Auch Babys, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren wurden, können gestillt werden. Mehr noch – es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, ein Frühgeborenes schnell aufzupeppeln und zu stärken, als durch die Ernährung mit Muttermilch.
Muttermilch passt sich den Bedürfnissen eines Frühchens an
Vielleicht ist ihnen schon bekannt, dass sich die Muttermilch hoch flexibel auf die aktuellen Bedürfnisse des Säuglings einstellt und so geschieht es auch bei Frühgeborenen. Sie enthält dann einen größeren Anteil an Eisen, Natrium und Eiweiß, wodurch das Baby seinen Ansprüchen entsprechend versorgt wird. Außerdem ist der Aufbau der Fette auf den Verdauungsapparat des Frühgeborenen abgestimmt und die Eiweiße der Milch enthalten spezielle, essentielle Aminosäuren, die das Baby für seine Entwicklung benötigt. Auch die in der Muttermilch enthaltenen Antikörper sind gerade für Frühgeborene von sehr großer Bedeutung.
Besonders wertvoll für ihr Baby ist das hochkonzentrierte Kolostrum, die erste, dickflüssige Milch, die ihre Brust produziert. Diese sollte es unbedingt erhalten. Ab dann empfiehlt es sich, alle zwei bis drei Stunden Milch (auch mehrmals nachts) abzupumpen, um die Milchproduktion anzukurbeln. Ihr Baby erhält die Muttermilch dann, je nach Reifegrad, über eine Magensonde, das Fläschchen oder einen sogenannten „Finger-Feeder“.
Zu schwach zum Saugen
Die meisten Frühchen sind zu schwach, um selbst zu saugen. Daher dienen die ersten Versuche, das Baby an die Brust zu legen, mehr dem Training und der Gewöhnung an die Brust, als einer tatsächlichen Nahrungsaufnahme. Die Gewöhnung an die mütterliche Brust kann sehr zeitaufwändig und nervenaufreibend sein, ist aber für Sie und ihr Baby von enormer Bedeutung. Die körperliche Nähe zueinander ist ein wahres Seelenpflaster – für Kind und Mutter. Deshalb ist der direkte Kontakt von nackter Haut auch nach einer Frühgeburt so wertvoll.
Dabei können Sie auch einige Tropfen Milch aus der Brust streichen und sehen, ob ihr Baby diese bereits ablecken möchte. Es kann auch sein, dass es beginnt, von selbst nach der Brust zu suchen. Ein Anzeichen, dass es möglicherweise bald direkt von der Brust trinken kann.
Das Brusternährungsset
Bis es soweit ist, kann ein Brusternährungsset eingesetzt werden – eine wirklich tolle Erfindung!
Die Mutter hängt sich eine kleine Flasche mit abgepumpter Milch um den Hals, von der aus zwei feine Schläuche zu je einer Brustwarze führen. Dort werden sie mittels Klebestreifen befestigt. So kann das Kind lernen, an der Brust zu trinken, wird aber gleichzeitig nicht mit der (in diesem Stadium) unlösbaren Aufgaben konfrontiert, die Milch selbst aus der Brust saugen zu müssen. Dabei wird gleichzeitig die Milchproduktion auf natürliche Weise angeregt.
Mit zunehmender Kraft und Ausdauer wird ihr Baby immer effizienter saugen und somit trinken können. Irgendwann kann daher in einem ersten Schritt auf die künstliche Ernährung durch das Fläschchen und in einem weiteren auch auf das Brusternährungsset verzichtet werden.
Wie oft und wie viel?
Da es bei Frühchen schwer zu erkennen ist, ob es ausreichend getrunken hat und satt ist, empfehlen Fachleute, das Baby vor und nach den Mahlzeiten zu wiegen. Hat es noch nicht genug getrunken, kann es über einen Schlauch oder speziellen Trinkbecher „nachgefüttert“ werden.
Sobald das Baby reif und stark genug ist, nur durch Stillmahlzeiten ernährt zu werden, sollten Sie jede seiner Wachphasen zum Anlegen nutzen. So kommen innerhalb von 24 Stunden um die acht Mahlzeiten zusammen. Es könnten aber auch mehr werden – einige Frauen berichten von bis zu 14 Mahlzeiten pro Tag (und Nacht). Können Sie und ihr Baby diesen Rhythmus nicht einhalten, sollten Sie die nicht-getrunkene Milch abpumpen oder ausstreichen, um die Produktion trotzdem aufrecht zu erhalten.
Keine falsche Scheu
Auch wenn es ein langer und mühseliger Weg bis zur ausschließlichen Ernährung über das Stillen sein kann, lohnt er sich allemal. Scheuen Sie daher nicht, auch nach der Zeit im Krankenhaus die Hilfe einer Still- oder Laktationsberaterin in Anspruch zu nehmen. Sie wird ihnen zur Seite stehen und dabei begleiten, eine schöne Stillbeziehung zu ihrem Kind aufzubauen.