Quelle: drschmitz.info
Ihr Lieben,
heute möchte ich Euch eine Geschichte von Marcel Offermann erzählen.
Diese Geschichte habe ich vor längerer Zeit bereits einmal auf dem Blog erzählt, aber nun habe ich endlich die längere Originalfassaung gefunden, die ich Euch gerne zu lesen geben möchte:
„Die zwei Wölfe“
Der alte Indianer Seskateh und sein Enkel Tahuameh saßen in ihrem Tipi, ihrem Zelt, am Lagerfeuer. Seskateh, von vielen harten Wintern gezeichnet, war ein weiser Mann. Sein langes, weißes Haar reichte ihm bis zur Hüfte. Seine faltige Haut war gegerbt von der Sonne.
Tahuameh, ein Knabe von etwa 6 Jahren, verehrte seinen Großvater. Er liebte vor allem die vielen Geschichten, die der alte Mann zu erzählen wusste.
Eine Zeit lang starrten beide wortlos in die lodernden Flammen. Nach einer Weile forderte der Kleine seinen Großvater auf, ihm eine Geschichte zu erzählen. Und so begann der weise Mann....
"In Deinem Leben wird Dir vieles widerfahren, Tahuameh. Doch wisse, dass alles, was Dir widerfährt, aus Deinem Herzen kommt. In Deinem Herzen leben zwei Wölfe.
Der eine Wolf, das ist der Wolf der Dunkelheit, der Ängste, des Misstrauens und der Verzweiflung.
Er bringt Dir böse Träume, viel Leid und Schmerz.
Der andere Wolf, das ist der Wolf des Lichts, der Hoffnung, der Lebensfreude und der Liebe.
Er bringt Dir gute Träume, er schenkt Dir Mut und Hoffnung, er zeigt Dir den rechten Weg und gibt Dir weisen Rat."
Tahuameh sah seinen Großvater mit großen Augen an.
Der Alte schwieg eine Weile und legte seine Hand auf die Schulter des Knaben.
Voller Ungeduld sagte der Kleine "Erzähl weiter, Großvater. Was ist mit den Wölfen in meinem Herzen?" Und so fuhr der Alte fort...
"Beide Wölfe kämpfen oft miteinander. Sie umkreisen sich gegenseitig und fletschen ihre Zähne.
Sie gehen sich gegenseitig an die Kehle, so lange bis einer der beiden kraftlos zu Boden sinkt. Doch sie können nicht sterben. Denn sie sind keine gewöhnlichen Wölfe. Immer wieder, Nacht für Nacht, Tag für Tag erwachen sie zu neuem Leben und beginnen von vorn. Sie ruhen niemals."
Wieder schwieg der alte Mann eine Weile. Doch Tahuameh war ungeduldig.
"Welcher Wolf gewinnt ?" fragte der Enkel. "Großvater, sag schon. Welcher Wolf gewinnt?"
Seskateh lächelte und legte seinen Arm um die Schultern des Knaben.
"Der, den Du fütterst!" antwortet der Indianer...“
Ihr Lieben,
jeder von uns, Du und ich, wir haben diese beiden Wölfe in uns.
Auch in unserem Herzen kämpfen jeden Tag der Wolf der Dunkelheit und der Wolf des Lichts miteinander.
Viele Menschen verspüren Lebensangst, weil sie sich davor fürchten, dass der Wolf der Dunkelheit, der Verzweiflung, des Misstrauens, der Furcht in ihnen siegt.
Aber wir müssen uns vor dem Wolf der Dunkelheit nicht fürchten, denn das Wunderbare ist ja, dass wir nicht wie das berühmte Kaninchen wie gebannt darauf warten müssen, wie der Kampf zwischen dem Wolf der Dunkelheit und Verzweiflung und dem Wolf des Lichts und der Freude in uns ausgeht, um dann eventuell dem Wolf der Dunkelheit und der Verzweiflung ausgeliefert zu sein.
Nein, die frohe Botschaft der Geschichte lautet, dass wir den Kampf beeinflussen können, dass wir dafür sorgen können, dass der Wolf des Lichts und der Freude in uns den Sieg jeden Tag und jede Nacht davonträgt: Wir müssen ihn nur jeden Tag tüchtig füttern.
Und wie füttert man den Wolf des Lichts und der Liebe:
Indem man ein Licht anzündet und indem man fröhliche Geschichten liest, indem man seinen Lieben und seinen Kindern und Enkelkindern zusammen lacht, sich einem Kreis fröhlicher Menschen anschließt, lächelt, einen Spaziergang macht, liebevolle Briefe und E-Mails schreibt und so weiter und so weiter.
Wenn ich gleich auf den Friedhof radele, um unser Familiengrab zu besuchen und zwei Gräber von Freunden, die früh, ja zu früh gestorben sind, dann zünde ich in der Zeit zwischen Oktober und März regelmäßig Grabkerzen dort an, damit sichtbar wird: Selbst auf dem Friedhof, wo abends die Dunkelheit herrscht, darf sie nicht Siegerin sein, das Licht soll scheinen und die Dunkelheit kann es nicht besiegen.
Ich wünsche Euch fröhliches Füttern!
Ihr Lieben,
ich wünsche Euch einen fröhlichen Nachmittag und grüße Euch herzlich aus Bremen mit ganz fröhlichen Gedanken
Euer heiterer Werner
Das Foto wurde von Karin Heringshausen zur Verfügung gestellt