Bei Mátala soll Zeus in Stiergestalt dem Meer entstiegen sein. Verbürgter, fotografisch wie in zahlreichen noch heute schwärmerischen Biographien ist, dass in den späteren 60er Jahren die imposante Felswand, die in Mátala ins Meer ragt, Wohnstatt von aufbruchsgestimmten Hippies war. Die Wohnhöhlen, in denen sie Freiheit und Sonne gegen Komfort und Erwartungen eintauschten, waren vermutlich bereits in prähistorischer Zeit einmal genutzt worden. Staunende Kreter in einem damals kleinen Fischerdorf haben sich das Spektakel angeschaut, bei dem auch Bob Dylan, Cat Stevens und viele andere Heroen der Zeit zu Gast waren. Es war mir klar – wer lesen kann, ist klar im Vorteil – dass Mátala heute ein touristischer Hotspot ist, in dem das Lebensgefühl von damals reinszeniert und kommerzialisiert wird. Denn der Sonnenuntergang und die Partystimmung sind nicht vergangen. Die Höhlen indes sind mittlerweile vor Be- und Abnutzung geschützt und können gegen Eintrittsgeld besichtigt werden.
Erst zwei Tage später bin ich bereit, es noch einmal mit Mátala zu versuchen, zu früher Stunde. Da ist es dann zwar auch schon halb zehn, aber die Lage erscheint noch ziemlich übersichtlich, tatsächlich finde ich hinter dem Ortseingang eine Art breiten Feldweg nach rechts, wo ich das Auto kostenfrei abstellen kann. Eine gemächliche Stimmung herrrscht auf den Straßen und in den Frühstückscafés im Ort. VW-Käfer und -Busse, blumenbemalt, künden fröhlich wie klischeehaft davon, worum es hier geht.
Unten am Strand sind Sonne, strahlendblauer Himmel sowie die gesamte Bucht und ihre Gastronomen noch in der Entkaterungsstimmung, die Szenerie fast menschenleer. Der Strandliegenanbieter macht in langsamen Bewegungen seinen Service für diesen Tag startklar, die wenigen Gesichter, in die ich blicke, sind noch ganz verschlafen. Tastende Schritte einiger ganz weniger Strandläufer, zaghaftes Bewegen eines Surfbretts irgendwo auf dem Mäuerchen. Ganz automatisch finde ich, am Strand entlangschlendernd, oben überm Meer die Hakuna Matata Bar, trohnend über der Felswand auf der in bunten Lettern das Motto des Hippie-Erbes Today is Life. Tomorrow never comes gepinselt steht. In der Bar bin ich der einzige Gast und es gibt auch nicht wirklich Frühstück, aber ich bekomme einen Capucchino. Und meinen Blick auf die Bucht.