FUL-Motto: „Kühn behauptet, ist halb bewiesen!“

Von Schalies

Obwohl das in der Überschrift genannte Motto unter Juristen bestens bekannt ist, gebe ich – durchaus ungern – zu, dass mich selbstsicher vorgetragene Behauptungen mancher Mitmenschen gelegentlich noch immer verunsichern können, auch wenn diese Fälle mit zunehmendem Alter immer seltener werden. Einem dieser seltenen „Treffer“ gelang dieser Tage dem FUL-Fraktionsvorsitzenden Jens-Olaf Teschke. Der Vorsitzende der neu gegründeten Bürgerschaftsfraktion (bestehend aus dem Ex-BfL-Fraktionsmitglied Teschke und dem Ex-Linken Klaus Voigt) hatte die Qualität der politisch besetzten Aufsichtsräte städtischer Gesellschaften beanstandet und deren Abschaffung gefordert. Ich hatte mir meinerseits erlaubt, darauf hinzuweisen, dass die Gemeindeordnung des Landes das Bestehen der Aufsichtsräte oder vergleichbarer Kontrollorgane bei kommunalen Gesellschaften grundsätzlich vorschreibe (vgl. Beitrag „„Freie unabhängige Lübecker“ – auch frei und unabhängig von Fakten! vom 06.06.2011).

Daraufhin konterte Jens-Olaf Teschke via Pressemitteilung auf „HL-Live“ u.a. mit folgenden selbstbewussten Worten:

So schreibt der ehemalige FDP-Politiker Thomas Schalies auf seiner Internetseite und als Kommentator unserer Presseerklärungen schlicht die Unwahrheit, wenn er behauptet, die Lübecker Aufsichtsräte könnten gar nicht abgeschafft werden, die Gemeindeordnung Schleswig-Holstein schreibe diese zwingend vor. Es liegt mir fern den erfahrenen Kommunalpolitiker Schalies, der ja bis vor kurzem FDP-Fraktionschef in der Bürgerschaft war, zu belehren. Aber zur notwendig gewordenen Aufklärung muss ich nun doch betonen: die Aufsichtsräte diverser lübscher Eigenbetriebe bestehen freiwillig und sind eben gerade nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die von Herrn Schalies erwähnten Gesetze greifen explizit erst bei einer Mitarbeiterzahl von über 500, was nicht auf alle Lübecker Gesellschaften zutrifft. Alle Aufsichtsräte der Gesellschaften mit weniger Mitarbeitern bestehen auf Wunsch der Bürgerschaft, nicht weil es die Gemeindeordnung vorschreiben würde. Somit kann die Bürgerschaft diese Aufsichtsräte auch wieder abschaffen und die Kontrollfunktionen wieder selbst wahrnehmen. (Zum vollständigen Text der „HL-Live“-Meldung kommen Sie hier.)

Au weia, wie konnte ich bloß so schluderhaft gewesen sein? Offenbar hatte ich die Gemeindeordnung nicht sorgfältig gelesen, also tat ich es jetzt – fand aber wieder im Gesetz nichts, was die öffentlich erteilte Belehrung durch den FUL-Fraktionschef gestützt hätte. Also schrieb ich eine Mail an das im Innenministerium Schleswig-Holstein zuständige Fachreferat und bat um Aufklärung.

Die Antwort kam prompt, genauer gesagt, noch am selben Tag: Die Gemeindeordnung schreibt in der Tat grundsätzlich für Gesellschaften mit kommunaler Beteiligung Aufsichtsräte oder entsprechende Kontrollorgane zur Sicherung des Einflusses der Gemeinde vor. Die von der FUL genannte Mindest-Größe von mehr als 500 Mitarbeitern entstammt dem sog. „Drittelbeteiligungsgesetz“ und hat mit den kommunalrechtlichen Vorschriften der Gemeindeordnung nichts zu tun! Den genauen Wortlaut der Antwort-Mail aus Kiel finden Sie unten.

Für den wackeren FUL-Fraktionsvorsitzenden Jens-Olaf Teschke bleibt der Rat: „Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung!“ Aber es mag ihm vielleicht zum Trost gereichen, dass hartnäckigen Gerüchten zufolge selbst mancher Rechtsanwalt den Gutteil seines Tagesgeschäftes mit der praktischen Umsetzung des Mottos „Kühn behauptet, ist halb bewiesen!“ erledigt. Insofern befindet sich der Nicht-Jurist Teschke ja durchaus in guter Gesellschaft… 

Antwort IM S-H