Fürchtet Fricke das Volk? Financial Times Deutschland zensiert Leserkommentare der Eurobonditen-Gegner weg

Erstellt am 3. September 2011 von Cangrande

"Wir sind die Krise" titelte Thomas Fricke, Chefökonom der Financial Times Deutschland (FTD), seinen Kommentar vom 02.09.2011. Fricke, wie in aller Regel  die Kommentatoren in der Financial Times Deutschland ganz generell, kritisiert (schon seit Beginn der Schuldenkrise in der Eurozone) die deutsche Politik dafür, dass sie nicht schneller mit Garantien usw. für die Wackelkandidaten unter den Schuldnerländern bei der Hand ist.
Gegen diese Meinungsäußerung hatte ich den nachfolgenden Leserkommentar gepostet, der zunächst auch erschienen war:
[Titel:] "Echte Schande
[Text] dass die Märkte die Politik treiben müssen: diese Versammlung von inaktiven Lehrern und Anwälten [so Fricke über den Bundestag!] soll gefälligst die Wünsche der Märkte antizipieren! Oder wie war das gemeint, Herr Fricke?
Ich aber sage euch:
Während selbst die dumme Kuh Yvonne tapfer um ihre Freiheit kämpft, lässt sich das deutsche Sklavenvolk von dem besoffenen Schurkenregime der Berliner Blockparteien schafsdumm in die Schuldknechtschaft verketten!
Nützen wird es freilich nichts, denn:
DER WUNDBRAND ZERFRISST DAS ALTE EUROPA,
WEIL ES ZU FEIGE IST EIN KRANKES GLIED ZU AMPUTIEREN".

Diesen Kommentar hat die FTD inzwischen wegzensiert. Nun kann ich schon verstehen, dass ein Ausdruck wie "besoffenes Schurkenregime" den Zeitungsmachern zu weit geht. Obwohl ich sicher bin, dass diese Äußerung von der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit abgedeckt ist. Denn schließlich muss man wirklich europabesoffen sein, und ein ausgekochter Politschurke, um nach wie vor deutsche Steuergelder für die Fettlebe der griechischen Steuerhinterzieher zum Fenster rauszuwerfen.
Aber es war keineswegs nur mein Kommentar, der von der Financial Times Deutschland wegzensiert wurde.
Fricke hatte u. a. geschrieben:
"Da reden Ökonomen von Transferunion, wo wir in Wirklichkeit Kredite vergeben, die Griechen und andere über die Zinsen teuer bezahlen (womit sie Geld zu uns transferieren, nicht umgekehrt)."
Diese Behauptung hatte ein Leser (ohne scharfe Worte zu verwenden wie ich) , mit der Begründung kritisiert, dass die Griechen die "geliehenen" Gelder letztlich nicht zurückzahlen werden. Das weiß jeder, und ganz besonders auch der FTD Chefökonom Thomas Fricke, der ja keineswegs dumm ist. Man braucht nur den heutigen FTD-Artikel "Griechenland rückt näher an den Abgrund" zu lesen, wenn man sich noch einmal vergewissern will, dass dieses Land ein hoffnungsloser Fall ist.
Gewiss: im Moment trifft Frickes Darstellung noch zu. Nur dass halt die Griechen diese Zinsen wiederum nur aus den neu aufgenommenen Darlehen bezahlen - und im Übrigen weitere erhebliche Teile dieser Darlehen zur Finanzierung ihres ständig anwachsenden Haushaltsdefizits abzweigen. Das ist (in der Terminologie von Hyman Minsky) eindeutig eine "Ponzi-Finanzierung", eine Art Schneeballsystem, das irgendwann zusammenbrechen muss (bzw. im Falle Griechenlands auf eine volle Schuldenübernahme und eine dauerhafte Subventionierung dieses Volkes durch die anderen europäischen Steuerzahler und - soweit es um den IWF-Anteil geht - sogar durch arme Entwicklungsländer hinausläuft!)
Der Leserkommentar, der darauf hinwies, ist, wie gesagt, verschwunden.
Es spricht aber schon für sich, dass Herr Fricke überhaupt mit einer derartigen Lüge argumentiert. Wenn ich "Lüge" sage dann bezieht sich das, wie gesagt, nicht auf die Beschreibung der aktuellen Situation, sondern auf die für jeden klar vorhersehbare weitere Entwicklung.
Insoweit würde die Behauptung von Hr. Fricke bei enger Auslegung den Täuschungstatbestand des Betrugsparagraphen 263 Strafgesetzbuch erfüllen (meine Hervorhebung):
"Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."
 Denn der FTD-Chefökonom versucht ja seinen Leserinnen und Lesern weiszumachen, dass die Griechen letztendlich tatsächlich die Zinsforderungen begleichen und die sogenannten "Kredite" zurückbezahlen werden. Das ist aber völlig ausgeschlossen.
Generell kann man es als ein Indiz für eine lobbyistische Argumentation werten, wenn nicht tragfähige Scheinargumente vorgebracht werden. Ganz abgesehen davon, dass die Griechen die Zinsen ohnehin niemals aus eigenen Mitteln zurückzahlen werden, ist auch die Behauptung, dass diese Zinsen "teuer" seien, völlig aus der Luft gegriffen. Schließlich wurden die Zinsen für die Hilfskredite der anderen Eurozonenländer und des IWF ja gerade erst gesenkt. Und eine ganze Reihe von Geberländern (Italien z. B.) muss mittlerweile für den eigenen Kreditbedarf höhere Zinsen als Griechenland bezahlen.
Roßtäuscherei ist auch der Satz:
"Sinn und Zweck des Schirms ist nicht, dass die vermeintlich armen Deutschen per se jetzt für sündige Südländer zahlen müssen, sondern einen Garantiemechanismus zu bieten.....".
Auch hier täuscht Fricke seine Leser mit einer formal wahren Behauptung:
Die Einrichtung eines Garantiemechanismus ist in der Tat Sinn und Zweck der Rettungsschirme. Nur leider wird das Ergebnis ein ganz anderes sein, weil solche Rettungsmechanismen einen negativen Rückkopplungseffekt auf die Bereitschaft der Schuldnerländer haben, ihre Staatsausgaben einzuschränken und gesellschaftlich-ökonomische Verkrustungen abzuschaffen.
Daneben spielt Fricke, wenn er von "vermeintlich armen Deutschen" spricht, auch auf der "wir sind ja so reich ..."-Meinungsklaviatur. Dazu hat (was in den Wiedergaben und Stellungnahmen untergegangen ist) unser Bundespräsident Christian Wulff in seiner Lindauer Rede eine kluge Bemerkung gemacht: "Wir Deutsche sollten nicht zulassen, dass ein geschöntes Bild der Kräfte des geforderten Retters gezeichnet wird, auch wenn es unsere eigene Eitelkeit pflegen mag". Tatsächlich dürften als Privatpersonen im Durchschnitt die Bewohner vieler anderer Länder (unter anderem die Italiener!) sehr viel wohlhabender sein als wir es sind. Die unter unseren Meinungsmachern leider verbreitete großkotzige "Wir haben's ja"-Attitüde muss endlich gestoppt werden!
Trotz aller Versuche einer propagandistischen Beeinflussung im Sinne der anglo-amerikanischen Finanzinteressen sind auch die allermeisten FTD-Leser äußerst kritisch gegen Rettungsschirme eingestellt. Von sämtlichen - meist negativen - Leserkommentaren sind nur noch ganze vier Stück übrig geblieben, und die sind in der Tendenz hübsch ausgewogen:
-2- stimmen Fricke zu (Suska und Beesch), -2- lehnen die Haftungsunion ab (James und Knorr).
Die FTD täuscht also durch ihre Zensur auch ein falsches Meinungsbild der Leser vor. Woraus wir schlussfolgern dürfen, dass den Eurobonditen der Arsch mächtig auf Grundeis geht.
Gell Jupp (Göbbels), das siehst du doch auch so?