Früher war alles besser: "Tatort: Der Maulwurf" aus Erfurt

Früher alles besser:
Bald ist nichts mehr so wie es war am Sonntagabend. In der letzten Zeit verließen viele Ermittler die
Bildfläche, und guter Ersatz ist anscheinend schwer zu finden. War früher vielleicht doch alles besser?
Auf großartige Charaktere wie Cenk Batu in Hamburg folgen Nuschler-Papst Til Schweiger und ein Wotan Wilke Möhring, der von den Drehbüchern bislang im Stich gelassen wurde. In der Hauptstadt war ein oft unterschätzter Felix Stark zumletzten Mal zu sehen, auf ihn folgen mit Meret Becker und Mark Waschke zwei fähige Darsteller, denen man nur gute Bücher wünschen kann. Auch beim Polizeiruf durfte das ausgediente alte Ermittler-Ehepaar Schmücke und Schneider seinen Hut nehmen, Ersatzgibt’s zwar in Magdeburg, aber auch hier gelang es bislang nicht sowirklich, zu überzeugen – trotz großer Namen. Auch Friedrich Mücke, bekannt u.a. aus Friendship, ist zweifelsohne ein fähiger Mann. Er ermittelte am Sonntag zum zweiten Mal in Thüringens Landeshauptstadt Erfurt. Mit seinem Team bestehend aus Benjamin Kramme und der eigentlich großartigen Alina Levshin machte der MDR klar: Wir wollen jung sein. Im Debüt vor einem Jahr scheiterte man grandios mit aufgesetzer Möchtegern-Jugendlichkeit. Und auch der neue Fall „Der Maulwurf“ reiht sich ein in die desaströse Pleiten-Reihe der neuen Sonntagabend-Mörderjäger. Selten gab´s in der jüngeren Vergangenheit unrundere Krimis.

Früher alles besser:

Kirsten Block hat Angst vorm schwarzen Mann. ©MDR/Andreas Wünschirs


Timo Lemke (Werner Daehn), ehemaliger Rotlichtkönig Erfurts und derzeit Bewohner einer Gefängniszelle, bekommt wenige Wochen vor seiner Haftentlassung das Privileg, der Beerdigung seines Vaters beizuwohnen. Kurzerhand befreit er sich dabei von seinen Polizei-Wachen, befördert einen sogar ins Jenseits, und flieht mithilfe von einem alten Freund (Ole Puppe). Warum diese sinnlose Aktion kurz vor der Rückkehr in die Freiheit? Das wissen wohl nur Drehbuchautor Michael B. Müller und sein Regisseur Johannes Grieser, beides erfahrene Krimi-Recken. Unser Ermittler-Trio um Ermittlungsleiter Funck (Friedrich Mücke), Kommissar Schaffer (Benjamin Kramme) und der von der Praktikantin zur vollwärtigen Mörderjägerin aufgestiegenen Grewel (Alina Levshin) müssen jetzt also Lemke finden. Zuhilfe kommen ihnen dabei Kirsten Block als Oberpolizistin Fritzenberger und der Polizei-Promi Römhild (Christian Redl). Beide hatten Lemke ins Kittchen befördert und kennen seinen Fall. Und Lemke sinnt auf Rache. Genauso wie Ex-Polizist Konzack (Oliver Stokowski), der aus dem Polizeidienst flog, weil er von Lemke angeblich geschmiert wurde. Und genau hier liegt der Hund begraben, denn klar ist: Konzack ist unschuldig und hat Dreck am Stecken – alleine die Besetzung mit Stokowski macht das deutlich -, genauso wie Redls Figur, auch hier erahnt man das schon schnell aufgrund der Besetzung.

Früher alles besser:

Unsere drei Jungspund-Ermittler: Levshin, Kramme und Mücke ©MDR/Andreas Wünschirs


Zwischendurch wird unseren drei Ermittlern noch der Fall entzogen, die Polizei-Chefin kommt in Gefahr und überhaupt ist nichts so wirklich plausibel und toll. Das Highlight des Films: Der IT-Experte. Wie im Klischee-Lehrbuch ist er ungepflegt, trägt eine Brille und wiegt ein paar Pfunde zu viel. Ein Kim Schmitz für Arme.
Warum Redl das alles tat? Der Zuschauer weiß es früh, die Kommissare hingegen stellen lauter dumme und unnütze Fragen und gucken dabei bedeutungsschwanger. So kommen sie in langwierigen Ermittlungen des Rätsels Lösung auf die Schliche, der Zuschauer hätte sich in der Zeit locker dreimal etwas beim Pizzadienst um die Ecke holen können, ohne etwas zu verpassen – kein gutes Zeichen.
Auch ansonsten fehlt es dem Team am Humor, es passt überhaupt nichts, die Chemie stimmt nicht, geschauspielert ist das wie in der billigen Schultheater-AG. Lokalkolorit sucht man vergebens, Spritzigkeit fehlt in der technischen Ausarbeitung auch völlig. Langweilige Schnitte, Sequenzen, die es nicht gebraucht hätte. Nur bei Hauptermittler Funck wird irgendwie versucht, Identifikation zu schaffen und der Figur ein Profil zu geben - aber mit seinem Flirt mit der Nachbarin verhält es sich so wie mit  allem andern: Da ist noch viel zu machen in der Stadt des Kinderkanals.

Früher alles besser:

©ARD

Nein, dieser Erfurter Tatort hat sich zwar vom scheußlichen „Alter Falter“-Sprech der Premiere verabschiedet, wirkt aber irgendwie weiterhin so wie ein x-beliebiger und austauschbarer Vorabendkrimi. Und das ist definitiv zu wenig für den Tatort.
Als nächstes folgt am zweiten Weihnachtstag jetzt ein neuer Fall aus Saarbrücken mit Devid Striesow als Kommissar Jens Stellbrink. Sein insgesamter vierter Fall. Und bislang waren auch seine Aufrtitte ein Reinfall. Früher war vielleicht wirklich alles besser. Zumindest im Sonntagskrimi.
BEWERTUNG: 03/10
Titel: Tatort: Der MaulwurfErstausstrahlung: 21.12.2014Genre: KrimiRegisseur: Johannes GrieserDarsteller: Friedrich Mücke, Benjamin Kramme, Alina Levshin, Kirsten Block, Christian Redl, Oliver Stokowski u.a.

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