Fuerteventura und der Mittelpunkt des Universums

Fuerteventura und der Mittelpunkt des Universums

Erst ein Jahr ist das alles her? Mein letzter Schultag, der Aufbruch zu meiner Westeuropa Tramp-Tour, meine Abenteuer auf den Kanaren? Es kommt mir vor, wie ein anderes Leben!

Besonders in Erinnerung geblieben aus dieser Zeit ist mir Fuerteventura, wo ich zwischen letztem Schultag und Abiprüfungen zwei Wochen getrampt und gesurft bin.

*Gesponserter Beitrag*

Auf Fuerteventura - Im Film

Fuerteventura und der Mittelpunkt des Universums

Das Erste, was ich nach dem Aufwachen höre, ist ein Knall, dicht gefolgt von einem metallisch scheppernden „Plöng“. Das Geräusch kommt von draußen. Vermutlich hat der Wind irgendetwas umgeworfen. Da schon wieder das Knallen. Diesmal bleibt das „Plöng“ aus.

Als ich die Terrasse betrete, finde ich die Ursache des Geräusches. Peter und die Mädels üben sich am Luftgewehr. Ziel sind Dosen auf einem Stuhl, am anderen Ende des Gartens. Mich befällt derselbe Rausch, wie gestern im Landrover. Es ist das Gefühl, dass ich immer habe, wenn mir mein eigenes Leben wie ein Film vorkommt und ich nicht glauben kann, dass ich wirklich mittendrin bin. Aufwachen, gestern noch in Deutschland, heute in einem Westernfilm. Rostige Landrover, die über Staubpisten brettern, Dosenschießen im Garten mit Blick aufs Meer und easy life auf der sonnenbeschienenen Terrasse.

Peter drückt mir die Büchse in die Hand und ich versuche selbst mein Glück. Ich schlage mich ganz gut, dank jahrelanger Schießbudenerfahrung auf der Kirmes.

Mein Plan für heute ist es, Windsurfen zu gehen. Das habe ich vor zwei Jahren auf Sardinien gelernt und hatte dabei wahnsinnig viel Spaß. Ich liebe den Kick der Geschwindigkeit. Das Tolle beim Windsurfen: man

kann den Speed genießen, ohne nerviges Motorgeknatter und Abgasmief.

So hat man das Gefühl, einfach über das Wasser zu schweben. In den Genuss dieses Gefühls komme ich heute aber wohl nicht, da absolute Flaute herrscht. Etwas, dass auf Fuerteventura - zu deutsch „starker Wind“ - nicht häufig vorkommt. Optimistisch, dass der Wind noch auffrischt, fahre ich mit Peter mit an die Costa Calma, wo er, wie fast jeden Tag, sein „Büro“ aufsucht. Ich habe den ersten Tag bei Peter sehr genossen. Er hat angeboten, dass ich so lange bleiben kann, wie ich will und ich denke, wenn ich einen Tag länger hier bleibe, habe ich immer noch genug Zeit, den Rest der Insel und vielleicht noch etwas von Lanzarote zu erkunden. Also werde ich Peter nach dem Surfen in seinem Büro wieder treffen, um zurück zu ihm zu fahren.

Die frechen Diebe Fuerteventuras

Fuerteventura und der Mittelpunkt des Universums

Das Surfcenter René Egli ist nur ein paar Hundert Meter von Peters Büro entfernt. Surfcenter gibt es auf Fuerteventura wie Sand am Meer, aber dieses ist eine Nummer für sich. Es ist nicht nur das größte Surfcenter auf den Kanaren, sondern gleich weltweit und Veranstalter der Weltmeisterschaften im Wind- und Kitesurfen. Das bringt mir aber alles nicht viel, denn als ich bei René Egli ankomme, weht nach wie vor kein Wind. Meine Buchung verfällt dadurch nicht. Mir wird sofort angeboten, morgen wiederzukommen und jetzt einfach ein bisschen die Wellen zu reiten. Also schnappe ich mir ein Softboard und versuche mein Glück. Ich war zwar noch nie Wellenreiten, aber ein bisschen rauspaddeln und sich von der Welle zurückschieben zu lassen, kann doch nicht so schwer sein... dachte ich. Hilflos wie ein ins Wasser gewehter Käfer, zappel ich auf dem Brett, während die Wellen mich hochheben und wieder runterlassen, ohne mich dem Strand näher zu bringen. Das muss ich mir wohl mal richtig zeigen lassen. Also springe ich einfach wieder vom Brett und ziehe es zurück zum Strand.


Am Strand entlang schlendere ich in Richtung Peters Büros. Ich balanciere über Geröll, klettere über Felsen und gehe durch weichen, warmen Sand. Plötzlich huscht etwas dicht an mir vorbei und verschwindet unter einem Felsen. Nur einen puscheligen Schwanz kann ich noch kurz erkennen, bevor er unter einem Stein verschwindet. Das war bestimmt ein Streifenhörnchen. Ich habe gelesen, dass es die hier auf Fuerteventura geben soll. Zu schade, dass ich es nicht richtig zu Gesicht bekommen habe. Dass das nicht die verpasste große Chance war, merke ich fünf Minuten später, umringt von den süßen kleinen Kerlchen. Man muss fast aufpassen, dass man nicht auf sie tritt, so zutraulich sind sie. Und dreist! Ich habe bereits viele Geschichten von gestohlenen Sandwiches gehört.

Auch kamerascheu sind sie nicht. Als ich einem von ihnen die Kamera direkt vor die Nase halte, greift es sogar danach und versucht reinzubeißen.

Im Inselfieber auf Fuerteventura

Mit angesabberter Kamera erreiche ich schließlich die Barterrasse, die Peter sein Büro nennt. Wie immer ist er im Gespräch. Wie er mir hinterher erzählt, hat er sich mit einem Politiker ausgetauscht. Er ist selbst etwas in die Politik gerutscht, weil er sich sehr stark für die das Recht einsetzt, „Sein eigenes Leben zu führen“, wie er es nennt. Sein Traum ist es, dass man als Selbstversorger keinerlei Verpflichtungen mehr dem Staat gegenüber hat. Da er damit, besonders von Seiten der deutschen Auswanderer, auf große Zustimmung trifft und viele von ihnen Wahlrecht haben, wird er sich voraussichtlich für die nächste Wahl zum irgendwas aufstellen lassen.


Jetzt will er noch schnell bei den beiden aktiven Bauprojekten vorbeischauen, an denen er und sein Mitarbeiter grade arbeiten. Seine letzten beiden, wie er sagt. Er erklärt mir, was er dort genau machen soll und warum. Eines der Häuser, bekommt nur die Dachterrasse aufgehübscht, beim Anderen gilt es, Schäden zu beheben. Und das gleich im Paket. Der Weg vor dem Haus ist so intelligent angelegt, dass das gesamte Regenwasser direkt in den Garten geleitet wird, wo es durch das Fundament nicht versickern kann. Außerdem wurde ein Baum direkt auf Wasserleitung und Hauptstromkabel gepflanzt, so, dass seine Wurzeln diese perforieren. Das sieht nach einem Haufen Arbeit aus! Das Schöne an Peters Job ist, dass er eng mit anderen Dienstleistern wie Schlüsseldienst und Elektriker zusammenarbeitet, weshalb er ein inselumspannendes Netzwerk hat und überall jemanden kennt. Besonders beliebt unter seinen Freunden und Bekannten sind die Grillabende bei Peter am Lagerfeuer. Ein solcher soll heute Abend stattfinden. Grund ist seine Freude über den bevorstehenden Auszug der Mietprellerin. Er nennt das „Anfeuern zum Rausfeuern“.


Fuerteventura und der Mittelpunkt des Universums

Auch wenn ich mir einen Abend am Lagerfeuer in Peters Garten mit Blick aufs Meer sehr gut vorstellen kann, fürchte ich, dass mir mangels Spanischkenntnissen schnell langweilig wird. Das Ganze soll zur selben Zeit wie immer stattfinden, womit keine Uhrzeit gemeint ist, sondern Peters liebste Zeit des Tages: der beginnende Sonnenuntergang. Auf geht’s an die Vorbereitung. Für ein schönes großes Feuer braucht man natürlich vor allem eines: jede Menge Holz. Das ist in der Wüstenlandschaft Fuerteventuras für gewöhnlich schwer zu bekommen, Doch auch hier hilft Peters Netzwerk. Ein Bekannter von ihm, der den Grünschnitt aus den Städten abholt und zum Kompost fährt, bringt ihm ab und zu eine große Ladung Holz vorbei. Das kippt er ihm einfach aufs Grundstück. Bei dem Wetter trocknet es innerhalb von Wochen komplett durch. Perfektes Brennholz also. Da Peters Grundstück verdammt groß ist, holen wir eine Wagenladung voll mit dem Landrover ab und bringen es zur Feuerstelle, wo wir es zerkleinern. Auch wenn Peter nicht mehr der Jüngste ist, hält ihn die körperliche Arbeit fit. Unterarmdicke Scheite bricht er ohne mit der Wimper zu zucken übers Knie. Ich scheitere bei dem Versuch und übernehme das Entfernen der Seitenäste von den Hauptstämmen. Nachdem wir das Holz in vier verschiedene Stärken sortiert haben, schichte ich das Lagerfeuer auf. Die Luft duftet angenehm harzig holzig und über die Boxen auf Peters Dach, die sein Grundstück beschallen, läuft laut Gitarrenmusik. Die Vorfreude auf den Abend steigt. Die ersten Gäste kommen. Beide deutsche Auswanderer. Super, dann habe ich ja doch noch jemanden, mit dem ich mich unterhalten kann. Auch die anderen Gäste lassen nicht lange auf sich warten. 20 sind es am Ende und kein einziger ist Spanier. Alle sind aus Deutschland ausgewandert, weil sie das Inselfieber gepackt hat.

Heute Abend verstehe ich das voll und ganz. Fuerteventura ist eine eigene Welt für sich. Alles was außerhalb passiert, scheint unendlich weit weg zu sein. Ich genieße einfach den Moment, das Lagerfeuer, das Meer, den Duft und die Leute. Peter sagt, wenn er sein Feuer anmacht, sei es der Mittelpunkt des Universums, da dann alle Elemente vereint seien. Ich bin nicht abergläubisch. Trotzdem weiß ich ganz genau, was er meint. Es gibt keinen Ort auf der Welt, wo ich jetzt lieber wäre.
 

Welche Insel gefällt dir am besten? Warst du schon einmal auf den Kanaren? Schreib es in die Kommentare!

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