Fristlose Kündigung wegen Änderung des Xing-Profils unwirksam.

Der Kläger, ein Arbeitnehmer, der in einer Steuerkanzlei tätig war, vereinbarte mit seiner Arbeitgeberin, der Beklagten, die Aufhebung seines Arbeitsverhältnisses. Es wurde am 30.09.2015 ein Aufhebungsvertrag zum 31.03.2016 geschlossen.

Im Arbeitsvertrag wurde geregelt:

„Bis zum Beendigungstermin bleibt der Arbeitnehmer an das arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot gebunden. In diesem Zeitraum ist jegliche Tätigkeit für ein Wettbewerbsunternehmen zum Unternehmen des Arbeitgebers verboten“.

Die beklagte Arbeitgeberin sah am 09.03.2016 das – ausführlichere, für XING-Mitglieder zugängliche – XING-Profil des Klägers. Im Profil des Klägers/ Arbeitnehmers war als aktueller beruflicher Status jedenfalls zum Zeitpunkt 09.03.2016 – also noch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses –  „Freiberufler“ angegeben.

Daraufhin kündigte die Beklagte dem Kläger mit Kündigungsschreiben vom 09.03.2016 das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit der Begründung, dass der Kläger durch die Angaben in seinem XING-Profil, insbesondere dem Hinweis auf eine freiberufliche Tätigkeit, gegen das Verbot unzulässiger Konkurrenztätigkeit (Wettbewerbsverbot) verstoßen habe.

Der Kläger erhob gegen die Kündigung die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Aachen.

Das Arbeitsgericht Aachen hat mit Urteil vom 07.07.2016 der Klage vollumfänglich stattgegeben. Die Beklagte legte dagegen Berufung zum Landesarbeitsgericht Köln ein und verlor auch dieses Verfahren.

Das Landesarbeitsgericht Köln (Urteil vom 7.2.17, 12 Sa 745/16) führte dazu aus:

Zwar ist ein Verstoß gegen das auch bereits ohne ausdrückliche vertragliche Regelung gemäß § 60 HGB gesetzlich bestehende Verbot, während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit zu entfalten, „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu begründen (z. B. BAG, Urteil vom 23.10.2014, 2 AZR 644/13, juris, Rn. 27 ff m.w.N.; BAG, Urteil vom 26.06.2008, 2 AZR 190/07, juris).

…..

Allerdings gilt dieses gesetzliche Wettbewerbsverbot des § 60 HGB nur exakt bis zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Für den Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht demgegenüber kein gesetzliches Verbot der Konkurrenztätigkeit. Ein solches kann allenfalls vertraglich unter den Voraussetzungen der §§ 74 ff. HGB vereinbart werden……

aa) Hiervon ausgehend stellt die Angabe des beruflichen Status als „Freiberufler“ im XING-Profil noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ohne Hinzutreten weiterer Umstände noch keine unzulässige Wettbewerbshandlung dar, die einen Verstoß gegen § 60 HGB darstellen würde. Zwar war die Angabe des beruflichen Status des Klägers in dem am 09.03.2016 beklagtenseitig abgerufenen XING-Profil des Klägers unstreitig fehlerhaft. Der Kläger stand zu diesem Zeitpunkt noch in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Darüber hinaus hatte er sich nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt bereits Arbeit suchend für die Zeit ab dem 01.04.2016 gemeldet. Zutreffend wäre insofern der aktuelle berufliche Status „Angestellter“ bzw. „Arbeit suchen“ gewesen. Der berufliche Status „Freiberufler“ war demgegenüber unzutreffend, da der Kläger nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt keine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt hat.

Allerdings stellt allein diese fehlerhafte Angabe im privaten XING-Profil des Klägers noch keinen Arbeitspflichtenverstoß in Form einer unzulässigen Konkurrenztätigkeit und keinen Verstoß gegen § 60 HGB dar. Eine solche unzulässige Konkurrenztätigkeit hätte man erst dann annehmen können, wenn der Kläger über sein XING-Profil aktiv eine konkurrierende Tätigkeit beworben und insofern gegebenenfalls sogar versucht hätte, Mandate der Beklagten noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses abzuwerben. Ein derartiger Eindruck einer aktiven Abwerbetätigkeit entsteht nach der Verkehrsanschauung eines verständigen Betrachters aus dem unter dem 09.03.2016 abgerufenen XING-Profil des Klägers jedoch nicht. Vielmehr erweckt dieses XING-Profil eher – wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – beim objektiven verständigen Betrachter den Eindruck, dass der Kläger seinerzeit, jedenfalls bis einschließlich März 2016, als Freiberufler bei der Beklagten beschäftigt sei. Die Tätigkeit für die Beklagte wird unter der Rubrik Berufserfahrung ausdrücklich und zutreffend angegeben als derzeit aktuelle Tätigkeit. Eine selbständige Tätigkeit für andere Auftraggeber ist insofern gerade nicht genannt. Auch verweist das XING-Profil des Klägers weiterhin auf die Website der Beklagten. Insofern wird eher Werbung für die Steuerberatungskanzlei der Beklagten gemacht als für eine eigene freiberufliche Steuerberatungstätigkeit des Klägers, für die kein entsprechender Web-Auftritt verlinkt ist.

Weiter ist zu berücksichtigen, dass eine aktive Werbetätigkeit für eine Konkurrenztätigkeit gegebenenfalls darin hätte gesehen werden können, wenn der Kläger unter der Rubrik „Ich suche“ entsprechende Angaben gemacht hätte, beispielsweise dahingehend, dass er neue Mandate für freiberufliche Steuerberatungen sucht. Derartige Angaben hat der Kläger jedoch vorliegend gerade nicht gemacht.

Anmerkung:

Auch ohne arbeitsvertragliche Regelung besteht im laufenden Arbeitsverhältnis ein Wettbewerbsverbot. Dies gilt sogar während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens. Eine Konkurrenztätigkeit sieht das LAG Köln hier mit der Mitteilung über den Status der Berufstätigkeit noch nicht als erfüllt hat; danach liegt eine bloße Vorbereitungshandlung vor. Anders wäre es, wenn der Arbeitnehmer hier aktiv Kunden geworben hätte.

Rechtsanwalt Andreas Martin



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