Wie sich ein Baum entwickelt, ist zuallererst eine Frage des Standortes. Für die Bäume ist diese Frage sogar so entscheidend, dass die Förster dies als "eisernes Gesetz des Örtlichen" zu den grundlegenden Prinzipien der Forstwirtschaft zählen: Nicht der Mensch, sondern die örtlichen Bedingungen bestimmen, welche Baumarten die Voraussetzungen für ein langes und kräftiges Wachstum aufweisen und wie man den Wald
Deshalb nimmt die Standortkunde eine wichtige Rolle in der Forstwirtschaft ein. Die Experten, die man landläufig "Standortkartierer" nennt, untersuchen dabei zuerst einmal den Standort im engeren Sinn: Auf welcher Art von Boden wachsen denn die Bäume? Das hängt sehr stark vom Ausgangsgestein ab, aus dem sich der Boden im Lauf der Jahrtausende entwickelt hat - denn daraus bestimmt sich, ob er sauer oder kalkreich, nährstoff- oder sauerstoffarm, sandig oder tonig ist. Viele Baumarten kommen beispielsweise mit Tonböden einfach nicht zurecht, weil Ton bei Feuchtigkeit quillt und bei Trockenheit schrumpft und so die Wurzeln
Wichtig ist auch, wohin die Bäume schauen. Ein großer Teil unserer Wälder wächst im Hügel- oder Bergland. Und da gibt es zum Beispiel die kalte Nordseite oder die warme Südwestseite - vergleichbar mit den Balkonen an einem Haus: Der Frühstücksbalkon auf der Ost- bis Südostseite wird schon früh morgens und vormittags schön warm, bleibt dafür aber nachmittags kühler als der Südwestbalkon, auf dem die Sonne bis zum Abend "brät". Das sieht im Wald nicht anders aus. Und auch hier gibt es Schattenliebhaber und Sonnenhungrige.
Von der Himmelsrichtung wird auch die Wasserversorgung des Bodens beeinflusst, denn intensive Sonneneinstrahlung trocknet den Boden aus. Und dort, wo es wenig Wasser oder sehr lange Dürreperioden im Sommer gibt, wird es für die meisten Bäume "eng". Die Wasserversorgung hängt dabei nicht nur vom Niederschlag am einzelnen Standort ab. Wichtig ist auch, ob der Boden das Wasser festhalten kann. Probleme haben da die Sandböden, die Wasser einfach durchsickern lassen. Eine große Rolle spielt außerdem, ob der Standort zusätzliches Wasser bekommt, etwa aus oberhalb liegenden Quellhorizonten.
Natürlich ist für den Standort auch das Klima wichtig: Menge und jahreszeitliche Verteilung von Niederschlag und Temperaturen - und natürlich auch die Frage: Wie sieht es mit Stürmen aus? Wind gepeitschte Gipfellagen oder geschützte Muldenlagen weisen da große Unterschiede auf.
All das hat Konsequenzen für den Wald und seine Baumarten. Immerhin muss ein Baum mit diesen Bedingungen mehr als ein Jahrhundert lang zurechtkommen, auch mit den zu erwartenden Veränderungen aufgrund des Klimawandels. Mit dem Wissen über den heutigen Standort dann die richtigen Baumarten für die nächste Waldgeneration zu bestimmen, das ist die anspruchsvolle Aufgabe der Forstexperten.
( Quelle aid.de )