Eigentlich handelt es sich ja um eine der schönsten Nebensachen der Welt. Doch mittlerweile gerät der Fußball – und leider nicht nur er – zu einem Ärgernis sondergleichen. Fairplay wird immer seltener – auch und gerade außerhalb des Platzes. Dabei ist von den Machenschaften innerhalb der UEFA und FIFA nicht einmal die Rede. Ich denke vielmehr an die bevorstehende Fußballweltmeisterschaft, die ihre Unschuld bereits verloren hat, bevor sie überhaupt losgegangen ist. Denn wie bitte soll ich meinen Enkelkindern erklären, dass – bis auf Gott vielleicht – alle Welt einem Menschen die Aufwartung macht, der alles, wofür auch der Fußball, der deutsche allemal, stehen sollte, mit Füßen tritt. Abschaffung der Pressefreiheit und Gleichschaltung der Medien, Tschetschenienkrieg, Annexion der Krim, Abschuss eines zivilen Verkehrsflugzeuges, Einsatz von Giftgas hier und da, Unterstützung des syrischen Diktators Baschar Hafiz al-Assa – das Sündenregister von Wladimir Putin ließe sich beliebig verlängern. König Fußball und die Verantwortlichen scheint das alles nicht zu stören, auch nicht, dass dem deutschen Journalisten Hajo Seppelt als “unerwünschter Person” das Visum für ungültig erklärt wurde und er nun nicht von der WM berichten kann. Am Ende des Tages bzw. der Weltmeisterschaft wird der russische Präsident freudestrahlend feststellen können: Ich kann machen, was ich will – letztlich kommen sie doch wieder alle angekrochen. Doch damit nicht genug: Just einen Tag, bevor Bundestrainer Joachim Löw sein vorläufiges WM-Aufgebot bekannt gab, empfahlen sich noch schnell zwei Spieler, indem sie einem anderen Autokraten unsägliche Wahlkampfhilfe leisteten. Mesut Özil und Ilkay Gündogan ließen sich mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan werbewirksam ablichten und überreichten ihm auch noch Trikot-Geschenke. Gündogan schoss sogar noch ein doppeltes Eigentor und signierte sein Trikot mit dem Satz “Für meinen Präsidenten, hochachtungsvoll”. Der heißt zwar Frank-Walter Steinmeier und amtiert in Berlin und nicht in Ankara, weil Gündogan wie Özil in Gelsenkirchen geboren wurde, im Ruhrpott kicken gelernt hat und in der deutschen Nationalmannschaft spielt. Aber egal. Und dass Özil dort, jedenfalls beim Abspielen der deutschen Nationalhymne, den Mund nicht aufkriegt, sei nur noch am Rande erwähnt. Integration sieht eigentlich anders aus. Was soll ich sagen? Ich kann gut verstehen, dass Oma froh ist, dass ihre Elftal – Fachleute wissen, dass es sich dabei um die niederländische Fußball-Nationalmannschaft handelt – in Russland nicht mitspielt. Ihr König braucht also überhaupt nicht darüber nachzudenken, ob er sich gen Osten aufmacht. Unsere Repräsentanten jedoch sollten sich gut überlegen, ob sie dem Beispiel der zwei ziemlich dämlichen Fußballspieler nacheifern und dem anderen Autokraten auf den Leim gehen sollen. Es ist schon schlimm genug, dass innerhalb des Deutschen Fußballbundes keiner den Mut aufgebracht und die beiden Herren für die Russlandreise gestrichen hat. Jetzt sollten wenigsten unsere Politiker so viel Charakter an den Tag legen und ihrerseits auf eine Reise nach Russland verzichten.