Für TO THE BONE hat sich Lily Collins gruselig herunter gemagert

Mit ihrem Netflix Original Movie To The Bone hat Regisseurin und Drehbuchautorin Marti Noxon lose ihre eigenen, aber auch die Erfahrungen ihrer Hauptdarstellerin Lily Collins verarbeitet. Noxons Regiedebüt behandelt damit eine Thematik, die eine Vielzahl von Frauen und etwas weniger Männer auf der ganzen Welt betrifft. Das mag zeitweise wie eine Indie Feelgood-Komödie herüber kommen, die durchaus Mut machen will, zeigt aber ebenso die dunklen, traurigen und schweren Momente, die Anorexia-Erkrankte erleiden müssen.

Lily Collins spielt Ellen, eine Magersucht-Patientin, die bereits den fünften Versuch unternimmt, ihre Erkrankung mit einer entsprechenden Behandlung zu bekämpfen. Dieses Mal gerät sie dabei an eine recht unorthodoxe Gruppe, die gemeinsam in einem Haus wohnt, dass unter der Aufsicht des Psychologen Dr. William Beckham (Keanu Reeves) steht.

Für TO THE BONE hat sich Lily Collins gruselig herunter gemagert

To The Bone

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Lily Collins sieht als Ellen recht ungesund mager aus. Ganz ohne CGI.

Ähnlich wie bei der Netflix-Serie Tote Mädchen lügen nicht (13 Reasons Why) haben auch bei To The Bone entsprechende Experten davor gewarnt, dass Betroffene oder ehemals betroffene Personen sich nicht zu schnell auf den Film stürzen sollten, da er tatsächlich dazu in der Lage sei, einen Rückfall auszulösen. Das ist nicht etwa verantwortungslos seitens des Streaming Service, sondern eigentlich sogar recht mutig, bedenkt man wie stark die Aufklärungsarbeit ist, die man durch solche Thematiken in das Programm einfließen lässt.

Ellen bleibt dabei nicht die einzige Figur, die als Spiegelbild der Realität auftritt. Ihre baldigen Freunde im Haus sind Personen wie Pearl (Maya Eshet), die des öfteren künstlich durch eine Röhre ernährt werden muss. Oder aber Luke (Alex Sharp), ein ehemaliger Tänzer, der nach einem Unfall eine ganze Menge seines Gewichts verloren hat. Dann wäre da noch Megan (Leslie Bibb), die mit ihrem überaus dünnen Körper dennoch eine für sie gefährliche Schwangerschaft absolvieren möchte.

Aber im Mittelpunkt steht trotzdem Ellen oder Lily Collins, die sich ganz ohne CGI-Effekte ungesund unansehnlich herunter gemagert hat, wie es einst Christian Bale für The Machinist getan hat. Ihre Ellen steht mit sich selbst im Unreinen: möchte sie wirklich gesund werden, sich ihrem Selbsthass stellen, der aus einer unschönen Vergangenheit stammt? Immer wieder betont sie, dass sie alles unter Kontrolle habe. Wenn sie auf die Waage steigt, sieht sie mit großen, verängstigten Augen, dass es ihr nicht gut geht, nur um im nächsten Moment deutlich zu machen, dass sie genau wüsste, wie sie gerne leben möchte – “Ich habe alles unter Kontrolle. Es wird nichts Schlimmes passieren.”

Lily Collins entwickelt sich zur guten Freundin des Netflix Streaming Dienstes. Erst eine kleine Nebenrolle in der fabelhaften Fantasy-Realwelt Analogie Okja von Regisseur Bong Joon-Ho, nun diese Hauptrolle in To The Bone. Da dürfen kleine Ausflüge wie Spieglein, Spieglein oder die Chroniken der Unterwelt schlicht vergessen werden, weil Collins hier zeigen darf, mit wie viel Verständnis und Mitgefühl sie eine schwere Rolle sorgsam ausgestalten kann.

Ihr Spiel ist ruhig und doch besorgniserregend, wie sie Ellen als diese in sich gekehrte Person zeigt, die sich vor der Welt verschließen möchte. Dabei verbirgt sie ihre inneren Probleme nicht nur in der Filmwelt, sondern auch vor uns. Die Kamera fängt sie immer wieder ganz groß ein, wir können aber kaum in die Gedankenwelt dieses Mädchens schauen, dass sich vor uns verschließt. Nur die reine, abgemagerte Äußerlichkeit deutet auf ihre Erkrankung hin – das allerdings mehr als deutlich.

Hier spielt die Kamera von Richard Wong eine wichtige Rolle, die immer und überall auf Collins fixiert ist. Sie gibt uns einen starken, visuellen Eindruck von dem Gewichtsverlust, den Lily Collins eingehen musste – oder wollte – um Ellen glaubhaft dastehen zu lassen. Hagere Wangen, Arme und Beine wie dünne Stöckchen und scharf hervorstehende Knochen.

Absolut herzzerreißend müssen wir einen Moment miterleben, in dem Ellen wie ein kleines Baby in den Armen ihrer Mutter (Lily Taylor) liegt und sich die Baby-Flasche geben lässt. Es ist ein Fortschritt, weil sie überhaupt über sich ergehen lässt, gefüttert zu werden. Zugleich muss sie weinen, als würde ihr die Hilfe ihrer Mutter tiefste Schmerzen bereiten. Und wir erleben wirklich, wie viel Hilfe in erniedrigender Form von Nöten ist, um Ellen hier am Leben zu erhalten.

Für TO THE BONE hat sich Lily Collins gruselig herunter gemagert

To The Bone

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Keanu Reeves möchte als Dr. Beckham auf seine eigene unkonventionelle Art und Weise helfen.

Neben Lily Taylor übernimmt Keanu Reeves die andere helfende Person, die recht unkonventionell die Problemlösungen auf die Erkrankten selbst schiebt. Damit dürfte er gar nicht so falsch liegen: “Ich werde dir nicht helfen, wenn du kein Interesse am Leben zeigst” ist seine Philosophie. Er tut eben nicht alles was nötig ist, sondern möchte, dass seine Patienten alles tun, was sie für notwendig erachten. Er behandelt nicht mit Mitleid, sondern mit Konfrontation.

Die Schwachstelle, die To The Bone bietet, ist die unnötige Liebesgeschichte zwischen Ellen und Luke, die sich tatsächlich wie aus einer handelsüblichen Indie-Comedy auf diesen eigentlich wunderbar-traurigen Film übertragen anfühlt, nur um ein wenig Leichtigkeit in die Handlung zu bekommen, die aber ohnehin durch manche, wenn auch nur kleine, freudige Momente zu finden sind.


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