Da beim Funktionstest kein objektiver Wert beurteilt wird, fällt die Auswertung sehr subjektiv aus. Es gibt also kein standardisiertes Muster, nach dem ausgewertet werden kann. Dadurch können sich natürlich Fehler einschleichen, die sich jedoch durch die Vielzahl der interpretierten Parameter relativieren. Sollte jedoch ein einziger Laktatwert falsch gemessen werden, ist der gesamte Test unbrauchbar!
Beobachtung
Der getestete wird ständig begleitet. Man bekommt dadurch einen Einblick in die Psychologie des Sportlers. Wie reagiert er in dieser Testsituation – es ist ja auch irgendwie eine Prüfungssituation, bei der die Leistung abgeprüft wird. Ist er aufgeregt oder versucht er die Situation zu überspielen? Ist er verunsichert oder hat er sogar Angst vor dem Test?Während des Tests wird auch deutlich, wie sehr er bereit ist, sich zu belasten. Spricht er die ganze Zeit, macht er Scherze oder keucht er bereits nach wenigen Minuten.
All diese Eindrücke können mit verarbeitet werden und in die Auswertung einfließen bzw. in der Trainingsplanung berücksichtigt werden. Gerade ein Trainer braucht als Grundvoraussetzung für eine gute Trainingsbetreuung auch eine besondere Menschenkenntnis. Rein durch die Beobachtung des Sportlers beim Test erhält er wertvolle Informationen zum Typ Sportler.
Leistung
Der wichtigste Parameter und gleichzeitig einziger echter „Hard Fact“ beim Funktionstest ist natürlich die absolute Leistung, die erbracht werden kann. In der Gegenüberstellung mit der persönlichen Zielsetzung kann einfach beurteilt werden, ob zumindest die Grundgeschwindigkeit (bei einer Unterdistanz) ausreicht oder nicht. Wenn jemand zum Beispiel für zwei Kilometer 10 Minuten braucht, und sein Ziel ist es, den 10km-Lauf unter 45 Minuten zu laufen, dann ist die momentane Geschwindigkeit einfach viel zu niedrig. Auch mittelfristig wird sein Ziel nicht erreicht werden können.Sportlertyp und Taktik
Sehr deutlich sieht man die gewählte Taktik bzw. die Selbsteinschätzung beim Beginn des Tests. Und wichtiger noch, welche Strategie wählt der Sportler, um aus dieser Situation das beste daraus zu machen. Manche Sportler überschätzen sich sehr und starten wie bei einem Sprint. Sie spüren aber nach wenigen Minuten die Realität und brechen ein. Die Kompensationsmöglichkeiten wären in diesem Fall zum Beispiel:- aufgeben
- verzweifeln und jammern
- Tempo rausnehmen und neues Wohlfühltempo finden
- weiterlaufen so gut es geht und beim zweiten Durchgang besser machen (wenn’s der erste ist).
langsamer und schneller HF-Anstieg
Herzfrequenzanstieg
Der Anstiegsverlauf der Herzfrequenz zeigt die Anpassungsfähigkeit des Stoffwechsels auf Belastungsänderungen. Je schneller der Körper in der Lage ist, den benötigten Sauerstoffbedarf in die Zellen zu transportieren, desto weniger muss er anaerob bewältigen. Geht die Herzfrequenz schnell hinauf (natürlich nur unter Berücksichtigung der gewählten Geschwindigkeit), so wird das mit „Talent“ interpretiert.Umgekehrt jedoch bedeutet ein langsamer Anstieg, dass der Stoffwechsel träge ist und länger braucht, bis ausreichend Sauerstoff nachgeliefert wird. Für mich als Trainer bedeutet diese Tatsache, dass ein Sportler mit einem „trägen Stoffwechsel“ keine sehr kurzen und intensiven Intervalle machen soll bzw. vielleicht ein längeres Aufwärmen vor einer solchen Einheit braucht.
Da die Möglichkeiten der Interpretation so umfangreich ist, habe ich diesen Bericht gleich in zwei Teile splitten müssen. Im zweiten Teil erfährst du dann, wie ich die Erholungsfähigkeit beurteile und welche Bedeutung der zweite Durchgang für die Auswertung hat. Willst du die nächsten Berichte per Mail erhalten, dann melde dich doch gleich beim Infokanal-Newsletter an!