Frühgeborene mit niedrigem Geburtsgewicht zu impfen, ist eine riskante Praxis zeigt die größte bislang dazu durchgeführte Studie mit knapp 14.000 Babys. In den drei Tagen nach einer Impfung steigt das Risiko einer Sepsis auf das Siebenfache, die Notwendigkeit für künstliche Beatmung verdoppelt sich. Und auch Todesfälle treten vermehrt auf.
Es gibt zahlreiche kleinere Studien, die an Frühgeborenen-Abteilungen durchgeführt worden sind. Die meisten zeigten keine erhöhten Risiken durch Impfungen oder brachten widersprüchliche Resultate. Eine Arbeit beobachtete 490 Neugeborenen mit einem Gewicht unter 1000 Gramm und fand ein höheres Risiko für Fieber.
Erhöhte Temperatur kann den Kreislauf des unreifen Organismus überfordern. Es stellt aber auch ein indirektes Risiko dar. Denn bei Fieber schwingt immer auch der Verdacht einer lebensgefährlichen Sepsis mit. Und um dies zu prüfen, müssen die Kinderärzte eine Reihe von belastenden Untersuchungen vornehmen: Blut wird abgenommen, Harn gesammelt. Oft wird vorbeugend auch noch Antibiotika gegeben, was eine weitere Belastung für das Baby darstellt.
Das Dilemma lautet nun: Was ist wahrscheinlicher, ein möglicher Schaden durch eine impfpräventable Krankheit oder ein Schaden durch die Impfung selbst?
Der Osteopath Stephen D. DeMeo von der pädiatrischen Abteilung der Duke University School of Medicine in Durham, North Carolina, unternahm nun zusammen mit einem Ärzteteam den Versuch, diese Frage systematisch zu untersuchen. Die Mediziner sammelten aus mehreren Kliniken die Daten von insgesamt 13.926 Babys, die bei der Geburt weniger als ein Kilogramm gewogen hatten. Die Resultate dieser mit Abstand größten bisher durchgeführten Studie erschienen im Juni im Journal JAMA-Pediatrics.
Krisen und Todesfälle
Die Wissenschaftler verglichen einen Zeitraum von drei Tagen vor und nach der Impfung und fanden folgende Unterschiede:
In den Tagen vor einer Impfung war die belastende Prozedur demnach bei einem von 200 Babys notwendig, in den Tagen nach der Impfung bei einem von 50 Babys. Das Risiko hatte sich vervierfacht.
Gleichzeitig stiegen eigenartigerweise auch die positiven Resultate der Laboruntersuchung auf Bakterien im Blut um das mehr als Siebenfache. Von den 235 Blutuntersuchungen, die in den Tagen vor einer Impfung gemacht wurden, waren gerade mal 5 positiv (2,1%). Nach der Impfung waren 39 Tests positiv (3,8%).
In den drei Beobachtungstagen nach der Impfung kam es in der Studie zu fünf Todesfällen. Nur bei drei Babys wurde eine Todesursache in die Akten eingetragen:
Kombi-Impfungen sind nicht riskanter als Einzelimpfungen
Anstatt näher auf diese Todesfälle einzugehen, widmen sich die Autoren der Frage, welches Risiko es für die Frühgeborenen bedeuten könnte, wenn Impfungen verschoben werden. Ein Fünftel der Impfungen werden wegen instabiler Gesundheit der Babys nicht zu den vorgesehenen Terminen gegeben, heißt es in der Arbeit. "Das Verschieben von Impfungen bedeutet für diese ohnehin schon sehr fragile Patientengruppe eine erhöhte Gefährdung, während des ersten Lebensjahres an impfpräventablen Krankheiten zu erkranken und zu sterben."
Die Autoren verweisen auf mehrere Studien, welche den Impfstatus von Frühgeborenen untersuchen. Verweise auf Arbeiten, welche den postulierten Schutzeffekt von Impfungen überprüft haben, gibt es jedoch keine. Offenbar handelt es sich bei dieser Aussage also um eine Annahme, die bislang nicht durch Daten untermauert ist.
Im Gegensatz dazu liefert die aktuelle Studie viele Daten zu den Auswirkungen der einzelnen Impfungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Babys. Mehr als 90 Prozent der Studienteilnehmer erhielten mindestens drei Impfungen. Am häufigsten gegeben wurde die Pneumokokken-Impfung, gefolgt von HiB-Einzelimpfung und der Fünffachimpfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio und Hepatitis B. Impfstoffe mit Lebendviren- oder bakterien wurden nicht gegeben, es handelte sich ausschließlich um Totimpfstoffe mit Aluminiumsalzen als Wirkverstärker.
Die einzelnen Impfstoffe unterschieden sich nur wenig in ihren Auswirkungen. Atemprobleme traten am ehesten nach der Fünffach-Impfung sowie der gemeinsamen Gabe von Hepatitis B und HiB-Impfung auf. Bei letzterer Kombo gab es auch am häufigsten Sepsis-Verdacht. Am meisten intubiert wurde nach Diptherie-Tetanus-Pertussis Dreierimpfung sowie der Polio-Einzelimpfung. "Insgesamt fanden wir keine Hinweise, dass Kombinationsimpfungen belastender sind als Einzelimpfungen", folgern die Autoren.
Sie warnen zum Schluss ihrer Arbeit noch, dass ihre Ergebnisse keinen Beweis für die Auswirkungen der Impfungen darstellen, sondern lediglich als Evidenz für eine Korrelation taugen. Um zu sicheren Aussagen zu gelangen, bräuchte es neue eigens designete Studien, welche die Auswirkungen der einzelnen Impfungen prospektiv untersuchen und damit Aufschlüsse geben könnte, welches Timing am wenigsten Nebenwirkungen auslöst.
Mein persönliches Resümee: Sehr gut gemachte, dringend nötige Arbeit, welche die widersprüchlichen Resultate der vielen kleinen Vorgänger-Studien an Aussagekraft doch deutlich übertrifft. Dort hatten ja zahlreiche Arbeiten suggeriert, dass die Impfung von Frühgeborenen keinerlei Belastung darstellt. Nun sollte eigentlich die Notwendigkeit für die von den Autoren geforderten Nachfolge-Studien klar dargelegt sein.
Um die Notwendigkeit der Impfung von Neugeborenen objektiv beurteilen zu können, bräuchte es zudem eine Abschätzung des Risikos, das von den impfpräventablen Krankheiten aus geht. Nur damit wäre eine informierte Entscheidung über Nutzen und Schaden möglich. Derzeit ist nur das Risiko gewiss, das Impfungen für die Frühgeborenen darstellen - der Nutzen wird nur angenommen, ist aber bislang nicht konkret bewiesen.
Impfungen sind für Frühgeborene eine enorme Belastung
(Foto: Pan American Health Organisation)
Es gibt zahlreiche kleinere Studien, die an Frühgeborenen-Abteilungen durchgeführt worden sind. Die meisten zeigten keine erhöhten Risiken durch Impfungen oder brachten widersprüchliche Resultate. Eine Arbeit beobachtete 490 Neugeborenen mit einem Gewicht unter 1000 Gramm und fand ein höheres Risiko für Fieber.
Erhöhte Temperatur kann den Kreislauf des unreifen Organismus überfordern. Es stellt aber auch ein indirektes Risiko dar. Denn bei Fieber schwingt immer auch der Verdacht einer lebensgefährlichen Sepsis mit. Und um dies zu prüfen, müssen die Kinderärzte eine Reihe von belastenden Untersuchungen vornehmen: Blut wird abgenommen, Harn gesammelt. Oft wird vorbeugend auch noch Antibiotika gegeben, was eine weitere Belastung für das Baby darstellt.
Das Dilemma lautet nun: Was ist wahrscheinlicher, ein möglicher Schaden durch eine impfpräventable Krankheit oder ein Schaden durch die Impfung selbst?
Der Osteopath Stephen D. DeMeo von der pädiatrischen Abteilung der Duke University School of Medicine in Durham, North Carolina, unternahm nun zusammen mit einem Ärzteteam den Versuch, diese Frage systematisch zu untersuchen. Die Mediziner sammelten aus mehreren Kliniken die Daten von insgesamt 13.926 Babys, die bei der Geburt weniger als ein Kilogramm gewogen hatten. Die Resultate dieser mit Abstand größten bisher durchgeführten Studie erschienen im Juni im Journal JAMA-Pediatrics.
Krisen und Todesfälle
Die Wissenschaftler verglichen einen Zeitraum von drei Tagen vor und nach der Impfung und fanden folgende Unterschiede:
- Die Notwendigkeit der Beatmung der Babys verdoppelte sich von 0,7 auf 1,4 Prozent (pro Tag und Baby)
- Die Notwendigkeit zur Intubierung stieg von 0,2 auf 0,4 Prozent
- Das Risiko einer Sepsis-Evaluierung stieg von 0,5 auf 2 Prozent
In den Tagen vor einer Impfung war die belastende Prozedur demnach bei einem von 200 Babys notwendig, in den Tagen nach der Impfung bei einem von 50 Babys. Das Risiko hatte sich vervierfacht.
Gleichzeitig stiegen eigenartigerweise auch die positiven Resultate der Laboruntersuchung auf Bakterien im Blut um das mehr als Siebenfache. Von den 235 Blutuntersuchungen, die in den Tagen vor einer Impfung gemacht wurden, waren gerade mal 5 positiv (2,1%). Nach der Impfung waren 39 Tests positiv (3,8%).
In den drei Beobachtungstagen nach der Impfung kam es in der Studie zu fünf Todesfällen. Nur bei drei Babys wurde eine Todesursache in die Akten eingetragen:
- Perforierter Darm
- Darmentzündung mit vermuteter Sepsis
- Lungenentzündung mit Atemstillstand
Kombi-Impfungen sind nicht riskanter als Einzelimpfungen
Anstatt näher auf diese Todesfälle einzugehen, widmen sich die Autoren der Frage, welches Risiko es für die Frühgeborenen bedeuten könnte, wenn Impfungen verschoben werden. Ein Fünftel der Impfungen werden wegen instabiler Gesundheit der Babys nicht zu den vorgesehenen Terminen gegeben, heißt es in der Arbeit. "Das Verschieben von Impfungen bedeutet für diese ohnehin schon sehr fragile Patientengruppe eine erhöhte Gefährdung, während des ersten Lebensjahres an impfpräventablen Krankheiten zu erkranken und zu sterben."
Die Autoren verweisen auf mehrere Studien, welche den Impfstatus von Frühgeborenen untersuchen. Verweise auf Arbeiten, welche den postulierten Schutzeffekt von Impfungen überprüft haben, gibt es jedoch keine. Offenbar handelt es sich bei dieser Aussage also um eine Annahme, die bislang nicht durch Daten untermauert ist.
Im Gegensatz dazu liefert die aktuelle Studie viele Daten zu den Auswirkungen der einzelnen Impfungen auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Babys. Mehr als 90 Prozent der Studienteilnehmer erhielten mindestens drei Impfungen. Am häufigsten gegeben wurde die Pneumokokken-Impfung, gefolgt von HiB-Einzelimpfung und der Fünffachimpfung gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio und Hepatitis B. Impfstoffe mit Lebendviren- oder bakterien wurden nicht gegeben, es handelte sich ausschließlich um Totimpfstoffe mit Aluminiumsalzen als Wirkverstärker.
Die einzelnen Impfstoffe unterschieden sich nur wenig in ihren Auswirkungen. Atemprobleme traten am ehesten nach der Fünffach-Impfung sowie der gemeinsamen Gabe von Hepatitis B und HiB-Impfung auf. Bei letzterer Kombo gab es auch am häufigsten Sepsis-Verdacht. Am meisten intubiert wurde nach Diptherie-Tetanus-Pertussis Dreierimpfung sowie der Polio-Einzelimpfung. "Insgesamt fanden wir keine Hinweise, dass Kombinationsimpfungen belastender sind als Einzelimpfungen", folgern die Autoren.
Sie warnen zum Schluss ihrer Arbeit noch, dass ihre Ergebnisse keinen Beweis für die Auswirkungen der Impfungen darstellen, sondern lediglich als Evidenz für eine Korrelation taugen. Um zu sicheren Aussagen zu gelangen, bräuchte es neue eigens designete Studien, welche die Auswirkungen der einzelnen Impfungen prospektiv untersuchen und damit Aufschlüsse geben könnte, welches Timing am wenigsten Nebenwirkungen auslöst.
Mein persönliches Resümee: Sehr gut gemachte, dringend nötige Arbeit, welche die widersprüchlichen Resultate der vielen kleinen Vorgänger-Studien an Aussagekraft doch deutlich übertrifft. Dort hatten ja zahlreiche Arbeiten suggeriert, dass die Impfung von Frühgeborenen keinerlei Belastung darstellt. Nun sollte eigentlich die Notwendigkeit für die von den Autoren geforderten Nachfolge-Studien klar dargelegt sein.
Um die Notwendigkeit der Impfung von Neugeborenen objektiv beurteilen zu können, bräuchte es zudem eine Abschätzung des Risikos, das von den impfpräventablen Krankheiten aus geht. Nur damit wäre eine informierte Entscheidung über Nutzen und Schaden möglich. Derzeit ist nur das Risiko gewiss, das Impfungen für die Frühgeborenen darstellen - der Nutzen wird nur angenommen, ist aber bislang nicht konkret bewiesen.