Hätten die Chinesen ihren Kapitalismus weiterhin als Kommunismus getarnt, würden wir jetzt an dieser Stelle viel und laut über die chinesischen Zustände wettern. Wir würden uns über den Charakter dieser Diktatur unterhalten. Embargos und Boykotte anempfehlen. Nicht nur im kleinen Kreis, wie das heute geschieht. Nein, die Ächtung wäre ein gesellschaftlicher Gestaltungsauftrag, man würde es Woche für Woche wiederholen, so wie damals bei den teuflischen Sowjets. Aber das Reich der Mitte hat Zaster und Geschäftsgrundlagen. Das ändert alles. Und so ziehen wir sogar hin und wieder vor China den Hut, was die für unglaubliche Wachstumszahlen haben! Und welche Visionen, welcher Monumentalismus, denen gehört die Welt! Da schicken wir gerne mal demokratisch legitimierte Vertreter des Volkes in diese Diktatur, von der die dann behaupten, dass sie ja durchaus streng und manchmal auch hart ist, aber doch nicht diktatorisch. Man müsse das differenziert sehen. So wie beim Islamischen Staat und dessen hirnverbrannter Auslegung des Islam.
Ach Quatsch, Irrtum, ich meinte natürlich: So wie bei Saudi-Arabien und seiner hirnverbrannten ... Der IS ist ja mittellos. Er hat zwar Geld für Waffen und schmuggelt wohl Öl hierzu, aber so richtig Kasse lässt sich mit denen nicht machen, auch wenn sie im Grunde derselben Interpretation des Islam anhängen. Die hat nebenbei betrachtet nichts mit dem religiösen Alltag der Mehrzahl der Muslime zu tun. Welcher Türke ist schon Wahabit? Welcher katholische Pfarrer würde schon den evangelikalen Dschihadismus seiner Christenkollegen aus Übersee teilen? Oder die christliche Motivation eines Herrn Breivik als seiner Glaubensausrichtung ebenbürtig betrachten? Die Saudis allerdings, die haben was zu bieten. Sagenhaften Reichtum. Schwarzes Gold. Der Scheich der Vereinigten Emirate hat dem spanischen König vor vier Jahren zwei Ferraris geschenkt. Der olle Wahabit und Steinewerfer ließ sich nicht lumpen. Er mag zwar brutale Strafen befürworten und den Koran wie eine Waffe auf seine Untertanen richten. Aber hey, dafür ist er großzügig und verkauft uns Schmierstoff für die Wirtschaft. So ein ordinärer IS-Lord hat ja nichts, was er in Geschenkpapier und Schleifchen hüllen könnte. Und wer nichts hat, der darf auch heilige Bücher nicht dergestalt vergewaltigen, dass sie zu Kriegsgrundlage taugen.
Nehmen wir doch den Lagerfeld oder den anderen da, diesen Designerkerl, der auch Parfums mit seinem Namen ausstattet und sich von dem Geld die Lefzen ans Ohr tackern lässt. Die beiden treten auf wie Clowns. Sie sehen dumm aus ihrer selbstgemachten Wäsche, lispeln sich durch die Gazetten, geben Unsinn von sich, haben merkwürdige Spleens und womöglich noch viel mehr, von dem wir nichts wissen wollen. Aber was geschieht gemeinhin? Die Menschen lächeln. Sie finden die Kollegen knuffig. Schrullig. Ja, da sei liebenswert. Wahrscheinlich stecke hinter aller peinlichen Affektiertheit doch ein netter Typ, ein guter Mensch. Man mache mal dasselbe als Obdachloser oder als Bettler. Man sei mal kauzig und lebe seine Spleens frei Schnauze aus, ohne das nötige Kleingeld zu haben. Die Leute zeigen einem den Vogel. Wenn sie nett sind. Und nicht alle sind nett. Denken werden sich Nette wie Arschgeigen allerdings dasselbe: Blöder Hund, kann nichts, hat nichts – und wenn man sieht, wie er sich gibt, dann ist das auch kein Wunder. Wenn man dicke Bündel von Lilanen einstecken hat, kann man sich manches leisten. Dann kann angeschickert über den Kuhdamm laufen und als alter Casanova jungen Dingern an den Hintern tatschen und ist abends ein netter Zeitvertreib in einer Sendungen, in denen das schwere Leben der Schönen und der Reichen im Zentrum steht. Wer hat, der kann sich ein Recht auf Spinnereien und ideologische Hardlinerei erkaufen.
So läufts nun mal. Jetzt auf die Saudis zeigen und überrascht feststellen, dass sie ja quasi identisch mit der Lebensplanung des IS sind, das ist doch der typische Unsinn von ertappten Spießern. Wir haben ja nichts gewusst und so. Doch, natürlich. Das haben sie immer. Aber solange die Fundamentalisten Geld und Erdöl haben, dürfen sie auch wahabitieren und trotzdem an den Tafeln der hiesigen Mächtigen sitzen. Botschaft an die IS: Ihr könnt so bleiben, wie ihr seid – was euch jetzt noch fehlt ist ein wenig Reichtum. Ihr nehmt nur nicht teil am freien Markt. Und das ist euer Problem. Deins auch, Kim Jong-un. Schaff Bedürfnisse für unsere Märkte und du bist willkommen bei uns.
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