosten müssen, obwohl sie in der Regel so wenig bewirken, und vor allem: warum die kritische Öffentlichkeit, der das teure Spektakel missfällt, behandelt wird wie Untertanen, deren erste Pflicht die Ruhe sei. Wenn man so will: wie 1914.

Das schöne Schloss Elmau (übrigens eher ein ab 1914 errichtetes Schloss-Imitat), weiträumig abgesperrt vor herrlicher Bergkulisse: Unfreiwillig erinnert die G-7-Szenerie an jene Zeit, in der Könige und Fürsten in schicken Schlössern residierten, fernab vom Volk, das jenseits der barocken Gärten hauste und all den Prunk bezahlen musste.

Überheblich und bürgerfern

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G-7-Gipfel: Politik nach Schlossherrenart

Ganz ähnlich mutet auch die Attitude der bayerischen Staatsregierung und ihrer Behörden an: Wenn die Staatsbürger, oder jedenfalls viele von ihnen, statt dankbar die Gäste zu beklatschen, schimpfen und demonstrieren, dann sind sie verdächtig. Das martialische Polizeiaufgebot, die Sperrung einer kompletten Region, die schikanösen Versuche, dem Protest rund um Garmisch das Leben so schwer wie möglich zu machen, die Farce um das Protestcamp, das nur mit gerichtlicher Hilfe zustande kam: Das alles ist überheblich und bürgerfern, Politik nach Schlossherrenart. Ja, es gibt sehr dumme Vorurteile gegen “die Politiker”, aber das obrigkeitsstaatliche Gebaren rund um den Gipfel ist der perfekte Weg, diese noch ordentlich anzuheizen.

Die Demonstrationsfreiheit ist ein Grundrecht und keine Zumutung. Die Gegenbewegung wurde in den vergangenen Tagen fast schon hingestellt, als bestünde sie im Wesentlichen aus dem schwarzen Block, sie steht zumindest unter einer Art staatlichem Generalverdacht, Übles zu wollen. Dabei haben die meisten der Zehntausende Demonstranten, die sich etwa am Donnerstag in München friedlich versammelten, sehr ernsthafte Anliegen und sind nicht einfach vorurteilsbesessen gegen “die da oben”.

Berechtigte Sorgen

Sie fürchten leider zu Recht, dass die führenden Wirtschaftsmächte auch in Zukunft keine Antwort auf drängende Fragen finden werden: Klimawandel, Umweltzerstörung, Folgen der Globalisierung, Elend in der Dritten Welt, um nur einige zu nennen. Oder das geplante Freihandelsabkommen TTIP, das berechtigte Sorgen vor einer Selbstschwächung demokratischer Gemeinwesen gegenüber der Macht globaler Konzerne aufwirft.

Die Zivilgesellschaft lebt vom friedlichen Streit der Gedanken und Meinungen, auch wenn man, wie bei der Kritik am G7-Gipfel, nicht alle dieser Gedanken teilen muss. Wenn aber so viele Menschen bis weit in die “bürgerliche Mitte” hinein, wie es etwas altmodisch heißt, den Regierungen der führenden Demokratien der Welt ihr Missfallen am Polithappening von Elmau aussprechen – macht dann das Volk etwas falsch oder doch eher die große Politik?

Quelle: http://www.sueddeutsche.de/politik/g-gipfel-politik-nach-schlossherrenart-1.2508802


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