Gesundheitliche Auswirkungen der atomaren Katastrophe von Fukushima werden systematisch unterschätzt
Der jüngste Bericht des UN-Wissenschaftsausschusses zur Untersuchung der Auswirkungen der atomaren Strahlung (UNSCEAR) war noch nicht veröffentlicht, da hagelte es auch schon Kritik. Regierungsunabhängige Forscher, Ärzte- und Umweltorganisationen werfen dem Gremium vor, die Folgen der Reaktorkatastrophe 2011 – aus Fahrlässigkeit oder Vorsatz – zu verharmlosen. Im Visier steht dabei auch die japanische Regierung, die mit ihren Daten am Bericht mitgewirkt hat. Es sei schlimm genug, dass sie zwei Jahre gebraucht habe, um internationale Hilfe anzufordern, sagte der Bundesgeschäftsführer des Naturschutzbundes Deutschland, Leif Miller: “Bis heute ist Japan nicht in der Lage, Schritt für Schritt die Schäden rund um die havarierte Atomanlage in Fukushima einzudämmen.”
Vor diesem Hintergrund hat die Organisation “Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges – Ärzte in sozialer Verantwortung” (IPPNW) den UN-Bericht gestern als unzureichend kritisiert. Danach müsse die Bevölkerung in der Katastrophenregion auch nach Strahlenexposition nicht von einem erhöhten Krebsrisiko ausgehen. Dieser Einschätzung widersprachen die Vertreter der IPPNW in Berlin vehement. Das Risiko werde von den japanischen Behörden bewusst heruntergespielt, der UN-Bericht habe dieses Vorgehen nicht hinterfragt, sagten die IPPNW-Vorstandsmitglieder Angelica Claußen und Alex Rosen.
Ein internationales Team der IPPNW hat daher einen kritischen Kommentar zum UNSCEAR-Bericht an die Vollversammlung der Vereinten Nationen verfasst. Bei der Präsentation dieses 18-seitigen Papiers in Berlin berichtete Angelika Claußen vor allem von ihrer Reise nach Japan, die sie auch in das unmittelbare Katastrophengebiet geführt hat. Dabei sei ihr wiederholt der restriktive Umgang der Behörden mit Kritikern geschildert worden. “Lehrer und Eltern, die das Thema radioaktiver Strahlung im Schulunterricht ansprechen wollten, wurden von den Schulleitungen daran gehindert”, so Claußen. Ärzte, die bei ihren Patienten Gesundheitschecks mit Blutbild und Ultraschall durchführen wollten, seien von den Behörden der Präfektur Fukushima und den Krankenkassen wiederholt behindert worden.
IPPNW-Vorstandmitglied Rosen führte aus, dass dem UN-Bericht zufolge nach dem Reaktorunfall 2011 lediglich 54 Fälle von Schilddrüsenkrebs registriert worden seien. Der Berliner Kinderarzt nutzte die seiner Meinung nach beschwichtigende Zahl zur Fundamentalkritik am UNSCEAR. Das Gremium sei nicht nur von Akteuren dominiert, die der Atomwirtschaft nahestehen, sagte er: “Der Einschätzung wurden zudem lediglich Daten zugrunde gelegt, die von den japanischen Behörden, der Betreiberfirma des havarierten Atomkraftwerks, TEPCO, und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) stammten.”
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Zur Pressekonferenz der IPPNW vom 25. Oktober 2013 zum Thema “Gesundheitliche Auswirkungen der atomaren Katastrophe von Fukushima werden systematisch unterschätzt”
Dieser Link enthält den vollständigen englischen IPPNW-Kommentar zum UNSCEAR-Bericht zur Katastrophe in Fukushima
Dieser Link enthält den UNSCEAR-Bericht
Das Statement von Dr. Angelika Claußen der IPPNW als PDF
Das Medienecho im Einzelnen
- ARD Tagesschau, 25.10.2013, 14 Uhr, ab Minute 6.50
- Ärzte kritisieren UN-Bericht zu Fukushima, Niels Walker, NDR, ARD, 25.10.13 16:33, ab Minute 2’48
- Ärzte gegen den Atomkrieg kritisieren UNO-Bericht zu Fukushima, WDR 2, 25.10.2013
- Fukushima: IPPNW warnt vor der Entwarnung, Ärzteblatt.de, 25.10.2013
- Verharmloste Strahlenfolgen, Neues Deutschland, 26.10.2013
- Von der Atomlobby gesteuert, Junge Welt, 26.10.20113
- Ärzte befürchten, UNO verharmlose Fukushima-Auswirkungen, Der Standard, 25.10.2013
- Ärzteverein erhebt schwere Vorwürfe, ORF, 25.10.2013
- Ärzte befürchten Verharmlosung der Fukushima-Katastrophe durch UNO, Welt, 25.10.2013
- Ärzte befürchten Verharmlosung der Fukushima-Katastrophe durch UNO, ZEIT-online, 25.10.2013
- Behörden ordnen Evakuierung des AKW Fukushima an, 25.10.2013, RP-online
- Bis zu 20.000 zusätzliche Krebsfälle durch Fukushima, News.at, 25.10.2013
- Verharmlost UN-Wissenschaftskomitee die Folgen von Fukushima?, telepolis, 26.10.2013
- Human rights experts rap U.N. report on Fukushima radiation, Japan Times, 25.10.2013
- Human rights experts call for revisions to UN report on Fukushima radiation, Japan Daily, 25.10.2013
- Human rights experts criticize U.N. report on Fukushima radiation,
25.10.2013, The Mainichi