Ich habe einer älteren, etwas molligeren, aber eigentlich fitten Frau den Blutdruck und den Blutzucker gemessen. Beides ist bei ihr zu hoch (und zwar ziemlich) – also diskutiere ich mit ihr die Ergebnisse und was man machen kann.
Frau: „Ach, ich weiss nicht. Früher hat man das alles ja auch nicht gemessen. Denken Sie wirklich, dass die Leute, die heute sterben wegen Schläglein oder Infarkten ihren Blutdruck gemessen haben? Und dass sie eher gestorben sind, weil sie nichts getan haben? Ich weiss nicht ….
Und dann ändern sie ja immer diese Grenzwerte nach unten – dann „macht“ man eine Menge mehr Leute „krank“ als es wirklich sind.
Früher …“
„Moment.“,unterbreche ich sie – „Ich will ihnen etwas zeigen.“
Ich hole mein iphone, da habe ich ein Foto drauf von etwas, das ich beim Aufräumen im Keller gefunden habe. Ein Ausweis. Von ihr:
Pharmama: „Das hier ist meine Ur-Grossmama*. Ich habe sie persönlich gekannt, sie hat eine Zeit lang bei uns zu Hause gelebt. Eine unglaublich liebe und nette Frau. Sie sah ein bisschen aus wie Sie: robust. Sie war geistig fit und auch sehr selten krank. Aber … sie hat Altersdiabetes bekommen – ihr Blutzucker war zu hoch. Und weil man das damals – vor etwa 40 Jahren noch nicht so gemessen und kontrolliert hat, wurde das zu spät bemerkt. Viel zu spät. Da waren ihre Gefässe in den Beinen schon so angegriffen …“
Ich zoome heraus …
Pharmama: „Das ist der Ausweis von ihr – sie mussten ihr wegen dem Diabetes beide Beine abnehmen, weshalb sie diesen Schwerbehinderten-Ausweis bekommen hat. Wenn der hohe Blutzucker rechtzeitig bemerkt worden wäre, hätte man etwas dagegen machen können und sie hätte ihre Beine wohl behalten.”
Ich lasse das einen Moment einsinken.
„Ich denke, ein paar Tabletten zu schlucken und weiterhin laufen zu können ist da das bessere Schicksal, was meinen Sie?“
Schocktherapie. Ich weiss. Nicht grad die feine Art – Aber sie hat danach wirklich ihre Tabletten genommen. Die hatte sie nämlich schon … aber das ist eine Geschichte, die erzähle ich ein anderes Mal.
- Ja, die Mama von der Mama von meiner Mama. Ich wünschte, ich hätte sie länger gekannt.