Für Khamenei sind Mitglieder der Opposition "Dreckige und bösartige Lebewesen wie Ratten oder politische Bazillen"

08.11.2010Artikel zu Iran Politik & Gesellschaft erstellt von Internationale Organisation zum Schutz der Menschenrechte im Iran

Die "Internationale Organisation zum Schutz der Menschenrechte im Iran" appelliert an alle Institutionen, die sich Freiheit und Menschenrechte auf die Fahnen geschrieben haben, ihr Augenmerk auf die Unterdrückung verschiedener gesellschaftlicher und sozialer Gruppierungen, religiöser Minderheiten und besonders Anhängern Iranischer Intellektueller im In- und Ausland zu richten. Diese Unterdrückungen und Verfolgungen sind Teil einer bedrohlichen Agenda extremistischer Kräfte im Iran.

Mohammad Ali Ramin, stellvertretender Minister für Kultur und Presseangelegenheiten

Oberster Führer lässt sich bei seinem Aufenthalt in Qom über "falsche Mystik" aus

Bei seinem 10-tägigen Besuch Ende Oktober in Qom verkündete Ali Khamenei, Oberster Führer der Islamischen Republik Iran, dass das Regime  entschlossen gegen "falsche Mystik" und gegen die "Christliche Hauskirchenbewegung" im Iran vorgehen werde. Schon am folgenden Tag äußerte sich auch Ali Laridschani, Sprecher des Parlaments, bei der Begrüßungszeremonie für den Obersten Führer in Qom, ausführlich zu dem selben Thema. Er stellte fest, es gäbe einige Aspekte in den Lehren der Sufis, die allgemein anziehend seien, doch würden sich zahlreiche Leute ohne es zu wissen in verschiedene Strömungen "falscher Mystik" verrennen. Ali Laridschani rief die Behörden dazu auf, die Versammlungszentren der Sufis ab zu reißen und ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen um die Gesellschaft von den Gruppen der "falschen Mystik", denen er Verführung und Verderben der Jugend im Iran vorwirft, zu befreien.

Wie der Oberste Führer "falsche Mystik" definiert

Eine präzise Beschreibung dieser Definition findet sich auf der Webseite Khergheh (Mantel, gemeint ist der bunte Flickenmantel der Wanderderwische), die sich der Hetze gegen Sufis verschrieben hat. Sie wird seit sechs Jahren betrieben. Seither gehen die Betreiber der Seite immer vehementer diverse Bruderschaften der Sufis an und werfen ihnen vor "falsche Mystik" zu betreiben und eine Bedrohung für die Jugend und die Gesellschaft im Allgemeinen zu sein.

Die Webseite ist Teil der Bewegung "Kampf gegen Mystik", die wiederum vom Informations- und Geheimdienstministerium kontrolliert und gesteuert wird. Lenker und Anführer dieser Bewegung ist Mullah Hussein Talib, der am 3. Oktober 2010 seine Sicht in einer Artikelüberschrift auf den Punkt brachte: "Mystik Ja - aber keine falsche Mystik". Einzig eine Variante von Mystik ist erlaubt, nämlich die vom Regime definierte Form. Alle Formen, Zweige und Orden von Sufismus, ganz gleich welcher Richtung werden als "abweichende Formen von Mystik" bezeichnet. Daher wird auf die Vernichtung der Sufis gedrängt. Man hält sie für eine Gefahr für die Herrschaft des Regimes im Iran.

Die Pläne gegen die verschiedenen Gruppierungen von Derwischen und Sufis

Während seiner Rede in Qom, betonte der Oberste Führer man müsse die zentrale Idee der "Selbstentwicklung oder des Selbst-Bewusstseins" hinter der Mystik aufgreifen. In diesem Zusammenhang betonte Mullah Heidar Moslehi, Sicherheits- und Informationsminister von Ahmadinedschad, am 23. Oktober in einer Pressekonferenz, der Oberste Führer habe zur Untersuchung des Prinzips des Selbst-Bewusstseins aufgefordert, um seine Wirkweise zu verstehen. Dies sei auch als Aufforderung zu verstehen, "falsche Mystik" von "wahrer Mystik" zu trennen.

Die einfachste und effektivste Methode die Glaubwürdigkeit von Menschen und ihren Ideen zu zerstören, besteht darin eine öffentliche Kampagne mit Beleidigungen, Beschuldigungen und Vorwänden zu starten, um diese Menschen vor der Bevölkerung herabzuwürdigen. Sehr einfach erreicht man das durch verleumderische Artikel oder Bücher, die haltlose Anschuldigungen enthalten und Rufmord begehen. Und so trennt das Regime "Falsche Mystik von wahrer Mystik" durch aktive Rufmordkampagnen.

Verschiedene Webseiten und Webblogs hinter denen das Geheimdienstministerium steht, sind genau nach dieser Methode vorgegangen und haben die Verleumdungspolitik angewandt durch die Veröffentlichung hanebüchener Äußerungen, vulgärer Ausdrücke und Anschuldigungen gegenüber bekannter Sufis und Islamischer Mystiker.

Jetzt hat aber eine neue Phase der Feindseligkeiten gegen Sufismus und islamische Mystik begonnen. Das Ministerium für Kultur und Islamische Führung konzentriert sich auf die Beseitigung von Sufi-Anhängern, bekannte Sufi-Weise und Sufismus durch Unterdrückung, Einschüchterung, Bedrohung und Zerstörung.

Das Ministerium hat eine Ausstellung gegen Zauberei und Satanskult veranstaltet. In der Ausstellung gibt es auch einen Stand, der sich mit den Führungspersönlichkeiten der "Grünen Bewegung der iranischen Bevölkerung" beschäftigt, wodurch der Eindruck erweckt wird, dass Oppositionelle und Dissidenten der Zauberei und dem Satanskult zugehören. Neben Abbildungen von Sai Baba und Osho aus Indien, Dafvan aus Japan und anderen Gurus sind Fotos von Mohsen Kadivar, Mehdi Karoubi, Mohammad Khatami, Ayatollah Boroujerdi, Ata'ollah Mohajerani, Zahra Rahnavard, der Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi, Akbar Gandschi, Mir-Hossein Mousavi und anderen Oppositionellen zu sehen. Die Ausstellungsmacher drängen dem Besucher einen Zusammenhang zwischen Oppositionellen und Menschenrechtsaktivisten mit Nicht-Islamischen Gruppierungen und Satansanbetern auf. Was nichts anderes hieße, als dass alle Unterstützer der Bürgerrechte bei den letzten Präsidentschaftswahlen und alle Protestierenden gegen die offiziellen Ergebnisse der Wahl vom Islam abgefallen seien und den Satan anbeten. Die Botschaft des Regimes an alle seine Kritiker ist klar: wer uns kritisiert ist ein Satansanbeter und verdient kein Vertrauen.

Unter den Ausstellungsplakaten, die sich auf Zauberei und Satanskult beziehen, sind allermerkwürdigste Darstellungen zu beobachten. Auf einem Plakat steht ein übermannsgroßer Satan mit geöffnetem Mantel, in dem sich weitere Figuren zeigen, die wohl seine Anhänger darstellen sollen. Eine dieser Figuren zeigt Dr. Nour Ali Tabandeh, den Großmeister des Nematollah Gonabadi Sufi Ordens, der auch als Anwalt für Menschenrechte bekannt ist und schon während der Schah-Zeit und noch mehr nach der islamischen Revolution für seine Ansichten zu Menschenrechten verfolgt und inhaftiert wurde.

Gonabadi Sufis sind schon lange dem Misstrauen des Regimes ausgesetzt. Wiederholt sind einige ihrer Versammlungshäuser mit Baggern niedergerissen worden. Vor kurzem sind sie jedoch des Satankults bezichtigt worden, da sie bei den Präsidentschaftswahlen 2009 Mehdi Karoubi unterstützt haben.

Auf einem weiteren schwarzen Plakat wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass alle Sufis Satansanbeter seien.

Die Aussteller lassen es sich nicht nehmen auf einem Plakat den Schrein des berühmten Sufimeisters Schah Nematollah Vali zusammen mit einem Bild des ermordeten Musikers Seyed Khalil Alinedschad, einem Sufimeister des Al-e-haqq Ordens, zu zeigen. Darunter werden an den Haaren herbeigezogene Vorwürfe und Anti-Sufi Slogans gebracht, die im Allgemeinen gegen alle Sufi Orden hetzen. Ein weiteres Plakat widmet sich Anti-Bahai Slogans und Anti-Al Yassin Sprüchen. Al Yassin  ist eine spirituell gesinnte Kulturbewegung, deren Leiter Peyman Fatahi im Gefängnis festgehalten und gefoltert wird.

Die Ausstellung heißt  "Lebensformen boshafter Unreinheit"

Wie es aussieht, versuchen die Veranstalter der Ausstellung den Besuchern einbläuen zu wollen, dass alle Formen von Mystik und Sufismus eine Art gefährlicher Satanskult seien, welche die Jugend und die Gesellschaft im Allgemeinen verderben wollten. Daher führe eine Person, die den Sufi Weg geht, ein unreines und dekadentes Leben. Und somit müsse Sufismus abgeschafft und ausgelöscht werden.

Ein alter Kleriker, bekannt unter dem Namen Madani Gonabadi, der sich in seinem Leben durch besondere Feindseligkeiten gegenüber den Gonabadi Sufis hervorgetan hat, pflegte solche Ansichten zu verbreiten. In einem aktuellen Interview mit der Webseite "Online youth" berichtete er über seine Bezeichnung der Sufis als "gemeine Hausratten" den Revolutionsgarden gegenüber. Man solle sich ihrer auf gleiche Weise entledigen wie man mit Unkraut in der Bewirtschaftung von Feldern vorgehe: dem Einsatz von Pestiziden.

Diese Anschauung ist nichts Neues im Vergleich zu den Aussagen des Obersten Führers Ali Khamenei bei seinem Besuch in Qom. Khamenei bezeichnet Sufis jedoch nicht als Ratten oder Mäuse, sondern als Bazillen der Gesellschaft, wogegen die gesamte Gesellschaft geimpft werden müsse.

Die Macher der Ausstellung

Wer ist für diese Ausstellung verantwortlich? Offiziell steht das "Büro des Zentrums für Lehre und Forschung digitalen Wissens und Informationen" als Veranstalter fest. Das Zentrum ist jedoch unter dem Schirm des Kulturministeriums, besonders unter dem Kopf der Medienabteilung - Mohammad Ali Ramin.

Ramin ist eine bekannte Figur innerhalb des Regimes und ein bekannter Faschist. Er hat auch die Konferenz zur Leugnung des Holocausts organisiert. Seine extremistischen Ansichten sind weltweit bekannt.

Der Fall aus dem Informationsministerium

Heidar Moslehi offenbarte in seiner Rede am 26. Oktober, dass in den letzten zwanzig Jahren hinter den Kulissen zwei gegensätzliche Umsturzpläne geschaffen wurden, die er als "Hodschiatieh - Verschwörung" und als "Baha'i - Verschwörung" bezeichnete. Darüber hinaus eröffnete er in seiner Rede, dass Präsident Mahmud Ahmadinedschad persönlich die zwei aufeinanderfolgenden Präsidentschaftsperioden und seine Wiederwahl geplant habe.

Wenn man diese Aussagen mit den Aussagen des Obersten Führers in Qom zusammennimmt, lässt sich daraus ein klarer Schluss ziehen. In seiner Rede sagte der Oberste Führer eine Reihe kurzsichtiger Leute behaupteten die Wahlen seien gefälscht worden. Der Informationsminister gibt jedoch bekannt, dass die Wiederwahl Ahmadinedschads genau nach Plan ausgeführt wurde. Also heißt gemäß dem Obersten Führer die Wahl des Volkes zu ignorieren und die Ergebnisse vor Auszählung der Stimmen bekannt zu geben nicht "Betrug", sondern Blindheit gewisser Leute. Der Oberste Führer besteht darauf, dass Blindheit nicht zu akzeptieren sei. Es handele sich demnach nicht um Betrug sondern darum, dass die Leute nicht richtig sehen könnten und jetzt dürfte diese Blindheit nicht weiter toleriert werden. Vertreter des Regimes fordern folgerichtig ausdrücklich die Unterwerfung derjenigen, die gegen die offiziellen Wahlergebnisse protestiert haben. Laut Ali Khamenei, dem Obersten Führer, sind die Anführer der Protestbewegung und ihre Freunde politische Bazillen, die ausgelöscht werden sollten.

In dem Versuch breite Schichten der Opposition und alle Kritiker bei Seite zu schieben und aus dem Weg zu räumen, hat das Regime die Auflösung der Partei Vereinigung der Kämpfer für eine Islamische Revolution durch den Generalstaatsanwalt angeordnet. Dies ist eine der Maßnahmen, die der Oberste Führer meinte, als er von der Impfung der Gesellschaft gegen Bazillen sprach.


Die "Internationale Organisation zum Schutz der Menschenrechte im Iran" appelliert an alle Institutionen, die sich Freiheit und Menschenrechte auf die Fahnen geschrieben haben, ihr Augenmerk auf die Unterdrückung verschiedener gesellschaftlicher und  sozialer Gruppierungen, religiöser Minderheiten und besonders Anhängern Iranischer Intellektueller im In- und Ausland zu richten. Diese Unterdrückungen und Verfolgungen sind Teil einer bedrohlichen Agenda extremistischer Kräfte im Iran und außerhalb des Iran.

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